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Die Löwen

Die Löwen

Titel: Die Löwen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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Guerillaführer auf die Bestätigung, dass Ellis ein Mann war, den die Guerillas respektieren konnten? In einer Armee, selbst in einer Rebellenarmee, war die hierarchische Ordnung stets von Bedeutung. Aber Ellis konnte sich nicht mehr lange als Sprengstoffexperte ausgeben. Falls Masud sich heute wieder nicht blicken ließ, würde er die Maske fallen lassen, sich als Beauftragter des Weißen Hauses zu erkennen geben und ein sofortiges Zusammentreffen mit dem Guerillaführer fordern.
    Es gab einen leisen Knall und eine kleine Staubwolke. Die Guerillas sahen einander enttäuscht an. War das schon alles? Ellis holte das Stück Metall, das er mit seinem Halstuch anfasste , denn es war noch ziemlich heiß. Der Name AU war wie zerschnitten, wobei die Trennlinie den Buchstaben der persischen Schrift folgte. Ellis zeigte es den Guerillas, die sofort aufgeregt zu schnattern begannen. Der Amerikaner war zufrieden.
    Die kleine Demonstration hatte bewiesen, dass der Sprengstoff - entgegen der Alltagslogik - gerade dort besonders stark wirkte, wo man ihn einkerbte.
    Die Guerillas verstummten. Ellis blickte sich um und sah eine Gruppe von sieben oder acht Männern über den Berg kommen. Ihre Gewehre und die runden Chitrali-Kappen wiesen sie als Guerillas aus. Je näher sie kamen, desto aufgeregter schien Ali zu werden.
    Ellis fragte: »Wer kommt denn da?«
    »Masud«, erwiderte Ali.
    »Welcher ist es?«
    »Der in der Mitte.«
    Ellis betrachtete den Mann, der zwischen den anderen schritt, sehr genau. Auf den ersten Blick sah Masud wie die anderen aus: ein Mann von mittlerer Größe, in kakifarbener Kleidung und russischen Stiefeln. Eingehend betrachtete Ellis das Gesicht. Masud war hellhäutig, sein Bart eher spärlich und seine Nase ziemlich lang. Die Haut um die Augen war tief gefurcht, sodass er um Jahre älter als achtundzwanzig wirkte. Ein hübsches Gesicht war es nicht, doch fand sich darin ein Ausdruck wachsamer Intelligenz und ruhiger Autorität, der ihn von den Männern an seiner Seite unterschied.
    Mit ausgestreckter Hand trat er auf Ellis zu: »Ich bin Masud.«
    »Ellis Thaler.« Ellis schüttelte ihm die Hand.
    »Wir werden diese Brücke sprengen«, sagte Masud.
    »Soll es sofort losgehen?«
    »Ja.«
    Ellis packte seine Sachen wieder in den Tragbeutel, während Masud zu der Gruppe von Guerillas trat, einigen die Hand schüttelte, anderen zunickte, ein oder zwei umarmte, mit jedem ein paar Worte wechselte. Schließlich stiegen alle den Hügel hinunter. Wer sie so sah - so vermutete jedenfalls Ellis – , würde sie wohl eher für eine Schar von Bauern als für eine Rebelleneinheit halten. Als sie den Fuß des Hügels erreichten, waren sie von der Straße her nicht mehr zu sehen. Von einem Hubschrauber aus hätte man sie natürlich bemerkt, doch nahm Ellis an, dass sie bei den unverkennbaren Rotorgeräuschen sofort in Deckung gehen würden. Auf einem Pfad, der durch bestellte Felder führte, strebten sie dem Fluss zu. Sie kamen an mehreren kleinen Häusern vorüber und wurden von den Leuten gesehen, die auf den Feldern arbeiteten. Manche dieser Feldarbeiter stellten sich blind, andere winkten und grüßten. Am Fluss folgten sie dem Ufer bis zur Brücke, wobei sie hinter Felsen und der spärlichen Vegetation Deckung suchten. Sie waren noch rund dreihundert Meter von der Brücke entfernt, als sich von der anderen Seite ein kleiner Konvoi von Armeelastern näherte und begann, die Brücke zu überqueren. Sofort gingen die Guerillas in Deckung, und die Fahrzeuge rumpelten vorbei, der Stadt Rokha zu. Ellis lag unter einer Weide, Masud unmittelbar neben ihm. »Wenn wir die Brücke zerstören«, sagte Masud, »unterbrechen wir ihre Nachschublinie nach Rokha.«
    Nachdem die Laster verschwunden waren, warteten die Männer noch ein paar Minuten und gingen dann zur Brücke, unter der sie sich sammelten, sodass sie von der Straße aus nicht gesehen werden konnten.
    Im Mittelteil befand sich die Brücke etwa sieben Meter über dem Fluss , der an dieser Stelle rund drei Meter tief sein mochte. Ellis sah, dass es sich um eine sehr primitive Brücke handelte. Zwei lange Stahlträger reichten vom einen Ufer zum anderen, ohne irgendwelche Stützpfeiler im Wasser, und trugen eine flache Betondecke. Gelang es, die Träger zu sprengen, stürzte die Brücke ein.
    Ellis machte sich an die Vorbereitungen. Sein TNT war zu pfundschweren gelben Blöcken geformt. Er stapelte zehn davon übereinander und schlang ein Band darum. Aus dem restlichen

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