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Die Listensammlerin

Die Listensammlerin

Titel: Die Listensammlerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lena Gorelik
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möglicherweise: Mädchen (Alissa oder Ira)
    Schritt 5 : Sich wieder zwanglos mit Sergej unterhalten, immer wieder, immer mehr.
    Unterziel 2 : interessant für Sergej, gefallen
    Schritt 1 : Einen großen Plan aushecken, ihn aber in der Gruppe nur andeuten.
    Schritt 2 : Ein, zwei Vertraute (Sascha, Rudin)
    Schritt 3 : Gerüchte
    Schritt 4 : Sergej einladen; langsam
    wer ist Kopf des Ganzen
    • Schritte zum Oberziel (nach Unterziel 1 und Unterziel 2 ):
    Schritt 1 :
    Seit ein paar Tagen lebte Grischa in zwei verschiedenen, parallel bestehenden Welten. Es fiel ihm erst auf, wenn er aus der einen hervortauchte, um sich sogleich zurückzuwünschen, ein bisschen wie wenn er morgens kurz wach wurde, um sich gleich wieder umzudrehen, sich tiefer in die Decken zu wickeln, das Gesicht im Kissen zu vergraben, und noch einmal die Augen zu schließen, obwohl er seinen Bruder bereits mit Kleiderbügeln hantieren hörte oder seine Schwester ins Zimmer geplatzt war. Die andere Welt sog ihn ein, dort war es unerwartet gemütlich und aufregend zugleich. Die andere Welt war die in seinem Kopf, aber wenn er unfreiwillig hervortauchte, weil irgendetwas oder irgendjemand an ihm zog, seine Anwesenheit in der tatsächlichen Welt verlangte, Bewegungen, Gefühlsregungen, Handlungen, Antworten, fühlte sich das falsch an, als verließe er sein wahres Leben, um in einem Theaterstück mitzuspielen, dabei war es genau genommen eigentlich andersherum.
    «Wo schwebst du nur?», fragte seine Mutter, besorgter als sonst, weil sie es gewohnt war, Schalk und Pläne in seinen Augen zu erkennen, aber nicht diese Abwesenheit. Sie hoffte wohl, er habe sich vielleicht verliebt, was ja auch irgendwie stimmte, und das Mädchen, in das er sich verliebt habe, würde ihn von dem Blödsinn abhalten, der ihm wie angenäht war oder, wenn sie ehrlich war, den er vielmehr selbst am laufenden Band verzapfte und veranstaltete. Sie hoffte, und dennoch machte ihr seine Abwesenheit Angst.
    Wenn sie ihn so fragte, wurde ihm bewusst, dass er tatsächlich schwebte, dass er in der Realität seiner Mutter und aller anderen nur noch mechanisch aß und trank, gerade genug, damit sein Körper die lebenserhaltenden Aufgaben erfüllte. Er schob Kopfschmerzen vor, warf Anastasia aus dem Zimmer, legte sich ins Bett und zog die Decke über den Kopf. Im Theatersaal wartete man schon auf ihn.
    In seinem Kopf sah er Sergej, der ihm gegenübersaß und lächelte, dieses stets Höflichkeit wahrende Lächeln, in dem er jedoch – manchmal – eine schelmische Andeutung erkannte, er freute sich jedes Mal. Es machte ihn stolz und auch aufgeregt. Sein Herz klopfte, während er mit geschlossenen Augen unter der Bettdecke lag. Sergej und er saßen sich in seinem Kopf fast immer gegenüber, weil sein Kopf nicht viele Wege fand, wie es gekommen sein könnte, dass sie nebeneinandersitzen, dass ihre Knie und Oberschenkel sich berühren, erst zufällig, später nicht mehr. Er versuchte immer wieder, einen Weg zu diesem Bild zu finden. Sein liebster war ein Dialog, in dem er etwas sagte und Sergej antwortete und er wieder etwas sagte und Sergej leicht schelmisch lächelte, er lächelte zurück, und sie schauten sich an, und Sergej sagte noch etwas, und so ging es hin und her, bis Sergej aufstand und sich wortlos neben ihn setzte. Die Kulisse dieser Szene änderte sich je nach Tag und Uhrzeit, immer stand aber das Treffen, das Gegenüber- und später das Nebeneinandersitzen kurz bevor, in ein, zwei Stunden wäre es so weit. Wenn Grischa morgens wach wurde, weil sein Bruder aufstand, sobald der Wecker klingelte, als habe er sehnsüchtig auf das Klingeln gewartet, und ohne auch nur zu versuchen, leise zu sein, sich eine Hose und ein Hemd zusammensuchte und dabei mit den Kleiderbügeln im Schrank klapperte, drehte er sich zur Wand, nicht, um weiterzuschlummern, sondern um sich von seinem Nachttraum, auch da hatte er Sergej gesehen, direkt in den Tagtraum zu begeben. Er würde Sergej also in zwei Stunden treffen, wenn seine Eltern und sein Bruder zur Arbeit, seine Schwester zur Schule entschwunden wären, er würde noch ein bisschen trödeln und lügen, die Vorlesung fange heute später an, wenn all seine Kommilitonen ihre Plätze eingenommen hätten, wenn auch Sergejs Kommilitonen ihre Plätze gefunden hätten, dann würde es an der Tür klingeln, er würde zur Tür gehen und kurz davor stehen bleiben, damit es nicht wirkte, als hätte er auf ihn gewartet, sie würden sich anlächeln, einander die Hand

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