Die Liste der vergessenen Wünsche: Roman (German Edition)
Platz mehr im Team haben werden.«
Clara kaute an den Nägeln und spürte, wie ihr Puls schneller wurde. Sie hatte sich einzig und allein auf ihre Zeitkapsel-Liste konzentriert, sodass sie kaum einen Gedanken auf ihren Job hatte verschwenden können. Also sagte sie ihm, dass sie sich, auch wenn das bestimmt nicht die Antwort sei, die er hören wolle, dennoch nicht in der Lage sehe, ein konkretes Datum für ihre Rückkehr zu nennen.
»Tja, das muss ich respektieren, Clara. Und ich hoffe, dass auch Sie im Gegenzug respektieren können, was ich Ihnen nun eröffnen werde.«
Au weia. Das war’s dann wohl. Clara saß zusammengesunken auf ihrem Klappstuhl, die Stirn in die Hand gestützt, und dachte: »Hit the road, Jack. « Du bist gefeuert.
»Ich kann nicht von Ihren überlasteten Kollegen verlangen, dass sie weiterhin auch Ihre Kunden übernehmen, ohne zu wissen, wann ein Ende in Sicht ist. Ich bin bereit, Ihnen noch weitere sechs Wochen zu geben. Aber dann werde ich einen neuen Kundenberater einstellen. Ich habe hier ein Unternehmen zu führen. Das hat natürlich nichts mit Ihnen persönlich zu tun …« Mr. Franklin machte eine Pause, vermutlich um Clara die Möglichkeit zu geben zu antworten.
Doch Clara brachte, obwohl ihr klar war, dass die Drohung des Bierkönigs nicht persönlich gemeint war, keinen Ton heraus. Dies war das letzte Thema, mit dem sich zu befassen sie heute Morgen gerechnet hatte. Dennoch wusste sie, dass Mr. Franklins Forderung nur fair war. Früher oder später musste sie eine Entscheidung fällen.
»Clara? Sind Sie noch dran?«
»Oh, entschuldigen Sie. Ich … bin da.«
»Hier ist mein Vorschlag, über den ich auch nicht mit mir verhandeln lasse«, fuhr Mr. Franklin sachlich fort. »Am fünfzehnten Juni werden wir beide noch einmal miteinander sprechen, und dann werden Sie mir entweder ein konkretes Datum für Ihre Rückkehr in die Firma nennen, das ich akzeptieren kann, oder offiziell Ihre Position aufgeben. Und wie ich bereits gesagt habe, sollten Sie sich für die zweite Variante entscheiden, dann wird es trotzdem immer einen Job für Sie in der Firma geben. Aber ich kann Ihnen nicht garantieren, auf welcher Ebene.« Mr. Franklin machte wieder eine Pause. »Haben Sie noch Fragen dazu?«
Welch ein Rückschritt , dachte Clara erschaudernd. Sie fragte sich, warum irgendwer, der bei klarem Verstand war, einer solchen Degradierung in einer Firma, für die er seit Jahren arbeitete, zustimmen sollte. Insbesondere da sie Top-Kandidatin für die Position des Leiters der Verkaufsförderung war und als stellvertretende Geschäftsführerin in »nicht allzu ferner Zukunft« im Gespräch. Großartig , dachte sie, einfach großartig … Clara folgte noch immer Lincolns hilfreichem Mantra der Anonymen Alkoholiker und konzentrierte sich darauf, es »durch den nächsten Tag zu schaffen, durch die nächste Minute, die nächste Sekunde …«. Auf keinen Fall fühlte sie sich bereit, ihre Zukunft zu planen – vorausgesetzt, sie hatte überhaupt eine, was sie hin und wieder jedoch stark bezweifelte. An diesem kritischen Punkt eine entscheidende, langfristige berufliche Entscheidung zu treffen fühlte sich für sie übereilt, ja sogar unvernünftig an. Also beschloss Clara, dass sie die Entscheidung treffen würde, falls , nicht wenn, der Zeitpunkt im Juni gekommen wäre, und beantwortete Mr. Franklins Frage ehrlich und so sachlich wie möglich mit: »Nein, ich habe keine Fragen dazu.«
»Es tut mir leid, dass es so weit kommen musste, Clara. Sind wir uns dann also einig?«
»Ja, sind wir«, bestätigte sie ihm, während eine alarmierende Zukunftsangst in ihr aufstieg.
Später an diesem Abend traf Clara sich mit Leo auf der prachtvollen weißen Eingangstreppe des Chicagoer Gerichtsgebäudes. Er weigerte sich, Details über die Überraschung zu enthüllen, die er für sie geplant hatte, versprach jedoch, dass es ein Abend werden würde, den sie »so schnell nicht vergessen« würde. Da ihr noch immer mulmig von dem beängstigenden Gespräch mit dem Bierkönig war, hatte sie kurz überlegt, ob sie ihrem Bruder noch in letzter Minute absagen sollte, aber ihr war klar, dass ihn das bloß veranlasst hätte, sich noch mehr Sorgen um sie zu machen als sowieso schon. Deshalb war es letztendlich besser, tapfer zu sein. Außerdem liebte sie Überraschungen. Zumindest in den meisten Fällen.
»Na du«, begrüßte Leo sie in einem schicken dunkelblauen Anzug mit Krawatte und umarmte sie. »Wie war dein Tag?«
Sie
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