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Die linke Hand Gottes

Die linke Hand Gottes

Titel: Die linke Hand Gottes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Hoffman
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eine tödliche Kampfmaschine ist.«
    IdrisPukke seufzte. »Sehr viel mehr als das. Und hättest du mich vor seinem Alleingang am Cortinapass gefragt, dann hätte ich gesagt, er sei ein Glücksfall. Er musste viel erleiden, doch er hat einen hellen Verstand – wenngleich in manchen Dingen schrecklich ungebildet – und, so hätte ich nicht angestanden zu behaupten, er hat ein gutes Herz. Aber was ich nun gesehen habe, verstört mich. Ich weiß nicht mehr, was ich von ihm halten soll. Ich mag ihn, aber er macht mir Angst.«
    Vipond lehnte sich zurück. »Tja«, sagte er schließlich, »er hat dich beeindruckt, allen deinen Zweifeln zum Trotz, und, ehrlich gesagt, mich ebenfalls. Marschall Materazzi hat dir all deine Sünden vergeben, du stehst bei ihm wieder in höchstem Ansehen.« Er lächelte IdrisPukke an. »Wäre in dieser Angelegenheit nicht äußerste Diskretion vonnöten, hättet ihr beide eine Parade mit Schellenklang und allem Drum und Dran bekommen.« Jetzt grinste Vipond breit über beide Ohren. »Das hätte dir doch gefallen, oder?«
    »Ja, in der Tat«, sagte IdrisPukke, »warum auch nicht? Weiß Gott, es ist lange her, dass mich jemand mit Freuden empfangen hat.«
    »Und wessen Schuld ist das?«
    »Meine, Bruderherz«, lachte IdrisPukke, »ganz und gar meine.«
    »Vielleicht erklärst du dem Jungen, warum er so ohne jedes Zeremoniell empfangen worden ist.«
    »Ich glaube nicht, dass er etwas darauf gibt. Arbell Schwanenhals zu retten war für ihn nur Mittel zum Zweck. Er rechnete sich einen Vorteil aus, sein Leben zu riskieren. Nicht ein einziges Mal hat er nach ihr gefragt. Ich lobte auch noch seinen Mut und dabei schaute er mich an, als wäre ich ein Narr. Er fordert Geld und sicheres Geleit möglichst weit weg von seinen früheren Herren. Er schert sich weder um Ruhm noch Tadel. Ob er anderen gefällt oder missfällt, ist ihm einerlei.«
    »Dann wäre er in der Tat ein außergewöhnliches Exemplar von einem jungen Mann«, urteilte Vipond. Er erhob sich. »Wie dem auch sei, der Marschall möchte ihm noch heute Abend persönlich seinen Dank aussprechen und Arbell Schwanenhals wird ebenfalls dabei sein, obwohl sie, als er ihr seine Absicht mitteilte, eine Miene machte, als würde sie sich am liebsten davor drücken.«

DREIUNDZWANZIGSTES KAPITEL
    U m Himmels willen«, rief der Marschall seiner Tochter zu. »Mach doch nicht so ein Gesicht!«
    »Er macht mir Angst«, sagte seine sterbensbleiche, aber wunderschöne Tochter.
    »Er macht dir Angst? Aber er hat dir das Leben gerettet. Was ist los mit dir?«
    »Ich weiß ja, dass er mir das Leben gerettet hat – trotzdem war es schrecklich.«
    Der Marschall zeigte sich sehr ungehalten. »Allerdings war es schrecklich. Menschen zu töten ist schrecklich. Aber er hat das Notwendige getan und er hat sein Leben für dich aufs Spiel gesetzt – mehr als das. Und du jammerst herum, wie schrecklich das alles war. Du solltest eher daran denken, wie schrecklich es geworden wäre, wenn er dich nicht gerettet hätte.«
    Arbell Schwanenhals, die solchen Tadel nicht gewohnt war, sah noch verstörter aus.
    »All das ist richtig, und doch fürchte ich mich vor ihm. Ihr habt ja nicht gesehen, Vater, wie er gewütet hat. Ich habe es mit eigenen Augen gesehen – und gleich zweimal. Es gibt nichts Vergleichbares auf der Welt – er ist kein Mensch.«
    »Lächerlich, in meinem ganzen Leben habe ich noch nie etwas so Lächerliches gehört. Weiß Gott, sei höflich zu ihm, oder es setzt was.«
    Arbell war auch nicht diesen drohenden Ton gewöhnt und wollte schon die Rolle des eingeschüchterten Mädchens für etwas Geistvolleres tauschen, als die Tür des kleinen Salons aufging und der Diener Besuch ankündigte.
    »Kanzler Vipond und seine Gäste, Exzellenz.«
    »Mein allerherzlichstes Willkommen«, begeisterte sich der Marschall mit solchem Übereifer, dass Vipond und IdrisPukke sogleich merkten, was für eine Spannung in der Luft lag.
    Cale hatte für nichts anderes Augen als für die hinreißend schöne Arbell Schwanenhals, die am Fenster stand und sich vergeblich bemühte, ein Zittern zu verbergen. Cale, in dem sich Verlangen und Beklommenheit mischten, seit er wusste, dass sie bei dem Abendessen zugegen sein würde, kämpfte nicht weniger um seine Fassung.
    »Du musst Cale sein«, sagte der Marschall und gab ihm einen warmen Händedruck. »Danke, danke. Was du getan hast, ist mit Gold nicht aufzuwiegen.« Dann blickte er zu seiner Tochter. »Arbell.« Sein Ton hatte etwas

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