Die Lilie von Florenz
Alberto gestützt verschwand der Maestro im Atelier. Allegra hörte, wie die beiden die Treppe hinauf polterten, unterdrücktes Fluchen, ein rasselndes Husten. Sie blieb im Hof und trat vor die Leinwand, an der Alberto gearbeitet hatte.
âDas ist hübschâ, sagte sie, als er zurückkam.
Er nahm den Pinsel und legte den Kopf schief. âNein, das ist nicht hübschâ, erwiderte er. âUnd für heute hast du genug gelernt, komm morgen wieder. Ich muss hier weitermachen.â
Allegra trat zurück. Sie hob das Päckchen auf, das sie vorhin hatte fallen lassen und legte es auf den Tisch. Alberto hatte sich bereits in die Arbeit an seinem Bild vertieft. Sie zögerte, doch dann flüsterte sie âbis morgenâ und verlieà den Hinterhof.
Fast wünschte sie, er würde sie zurückrufen. Aber nichts passierte. Sie schmeckte seinen Mund auf ihren Lippen, spürte fast noch seinen Atem an ihrem Hals, die heiÃe Nässe zwischen den Beinen, die er ihr beschert hatte.
Morgen. Das war ein süÃes Versprechen. Sie hoffte, dass er sich daran hielt.
Am nächsten Tag war sie vorbereitet. Ihre Brüste waren nicht so eng geschnürt, dafür trug sie ein weites bauschiges Hemd. Die Weste und das Justaucorps waren von einem zarten Goldton, und sie wählte beides, da die Weste einen Knopf weniger hatte. Ja, sie hatte sich am Vorabend einen Badezuber bereiten lassen und Luigi gebeten, ihr Haar einzuseifen, während sie im heiÃen Badewasser saÃ.
Ihr Bruder hatte eingewilligt, aber er hatte sich ausbedungen, nach ihr das Badewasser nutzen zu dürfen, da auch er sich den Schmutz der letzten Woche von der Haut waschen wollte.
So saà sie in dem Zuber, den die Diener des Observatoriums in ihr Schlafzimmer getragen und nach und nach mit heiÃem Wasser gefüllt hatten, das sie in Krügen einzeln die Treppen aus der Küche hochtragen mussten. Luigi saà auf einer FuÃbank neben dem Zuber und sie erzählte ihm, welche Ereignisse an diesem Tag über sie hereingebrochen waren. Wie ein Erdbeben, das alles erschütterte, war ihr Leben durcheinander gewirbelt worden.
Luigi schüttelte ungläubig den Kopf, als sie ihm von ihrer Begegnung mit Matteo erzählte. âUnd du bist sicher, dass er dich nicht erkannt hat?â
âEr hat mich zu seinem Maskenball eingeladen.â
Luigi pfiff durch die Zähne.
Allegra richtete sich auf und griff über den Zuberrand nach der Seife, die auf einem sauberen Laken am Boden lag. âWas ist so besonders an diesem Maskenball?â
âNa, er wird dich bestimmt nicht erkannt haben. Dass er seine keusche Verlobte bei diesen Ausschweifungen dabei haben will, scheint mir sehr unwahrscheinlich.â
âWarst du schon mal dort?â
âSchwesterchen, wenn ich dort gewesen wäre, dann wäre ich kaum so beeindruckt, dass er dich einlädt.â
Sie wollte schon beleidigt tun, doch Luigi fuhr fort: âEs ist eine Ehre, dorthin eingeladen zu sein. Eine Ehre, die man nicht mehr vergisst.â
âEr hat gesagt, ich darf jemanden mitbringen.â
Sie streckte ihr Bein aus und seifte die Wade ein. Das Wasser plätscherte leise. Luigi sah sie nachdenklich an.
âIch glaube kaum, dass du auf diese Art von Ball vorbereitet bistâ, sagte er schlieÃlich.
âIch werde vorbereitet seinâ, versprach sie. âVertrau mir. Nichts wird mich erschüttern, wenn wir dort sind. Ich will ihn ⦠Ich will Matteo sehen. Ich will ihn betören, er soll mir zu FüÃen liegen.â
âDir? Für ihn bist du nur ein unerfahrenes Gänschen. Davon gibt es Dutzende.â
âNeinâ, widersprach sie. âFür ihn bin ich ein junger, hübscher Kastrat. Diese Maskerade sollte ich doch für meine Zwecke nutzen können, meinst du nicht?â
Ihre Hand glitt mit der Seife am Arm hinauf. Sie strich mit dem kühlen, runden Seifenstück über ihren Hals und das Dekolleté. Mit beiden Händen rieb sie die Seife und lieà sie ins Wasser plumpsen, verteilte den sanft nach Lavendel duftenden Schaum auf ihren Brüsten, die sich schwer und von der Hitze des Wassers gerötet in ihre Hände schmiegten.
Luigi schüttelte den Kopf. âDu bist eine Sireneâ, flüsterte er. âKomm her, ich will dir das Haar waschen.â
Sie tauchte mit dem Kopf vollständig unter, ehe sie ihm das Stück Seife reichte. Luigi begann, ihr Haar
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