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Die Lieferung - Roman

Die Lieferung - Roman

Titel: Die Lieferung - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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schüttelte.
    Es brauchte einiges an Überredungskünsten, bis die Krankenschwester
mit ihrem Wissen rausrückte, aber es war schließlich nicht das erste Mal, dass er jemand dazu brachte, Dinge zu sagen oder zu tun, die er eigentlich nicht sagen oder tun wollte. Als er dann auch noch herausfand, dass Sigita Ramoškienė wieder ein Kind hatte, schienen sich alle Puzzlestücke zusammenzufügen.
    Damals schickte er dem Dänen ein erstes Angebot. Der Preis war einfach zu merken und nicht verhandelbar: eine Million amerikanische Dollar.
     
    Wieso war danach alles so schiefgegangen? Er verstand es noch immer nicht. Aber eines stand für ihn fest: Der Däne würde ihm nicht mehr auf der Nase herumtanzen.
    »Den knöpf ich mir jetzt vor«, sagte er zu Barbara und streckte den Arm nach dem Jungen aus.
    Sie zog das Kind näher zu sich heran.
    »Können wir ihn nicht mitnehmen?«, bat sie. »Er ist noch so klein. Wir könnten ihn doch adoptieren.«
    »Bist du übergeschnappt?«
    »Er vergisst bestimmt bald, was passiert ist. In einem Jahr wird er glauben, dass er schon immer bei uns war.«
    »Barbara. Lass ihn los.«
    »Nein«, sagte sie. »Andrias. Es reicht. Lass ihn uns mitnehmen und nach Polen fahren. Du musst niemand mehr schlagen. Nicht noch mehr Gewalt.«
    Er schüttelte den Kopf. Sie war übergeschnappt. Er hätte sie nicht mitnehmen dürfen. Aber er hatte sich ausgerechnet, dass er in ihrer Begleitung leichter in die Wohnung gelangen würde, was ja auch tatsächlich funktioniert hatte. Jetzt bereute er schon, die Tür nicht einfach eingetreten zu haben.
    »Aber das Geld«, sagte er.
    »Das brauchen wir nicht«, erwiderte sie. »Wir können bei meiner Mutter wohnen, jedenfalls für den Anfang. Und du
findest bestimmt schnell Arbeit, so dass wir uns etwas Eigenes suchen können.«
    Er musste sich konzentrieren und tief einatmen, um den Zorn im Zaum zu halten.
    »Mag ja sein, dass du bereit bist, den Rest deines Lebens wie eine verlauste Ratte zu verbringen«, sagte er verbissen. »Aber ich nicht.«
    Er packte den Jungen resolut an der Hand und riss ihn aus Barbaras Umarmung. Glücklicherweise fing der Kleine nicht wieder an zu schreien. Er war ganz still und schlaff, als hätte er seinen Körper verlassen. Dafür wimmerte Barbara.
    »Halt die Klappe«, sagte er. »Wir können nicht davon ausgehen, dass alle Nachbarn taub sind.«
    »Andrias«, flehte sie ihn an. Sie sah völlig aufgelöst aus. Rote Nase und rote Augen, verrotzt und unansehnlich. Trotzdem spürte er etwas von der alten Zärtlichkeit.
    »Schhhhh«, sagte er. »Jetzt hör schon auf zu heulen. Fahr zurück ins Hotel, ich hol dich später dort ab. Wenn wir das Geld haben, kriegen wir von Dimitri ein Auto. Und dann fahren wir nach Krakau.«
    Sie nickte, aber er wusste nicht, ob sie ihm glaubte oder nicht.
    Als er in den Wagen schaute, sah er, dass die Frau sich bewegt hatte. Die Decke war verrutscht, und man sah ihr Gesicht und ihren Oberkörper. Verdammt. Jetzt musste er erst einmal so schnell wie möglich hier weg, später konnte er immer noch anhalten, um sie zuzudecken. Er setzte den Jungen in den Kindersitz auf der Rückbank - nun erwies es sich als Vorteil, dass er ihn noch nicht abmontiert hatte. Jetzt, wo der Junge wach war, war es sicher besser, ihn anzuschnallen. Jučas fummelte eine Weile am Gurt herum. Das hatte sonst immer Barbara gemacht. Zum Glück leistete der Junge keinen Widerstand. Er hatte das Gesicht abgewandt und wollte Jučas
nicht ansehen, ansonsten war sein Körper willenlos wie der einer Puppe, schlaffe Arme, schlaffe Beine, keine Trotzanfälle und kein Gebrüll.
    Er setzte sich eilig hinters Steuer und fuhr los. Er wollte sie nicht dabeihaben, denn er wusste, dass er vermutlich gezwungen sein würde, noch jemand umzubringen. Ganz sicher die Frau auf der Rückbank, aber vielleicht auch den Dänen. Und er wollte nicht, dass Barbara ihm dabei zusah.

     
    Jučas fuhr zweimal am Haus vorbei, um sich einen Eindruck zu verschaffen. Das Gebäude war von einer Mauer umgeben, aber das Gittertor stand weit offen, so dass er ungehindert bis vor die Tür fahren konnte, wenn er wollte. War es wirklich so einfach? Es war kaum zu glauben. In Litauen mussten reiche Menschen schon besser auf ihr Geld aufpassen.
    Beim dritten Mal fuhr er durch das Tor in die Einfahrt. Er ließ das Auto im Leerlauf rollen, um möglichst wenig Lärm zu machen, aber statt vor die Haustür zu fahren, folgte er dem Weg um das Haus herum bis zu einer Garagenanlage im

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