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Die Löwin aus Cinque Terre: Laura Gottbergs dritter Fall

Die Löwin aus Cinque Terre: Laura Gottbergs dritter Fall

Titel: Die Löwin aus Cinque Terre: Laura Gottbergs dritter Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felicitas Mayall
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– das Bedürfnis, die Zeit anzuhalten.
    Viel zu schnell war er da, kletterte zu ihr herauf und ließ sich, ein wenig außer Atem, neben ihr nieder.
    «Stell dir vor, wen ich hier getroffen habe. Rate mal!» Er hatte einen triumphierenden Gesichtsausdruck.
    «Meinen Vater, Kommissar Baumann, deinen Vorgesetzten … oder Valerias Geist?»
    Er schnalzte tadelnd mit der Zunge. «Kein Scherz! Der junge Carabiniere von heute Morgen lag vorhin zwischen den Felsen und las ein Buch. Hatte den Nachmittag frei. Ich setzte mich eine Weile zu ihm und fragte ganz vorsichtig nach den Cabuns. Der junge Mann ist nicht aus der Gegend, sondern von der anderen Seite des Stiefels, aus Ancona. Als ich ihn fragte, ob es ein Mädchen gebe, das Valeria Cabun ähnelt, sagte er ganz spontan: ihre Cousine Nella. Die beiden könnten Schwestern sein! Du kannst mich jetzt küssen, Commissaria!»
    Laura starrte ihn nachdenklich an. «Nella», wiederholte sie. «Die Großmutter hat auch von dieser Nella gesprochen. Vermutlich waren die beiden Mädchen enge Freundinnen. Wo ist der junge Carabiniere jetzt?»
    «Es wurde ihm zu kalt, und er wollte einen Kaffee trinken.»
    «Wir müssen ihn suchen, Angelo! Ich will wissen, wo wir diese Nella finden, wer ihre Eltern sind …»
    «Ihre Eltern sind auf der Trauerfeier, sie wohnen in der Gegend, in der wir uns gestern Nacht verlaufen haben, und der junge Mann meinte, dass Nella nicht bei der Beerdigung war, was ihn gewundert habe.»
    «Du bist erstaunlich, Commissario!»
    «Ich weiß, aber einen Kuss bekomme ich offensichtlich trotzdem nicht!»
    Schnell küsste Laura ihn auf die Wange. «Wo kann Nella sein, wenn sie nicht zur Beerdigung gekommen ist?»
    «In deinem Kopf tickt es schon wieder! Kannst du es hören? Sie kann überall sein, Laura! In Riomaggiore, in La Spezia, in Rom. Wir werden es herausfinden.»
    «Claretta ist nach Venedig gegangen», murmelte Laura.
    «Wer ist Claretta?»
    «Das ist eine andere Geschichte. Eine von Hexen und starken Frauen.»
    «Würdest du mich eventuell einweihen?»
    «Vielleicht … obwohl diese Geschichte nur für Frauen bestimmt ist, die irgendwelche verwandtschaftlichen Verbindungen zu den Cabuns haben.»
    «Warum kennst du sie dann?»
    «Weil ich Hexen mag und gut mit ihnen auskomme.»
    Guerrini starrte sie an. «Es ist wohl sicherer, wenn ich nicht auf einem Kuss von dir bestehe, oder?»
    «Sicherer schon …», flüsterte Laura und biss ihn sanft in die Unterlippe.

SPLITTERNDES KRACHEN weckte sie mitten in der Nacht. Beinahe gleichzeitig ließen sie sich links und rechts aus dem Bett fallen, Deckung nehmend, alle Sinne in Alarmbereitschaft. Von draußen klang etwas herein, das an Lachen erinnerte, irres Lachen oder das Gekreisch liebestoller Katzen. Dröhnend hämmerte Lauras Herz gegen ihre Rippen. «Was war das?», flüsterte sie.
    «Keine Ahnung! Irgendwas hat unser Fenster zertrümmert. Bleib, wo du bist. Hier vorn ist alles voller Glassplitter!»
    Laura angelte ihre Jeans von einem Stuhl neben der Tür, stellte sich flach an die Wand und schlüpfte hinein. Wieder ertönte draußen dieses schreckliche Kreischen. Hinter einigen Fenstern der umliegenden Häuser gingen Lichter an. Leise öffnete Laura die Zimmertür, schlüpfte hinaus auf den stockdunklen Gang, lauschte. Offensichtlich hatten die Nachbarn ihre Fenster aufgemacht und riefen einander zu. Vorsichtig drückte Laura auf die schwere schmiedeeiserne Klinke der Haustür, spähte durch einen Spalt hinaus.
    «Avete sentito? Habt ihr das auch gehört?», rief ein Mann irgendwo ganz oben aus einem der Nachbarhäuser. Laura schob die Tür weiter auf, setzte ihren nackten Fuß hinaus, schrie auf. Etwas Haariges, Feuchtes lag auf der Schwelle, und wieder erklang das kreischende Lachen, von fern allerdings, und verlor sich in den engen Gassen.
    Laura wich in den Flur zurück. Ihr Herz schlug noch heftiger als nach dem plötzlichen Erwachen aus dem Tiefschlaf. Jetzt war Angelo neben ihr, doch sie nahm ihn nur verschwommen wahr.
    «Da liegt etwas vor der Tür», stammelte sie.
    Er hielt eine Taschenlampe in der Hand, richtete den Strahl auf die Türschwelle – auf bleckende Zähne, ein weit aufgerissenes Maul, blutverklebte Augen. Es war ein Katzenkopf. Guerrini stieß einen Fluch aus, knallte die Tür zu und zog Laura ins Zimmer zurück.
    «Setz dich aufs Bett und pass auf deine Füße auf. Hier liegen überall Scherben herum.» Guerrini leuchtete das Zimmer ab, bückte sich nach einem dunklen Gegenstand.

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