Die Lilith Verheißung: Thriller (German Edition)

Kasernengeländen sowie Industriegebieten errichtet worden. Die Menschen dort verhalten sich auch angesichts einer halbwegs gesicherten Versorgung noch ruhig, wenngleich schon erste Aufstände gemeldet wurden.«
    Arwed Köhn hob leicht die Hand. »Eine Zwischenfrage: Von den Skandinaviern haben wir schon etwas gehört. Wie sichern unsere anderen Nachbarn die Grenzen?«
    Hermel nickte, als ob er mit der Frage gerechnet hätte. »Nun, der Westen mit knapp tausend Grenzkilometern ist da vorbildlich. Frankreich und Holland sichern sehr radikal ab. Anders die beiden Länder mit den längsten Grenzen zu Deutschland: Österreich und Tschechien mit jeweils knapp 820 Kilometern sind äußerst lasch gewesen. Somit konnten die ersten Flüchtlinge sich schnell über diese Länder absetzen. Auch deswegen kam es in Rumänien vorgestern zu diesen Massakern.«
    Köhn hatte davon gehört. Auf einem Rastplatz waren zwölf Wohnmobile deutscher Familien von Einheimischen mit Molotowcocktails beworfen worden. Flüchtende wurden mit Jagdgewehren aus weiter Distanz niedergestreckt. Noch ehe die dortige Polizei den Tatort erreichte, waren die Wagen ausgebrannt. 72 Menschen verbrannten, 13 starben im Kugelhagel. Die Täter filmten alles mit ihren Handys, stellten es ins Internet, und seitdem wurden überall in Europa Angriffe auf deutsche Flüchtlingstrecks vermeldet. Die Angst trieb die Menschen zu absurdenTaten. In einer Ortschaft in Oberitalien nagelten Bewohner eines Dorfes, durch die ein alter Schleichweg, fernab der streng kontrollierten Strada del Sole, gen Süden führte, eine junge Deutsche nackt an das Ortsschild und wickelten eine deutsche Flagge um ihren Kopf – als Abschreckung.
    »Mittlerweile wollen aber die meisten Infizierten nicht mehr ins Ausland flüchten. Seit diese Prophetin ihre«, Hermel hob seine Zeigefinger und deutete Anführungsstriche an, »Wunder verbreitet, konzentrieren sich die Ströme auf dieses Dorf in Unterfranken.«
    Er sah in die Runde, konnte jedoch keine Reaktion in den Mienen der anderen entdecken, also fuhr er fort. »Sie verspricht sofortige Heilung, und tatsächlich sollen schon erste Heilungen stattgefunden haben. In den Lagern verbreitet sich die Nachricht natürlich wie ein Lauffeuer, trotz der eingeschränkten Kommunikation dort. Schon jetzt kampieren Hunderte in den Wäldern der Rhön. Es liegt zwar auf bayerischem Gebiet, aber die Hessen sind froh, wenn sie die Leute aus ihrem Gebiet herausbringen können. Für die nächste Woche sind kontrollierte Transitkonvois geplant. Ziel sind dann improvisierte Auffanglager auf der anderen Seite der Grenze. Versorgungslage: Noch positiv, aber die festen Punkte in den Groß- und Kreisstädten werden kaum angelaufen. Es kam bereits zu ersten Plünderungen von Supermärkten.«
    Köhn nickte leicht mit dem Kopf. »So in etwa haben wir uns das vorgestellt. Wenn der Deutsche eine Woche lang kein fettes Bauchfleisch und keine Süßigkeiten bekommt, neigt er zum Tumult. Das wird ihm die Krankheit schon austreiben.« Er kicherte.
    Hermel sah noch einmal kurz auf seine Notizen. »Da wäre noch ein Punkt. Mittlerweile glauben viele, dass die Juden dahinterstecken. Es gab seltsamerweise vor allem in den weniger betroffenen Gebieten wie Frankfurt oder Bremen erste Übergriffe. Einige Menschen sind davon überzeugt, dass diese jüdische Terrorgruppe tatsächlich hinter der Epidemie steckt.«
    Köhn zuckte nur mit den Schultern. »Das kann man nie verhindern.Wenn der Pöbel Blut sehen will, sollte man nicht dazwischengehen.« Köhn wandte sich Meschede zu. »Herr Dr. Meschede, wir danken Ihnen für die bisherige, ausgesprochen erfolgreiche Arbeit an Atropos. Es hat, so glaube ich, die Marktreife erlangt. Frau Ridder wird in unserem Auftrag die Verhandlung mit der Bundesregierung führen. Fahren Sie jetzt nach Arnheim. Wie versprochen, steht für Sie der Privatflieger nach Aruba bereit. Die Daten für Ihr Konto auf den Antillen dürften Ihnen zugekommen sein. Ihre Aktienanteile werden über verschiedene kleine Privatbanken gehandelt. Die Spur ist nicht zu Ihnen zurückzuverfolgen. Ich gehe davon aus, dass wir uns nicht mehr sehen werden. Ich möchte Sie bitten, von weiteren Kontakten zu uns abzusehen und ein weitgehend unauffälliges Leben dort zu führen.«
    Meschede zuckte kurz zusammen, er verstand den diskreten Hinweis. Es versetzte ihm einen kleinen Stich, dass er den Triumph des Erfolgs nicht würde auskosten können. Aber Arwed Köhn hatte ihm sehr deutlich vor