Die Liga der Siebzehn: Unter Strom (German Edition)
herumstochern, und wenn sie fertig sind, werden sie dich sezieren wie einen Frosch im Biologieunterricht.«
Panik schoss durch Taylors Körper. »Warum? Ich habe doch nichts getan!«
Nichelle zuckte mit den Schultern. »Warum nicht?« Sie lehnte sich zurück. »Du stellst zu viele Fragen und die schmerzen in meinen Ohren. So wie das hier … «
Plötzlich schoss ein schmerzhaft schrillendes Kreischen durch Taylors Kopf. Tränen liefen ihr über die Wangen. »Hör auf. Bitte, hör auf.«
»Nur, wenn du mich ganz lieb darum bittest.«
»Bitte.«
»Sag bitte, bitte.«
Taylor schluchzte. »Bitte, bitte.«
Nichelle lächelte. »Braves Mädchen.« Der Schmerz hörte auf.
»Jetzt wird nicht mehr geredet. Du hältst jetzt deinen Mund dahinten, und für die Zukunft, wenn ich dich etwas fragen sollte, wirst du mich mit › Meisterin ‹ ansprechen. Hast du verstanden?«
Taylor sah sie nur an.
Das Mädchen verengte die Augen zu Schlitzen. »Ich habe dich etwas gefragt.«
In Taylors Kopf hämmerte wieder dieser Lärm. »Ja, Meisterin.«
»Sehr gut.«
Mit einem breiten Grinsen drehte sich Nichelle um und lehnte sich in ihren Sitz zurück. »Ich liebe diese Entführungen«, murmelte sie. »Das ist immer die einzige Zeit, in der ich tun kann, was ich will, ohne Ärger zu kriegen. Es ist nur leider schon ziemlich lange her, dass frische Glows eingefangen wurden.«
»Hör auf damit, Nichelle«, erklang eine weitere Stimme.
Wieder zog sie einen Ohrstöpsel raus. »Mann, mit dir kann man echt keinen Spaß haben. Es ist so langweilig hier hinten. Ich könnte sie bellen lassen wie einen Hund oder irgendwas anderes machen lassen, was echt peinlich wäre.«
»Lass sie einfach in Ruhe.«
Sie drehte sich zu Taylor um. »Diese alten Kerle haben keinen Sinn für Humor. Übrigens, du hättest mal sehen sollen, was ich mit diesem Jungen gemacht habe, zu dem du uns geführt hast. Vey. Er hatte einen Haufen Elektrizität in sich. Viel mehr als üblich. Als ich ihn heruntergefahren habe, hätte ich ihn fast getötet. Ich schätze mal, er ist immer noch im Krankenhaus.«
»Ihr habt Michael?«
»Ich kann dich nicht hören«, säuselte sie und zwinkerte. »Du hast vergessen › Meisterin ‹ zu sagen.«
»Es tut mir leid«, sagte Taylor schnell, denn sie hatte Angst, dass sie ihr erneut Schmerzen zufügte. »Meisterin, ihr habt Michael?«
Nichelle lächelte. »Nein. Sein kleiner Freund ist aufgetaucht, und wir mussten abhauen. Aber wir kriegen ihn schon noch früh genug. Wir haben uns eine kleine Versicherung geschnappt. Seine liebste Mutti.«
»Ihr habt Mrs Vey, Meisterin?«
»Ja, das haben wir.«
Eine scharfe Stimme erklang von vorne. »Nichelle, halt einfach die Klappe.«
Nichelle beugte sich zu Taylor. »Nun sieh, was du getan hast, deinetwegen kriege ich jetzt Ärger.« Sie drehte sich wieder nach vorne. »Oh Mann, reg dich ab. Es ist ja nicht so, als hätte sie jemals die Chance, es jemandem zu sagen.« Sie schüttelte den Kopf.
»Idioten.« Wütend steckte sie wieder den Ohrstöpsel ins Ohr. »Ab jetzt kein Wort mehr«, ermahnte sie Taylor und lehnte den Kopf gegen die innere Metallwand des Vans.
Taylor versuchte, nicht zu weinen. Sie hatte Schmerzen und Angst. Sie fragte sich, ob das, was ihr das Mädchen über dieses Labor erzählt hatte, stimmte. Würden sie sie wirklich aufschneiden? Auch wenn sie Angst davor hatte, es herauszufinden, musste sie es einfach wissen. Sie lehnte den Kopf gegen die Innenseite des Vans, um Nichelles Gedanken zu lesen. Sie sah Bilder von der Schule aus dem Prospekt, sie sah andere Jugendliche in ihrem Alter, von denen einige gut gekleidet waren und lachten, und sie wusste, dass Nichelle diese Leute hasste. Dann sah sie etwas, das sie nicht verstand: sich selbst an der Schule, wie sie bereits Kontakt hatte zu den anderen Schülern, so als wäre das alles schon geschehen. Sah sie die Zukunft? Sie sah andere Jugendliche, die auf dem Boden lagen. Manche krümmten sich vor Schmerzen, andere weinten und waren in eine Art Verlies gesperrt. Abrupt setzte sie sich auf und wagte keinen zweiten Versuch. Alles, was sie in Nichelles Gedanken gesehen hatte, beängstigte sie zutiefst.
19
Taylors Ankunft
D er Lieferwagen fuhr durch die Nacht, und Taylor verschlief den Großteil der Fahrt. Sie wachte nur auf, wenn eine Stimme über das Funkgerät aus der Fahrerkabine erklang oder der Van zum Tanken anhielt. Zu essen bekam Taylor nichts, lediglich eine Flasche Wasser. Nichelle half ihr beim Trinken,
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