Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Löwin aus Cinque Terre: Laura Gottbergs dritter Fall

Die Löwin aus Cinque Terre: Laura Gottbergs dritter Fall

Titel: Die Löwin aus Cinque Terre: Laura Gottbergs dritter Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felicitas Mayall
Vom Netzwerk:
Die Patienten fordern ihren Tribut. Was wollen Sie von mir?»
    «Ich habe etwas mitgebracht, das ich Ihnen zeigen möchte. Es ist das Tagebuch von Valeria. Sie hat es ihrer Cousine geschickt, ehe sie ums Leben kam. Es ist ein interessantes Tagebuch … und es steht ziemlich viel über Ihren Mann und über Sie darin.»
    «So.» Renata Denner ging seltsam steif durch das große Zimmer, stellte sich hinter einen der blauen Sessel und legte beide Hände auf die Rückenlehne.
    «Was schreibt sie denn über mich?»
    «Zum Beispiel, dass Sie nie mit ihrer Arbeit zufrieden waren, dass sie an einem Nachmittag dreimal den Küchenboden wischen musste, weil er immer noch nicht sauber genug war …»
    «Sie konnte nicht putzen. Ich habe das allen meinen Au-pairs gründlich beibringen müssen!»
    «Das ist auch nur ein Seitenaspekt. Valeria schrieb: ‹Die Signora hasst mich. Weil sie weiß, dass ihr Mann hinter mir her ist. Warum hasst sie nicht ihn?›»
    Die blassen Hände griffen ein wenig tiefer in den weichen blauen Sessel.
    «Lächerlich. Phantasien eines Mädchens … Das hätte sie wohl gern gehabt, dass mein Mann … Absolut lächerlich. Sie glauben doch wohl nicht, was sich diese kleine Negernutte zusammenphantasiert hat?»
    Eine heiße Welle lief durch Lauras Körper. Sie versuchte, ruhig zu atmen, ruhig zu denken, spürte, dass sie nicht weit vom Ziel war.
    «Ihr Mann hat es zugegeben. Ich komme gerade aus dem Krankenhaus.»
    «Er hat was?» Renata Denner lachte auf. «Er ist nicht bei Sinnen. Wir haben einen Psychiater zugezogen. Er hat die Vorstellung, dass Valeria ihn umbringen will.»
    «Verständlich, nicht wahr? Er hat sie gesehen, ehe er niedergestochen wurde. Und Sie haben Valeria ebenfalls gesehen. Sie riefen mich an, waren völlig verstört. Weshalb sollte er also von Sinnen sein?»
    Einen winzigen Augenblick lang schien sie unsicher, hatte sich aber sofort wieder im Griff.
    «Ich habe darüber nachgedacht. Natürlich konnte es nicht Valeria gewesen sein. Aber ich bin sicher, dass in diesem italienischen Clan irgendein Mädchen ihr ähnlich sieht. Für mich ist das eine klare Sache. Da unten gibt es doch noch die Blutrache oder so etwas.»
    «Nein, ich glaube nicht, dass es in den Cinque Terre Blutrache gibt», erwiderte Laura. «Ich glaube etwas anderes: dass Sie niemanden am Fenster gesehen haben.»
    Renata Denner hob den Kopf und starrte Laura an. «Wie, niemanden?»
    «Ich glaube, dass Sie das Erlebnis Ihres Mannes übernommen haben, um eine durchaus plausible Geschichte zu erfinden.»
    «Ich möchte, dass Sie mein Haus verlassen!» Renata Denner löste ihre Hände von den blauen Polstern, wies auf die Tür. «Ich muss mir solche Dinge nicht anhören. Ich bin Ärztin, ich erbitte mir Respekt!»
    «Warum verweigern Sie dann anderen Menschen Respekt?»
    «Was reden Sie denn?»
    «Ich meine Valeria Cabun.»
    «Wie kommen Sie darauf?»
    «Sie haben Valeria eine Negernutte genannt.»
    «War sie das nicht? Hat sie nicht ständig meinen Mann provoziert? Meinen Schwager? Alle Männer, mit denen sie in Kontakt gekommen ist?»
    Renata Denner schien zu merken, dass sie Boden verlor, dass sie sich zu weit vorgewagt hatte. Rote Flecken erschienen auf ihren Wangenknochen.
    «Gehen Sie!»
    «Ihr Mann hat zugegeben, dass er einen Kampf mit Valeria hatte, dass er sie stieß, dass sie fiel und eine tödliche Kopfverletzung erlitten hat. Er hat sie aus dem Fenster geworfen, weil er einen Selbstmord vortäuschen wollte.» Laura riskierte diese Behauptung. Renata Denner schloss kurz die Augen.
    «Er ist nicht mehr zurechnungsfähig, ich sagte es ja. Der Psychiater wird ein Gutachten erstellen.»
    «Er ist durchaus zurechnungsfähig. Er kannte die Wohnung in der Herzogstraße. Valeria ist ihm nachgegangen, und sie hat ihn in dieser Wohnung überrascht, um sich an ihm zu rächen.»
    «Rächen?» Die Ärztin stolperte, stützte sich an der Wand ab. «Wofür sollte sie sich rächen?»
    «Für eine Vergewaltigung zum Beispiel!»
    «Ich verstehe nicht …» Sie zuckte zusammen, als es an der Haustür klingelte.
    Scheiße!, dachte Laura. Ich hatte sie beinahe so weit!
    Schnell ging sie zur Tür. Es war Kommissar Baumann.
    «Komm mal kurz raus», murmelte er. «Ich muss dir was sagen!»
    «Ich kann sie nicht aus den Augen lassen», flüsterte Laura zurück. «Was ist denn?»
    «Denners Mutter sagte mir, dass ihr ermordeter Sohn kurz vor seinem Tod einen nagelneuen Sportwagen gekauft hat, obwohl er nur ein paar Tage vorher

Weitere Kostenlose Bücher