Die Lilie von Florenz
wurden plötzlich kalt. Doch es gab kein Zurück mehr. Sie wollte es.
Sie bibberte vor Angst, doch ihr Blick hielt sich an seinem fest. Alberto streckte die Hand aus, und sie neigte den Kopf, legte ihre Wange an seine Handfläche. Ihre Haut fühlte sich heià an, ein bisschen verschwitzt war sie.
In ihm zog sich alles zusammen. Sie war zu schön, um wahr zu sein.
Gestern hatte er das, was sie sagte, für einen Scherz gehalten. Alles, von ihrem Brief bis zu ihrem Wunsch, die Lust kennenzulernen, war für ihn ein Witz gewesen. Aber ihr schien es ernst damit zu sein, heute mehr als gestern.
âSag mir nur, warum du die Lust kennenlernen willstâ, flüsterte er. âFür das Scheusal, dem du versprochen bist, wirdâs kaum sein â¦â
Ihr Kopf ruckte hoch. âEr ist kein Scheusal!â, erwiderte sie heftig. Ihre Augen, sonst taubengrau, wirkten dunkel wie ein Gewittersturm.
âGut, dann ist er kein Scheusal. Also tust duâs für den, dem du versprochen bist? Erzähl mir von ihm. Wer ist er?â
Sie schüttelte den Kopf. âDas kann ich nicht sagen.â
Alberto wartete. Als sie nichts sagte, trat er zurück und verschränkte die Arme.
âDu wirst es mir sagenâ, stellte er klar.
âAch, und wenn ich es nicht sage?â Das Gewittergrau ihrer Augen wurde fast schwarz. âWas dann? Soll ich mich dann lieber dem nächstbesten Stadtwächter an den Hals werfen, dass er mir die Lust zeigt?â
Tränen glitzerten in ihren Augen, und eine Träne löste sich und rann ihre Wange hinab. Er hob die Hand, nahm die Träne mit dem Finger auf. Hielt ihr den Finger hin.
âUnd du wirst es mir sagenâ, versprach er ihr. âIch werde dich dazu bringen, es mir zu sagen.â
âNiemals.â Sie spie das Wort aus, kniff die vollen Lippen zu einer schmalen Linie zusammen und verschränkte die Arme vor der Brust.
âWorum wetten wir?â Noch immer hielt er ihr den Finger hin. âDu machst nur das, was dir gefällt. Ich werde dir sagen, was du tun sollst, aber du bist frei, dich mir zu verweigern und es nicht zu tun. Und trotzdem verspreche ich dir, du wirst mir seinen Namen nennen. Denn ich werde dir die Erfüllung erst schenken, wenn ich seinen Namen weiÃ.â
Sie runzelte die Stirn, doch dann nickte sie knapp.
Das gefiel ihm an ihr. Sie stellte sich zwar manchmal etwas zickig an, aber wenn es wirklich zur Sache ging, war sie neugierig. Und sie wollte lernen. Aber er war nicht bereit, sein breit gefächertes Wissen zu verschenken.
âSein Name â gegen deine Lust.â
Wieder nickte sie. Alberto war zufrieden. Er hielt ihr den Finger hin, auf dem noch immer ihre Träne glitzerte.
âLeck ihn abâ, sagte er, nun mit sanfter Stimme.
âWarum?â, fragte sie.
âTu es einfach. Wenn du willstâ, fügte er hinzu. Wenn sie es nicht machte, war das nicht schlimm. Dann wäre sie lediglich eine gröÃere Herausforderung. Doch wenn er Erfolg hatte â und davon ging er aus â, wäre sein Triumph umso gröÃer.
Sie blickte ihn nachdenklich an. Dann trat sie vor, griff seine Hand und nahm den Finger in den Mund. Ebenso schnell, wie sie auf ihn zugekommen war, zog sie sich wieder zurück.
Alberto grinste. Sie hatte die dritte Möglichkeit gewählt: machen, was er von ihr verlangte, aber es auf ihre Art tun.
âDas war nicht gerade sehr ⦠sinnlich. WeiÃt du, es kommt darauf an, sinnlich zu sein, wenn du den Mann verführen willst.â
Verwirrt sah sie ihn an. âIch verstehe nicht â¦â
âIch werde es dir zeigen.â Er trat näher. Sie drückte den Rücken gegen die Arbeitsplatte, als wollte sie im Tisch versinken. Seine linke Hand legte sich an die Tischkante. Er spürte die Hitze ihres Körpers. Dann nahm er ihre Hand. âStreck den Finger ausâ, flüsterte er. Sie gehorchte. Seine Lippen strichen über den Finger, dann nahm er ihn ganz in den Mund. Und saugte daran.
Einen Moment tat sie nichts. Dann seufzte sie leise, schloss die Augen.
Er beobachtete sie. Wie sich ihr Körper ganz weich machte unter dieser kleinen Liebkosung. Wie ihr Gesicht, das von Misstrauen, Furcht und Unsicherheit ganz unruhig war, sanfter wurde und wie sich ihre Wangen mit einem rosigen Hauch überzogen, der nur für das geschulte Auge eines Malers sichtbar war.
âSiehst du ⦠So ist es richtig. Und
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