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Die Löwen

Die Löwen

Titel: Die Löwen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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Sprengstoff entstanden drei weitere Stapel. Er verwendete TNT, weil das der Sprengstoff war, den man am häufigsten in Bomben, Minen, Granaten und Handgranaten fand, und die Guerillas besorgten sich den größten Teil ihres › Nachschubs ‹ aus russischen Blindgängern. Plastischer, das heißt, das heißt, knetbarer Sprengstoff wäre für ihre Zwecke weit nützlicher gewesen, denn der ließ sich in Löcher stopfen, um Stahlträger wickeln und praktisch zu jeder Form zurechtkneten -, doch die Guerillas mussten nun mal mit dem zurechtkommen, was sie finden oder stehlen konnten. Mitunter bekamen sie von russischen Ingenieuren ein wenig plastique im Tausch gegen Marihuana, das im Tal angebaut wurde, doch eine solche Transaktion, bei der Angehörige der regulären afghanischen Armee als Zwischenhändler fungierten, war riskant, und mit größeren Quantitäten aus dieser Quelle war ohnehin nicht zu rechnen. All dies hatte Ellis von dem CIA-Mann in Peschawar erfahren, und seine Informationen erwiesen sich als richtig.
    Die Stahlträger über ihm lagen etwa drei Meter auseinander. Ellis sagte in der Dari-Sprache: »Ich brauche einen Stock von dieser Länge.« Er deutete auf den Zwischenraum zwischen den Stahlträgern. Einer der Guerillas Rissriss am Ufer einen jungen Baum samt Wurzeln aus. »Ich brauche noch so einen«, sagte Ellis.
    Ellis legte eine der TNT-Ladungen auf den unteren Steg des einen Trägers und sagte zu einem der Guerillas, er solle die Ladung mit den Händen festhalten. Eine weitere Ladung legte er, genau gegenüber, auf den unteren Steg des zweiten Trägers; dann zwängte er den jungen Baum zwischen die beiden Ladungen, sodass sie nicht herunterfallen konnten.
    An einer flachen Stelle durchwatete er den Fluss und brachte am anderen Ende der Brücke ebenfalls zwei Sprengladungen an.
    Dabei versuchte er in einem Kauderwelsch aus Dari, Französisch und Englisch zu erklären, was er tat - viel wichtiger war jedoch, dass die Männer ihm zusahen und beobachteten, was passierte. Er brachte Primacord an, eine spezielle Zündschnur, die mit einer Geschwindigkeit von siebentausend Metern pro Sekunde abbrannte, dann verband er die vier Ladungen so miteinander, dass sie gleichzeitig detonieren würden. Schließlich band er den restlichen Teil der Schnur zu einer Art Schleife, sodass das Primacord zu sich selbst zurückführte. Auf diese Weise, erklärte er Masud auf französisch, würde die Schnur von beiden Enden bis zum TNT abbrennen, wodurch gewährleistet war, dass die Ladungen detonierten, selbst wenn die Schnur an einer Stelle durchtrennt wurde. Er empfahl dies als routinemäßige Vorkehrung.
    Während er arbeitete, fühlte er sich eigentümlich glücklich. Irgendwie waren solche mechanischen Verrichtungen und das leidenschaftslose Ausrechnen der benötigten Sprengstoffmenge beruhigend. Und da er jetzt endlich mit Masud zusammengetroffen war, konnte er auch seine Mission vorantreiben.
    Er zog die Spezialzündschnur durch das Wasser, sodass sie kaum zu sehen war - Primacord brannte auch unter Wasser-, und watete ans Ufer, wo er das Ende der Schnur mit einem Sprengzünder verband, an dem er dann eine Normalzündschnur von vier Minuten Brenndauer befestigte.
    »Können wir?« fragte er Masud.
    »Ja«, war die Antwort.
    Ellis steckte die Zündschnur an.
    Alle entfernten sich mit raschen Schritten, stromaufwärts und dicht am Ufer. Ellis empfand eine gewisse jungenhafte Freude über den gewaltigen Knall, den er da vorbereitet hatte. Auch die anderen wirkten ganz aufgeregt, und er fragte sich unwillkürlich, ob ihm seine Begeisterung ebenso deutlich anzumerken war. Während er noch die Gesichter betrachtete, änderte sich ihr Ausdruck abrupt. Die Mienen spiegelten nun allerhöchste Wachsamkeit wider. Die Männer glichen Vögeln, die auf Würmer im Erdboden lauern; und dann hörte es auch Ellis - das entfernte Rasseln von Panzerketten.
    Von der Stelle, wo sie sich befanden, konnten sie die Straße nicht sehen, doch einer der Guerillas kletterte schnell auf einen Baum. »Zwei«, meldete er.
    Masud griff nach Ellis’ Arm. »Kannst du die Brücke sprengen, wenn die Panzer darauf sind?« fragte er.
    Oh, Scheiße, dachte Ellis; er will mich testen. »Ja«, erwiderte er.
    Masud nickte lächelnd. »Gut.«
    Ellis stieg auf den Baum, auf dem der Guerilla noch hockte, und blickte über die Felder zur Straße. Zwei schwarze Panzer rumpelten schwerfällig über die schmale, steinige Straße, die nach Kabul führte. Er spürte

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