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Die Lilie von Florenz

Die Lilie von Florenz

Titel: Die Lilie von Florenz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Gordon
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noch immer im Nachthemd im Bett, die kastanienroten Locken ringelten sich um ihr Gesicht.
    Luigi verstand. Er erhob sich, wischte die Tränen beiseite und ging in den Nebenraum. Er schloss die Tür hinter sich, ehe er dem Besucher öffnete.
    Allegra warf sich in die Kissen zurück. Jetzt, da sie allein war, konnte sie ihren Tränen freien Lauf lassen. Luigi hatte recht. Matteo durfte nicht erfahren, dass sie es war, die er in der Nacht des Maskenballs verführt hatte. Wer wusste schon, was er dann täte? Vielleicht löste er auch die Verlobung …
    Nein, darüber wollte sie nicht nachdenken.
    Es musste nur für immer ein Geheimnis bleiben, dass sie es war, die in der letzten Nacht bei ihm gewesen war. Er durfte es nicht erfahren, denn woher wusste sie schon, wie er darauf reagierte?
    Eines aber wusste sie bestimmt: Cristina war ihm gleichgültig. Seine ganze Aufmerksamkeit hatte in dieser Nacht ihr gegolten. Auch als sie Cristina mit den beiden Männern beobachteten, hatte Matteo ihr gezeigt, wie sehr ihn die Vorstellung reizte, mit Allegra so ungewöhnliche, ja, unvorstellbare Dinge zu tun … Es ging ihm nur um sie. Und sie glaubte ihm seine Leidenschaft.
    â€žAllegra …“
    Sie fuhr aus ihren Tagträumen hoch. Luigi stand in der Tür. Die Schultern waren nach vorne gesackt, und in der Hand hielt er ein Blatt Papier.
    Sofort sprang sie aus dem Bett und lief zu ihm. „Luigi, was ist los?“
    Stumm reichte er ihr den Brief. Allegra nahm ihn und überflog die krakeligen Zeilen, die der Gutsverwalter von daheim auf das Papier geworfen hatte. Er schrieb, dass ihr Vater sehr krank sei. Luigi müsse, da man vom Aufenthaltsort Allegras nichts Genaues wisse und der Vater seit Tagen mit Fieber daniederliege, sofort heimkommen. Dem Vater bliebe nicht mehr viel Zeit …
    Allegra ließ das Papier sinken. „Vater“, flüsterte sie. „Was … was soll das bedeuten, ihm bleibt nicht mehr viel Zeit?“ Zugleich ahnte sie bereits, was es bedeutete.
    â€žIch kann nicht fort“, wisperte Luigi. „In zwei Monaten ist mein Debüt, ich kann nicht fort, der Maestro wird es nicht erlauben …“
    â€žLuigi!“ Sie umfasste mit beiden Händen sein Gesicht. „Er ist unser Vater! Er stirbt! Wir müssen heim zu ihm …“
    Luigi schüttelte betäubt den Kopf. „Wenn er stirbt … wenn er stirbt …“
    Seine Stimme versagte. Er weinte, und Allegra wusste sich nicht anders zu helfen, als ihren Bruder zu wiegen wie ein kleines Kind. Sie führte ihn in sein Schlafzimmer, half ihm aus den Kleidern und steckte ihn ins Bett. Nachdem sie die Decken um ihn festgestopft hatte, verließ sie ihn nur kurz, um sich anzukleiden, dann klingelte sie nach einem Diener und ließ Tee kochen und Wickel bereiten.
    Am Abend bekam Luigi Fieber.
    Aber da war sie schon nicht mehr da.
    Sie kannte ihre Aufgabe. Ihr Platz war nicht länger in Florenz, auch wenn es sie schmerzte, Matteo zurückzulassen, ohne ihm Nachricht geben zu können, wohin sie verschwand. Sie gehörte nun an die Seite ihres kranken Vaters …
    Am Nachmittag schon war sie in einer Kutsche unterwegs nach Hause. Der Maestro hatte ihr versprochen, sich aufopferungsvoll um Luigi zu kümmern, der aus Sorge um das Wohlergehen des Vaters so plötzlich krank geworden war. Allegra wusste, beim Maestro war Luigi in guten Händen. Auch ihm war daran gelegen, dass ihr Bruder in zwei Monaten erstmals auf der Opernbühne brillierte.
    Ihre Sorge galt in diesem Moment aber ihrem todkranken Vater.
    In einem Wirtshaus ließ sie abends Halt machen, um ein Nachtquartier zu nehmen. Es waren noch einige Wegstunden bis zum Landgut ihres Vaters. Zur Mittagsstunde hatte heftiger Regen eingesetzt, der die Straßen kaum passierbar machte. Sie schickte den Kutscher fort. Der Kutscher protestierte, doch sie blieb hart. Er sollte nicht die Möglichkeit haben, ihr Geheimnis zurück nach Florenz zu tragen. Sie musste wieder zur Frau werden. Zur Tochter des kleinen Landadeligen Giancarlo Bandinelli. Am nächsten Morgen würde sie eine andere Kutsche nehmen.
    An diesem Abend saß sie in der zugigen, kleinen Kammer, die sie unterm Dach angemietet hatte. Zwei Kerzen blakten neben dem stockfleckigen Spiegel über dem Waschtisch, während Allegra die Perücke abnahm und ihr kastanienrotes Haar ausbürstete.
    In der Reisetasche, die ihr einziges Gepäck war,

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