Die Löwin aus Cinque Terre: Laura Gottbergs dritter Fall
Sofia brach ab.
«Du musst es mir jetzt nicht erklären, Sofi. Wenn du weglaufen wolltest, dann war das schon in Ordnung. Aber mein Gefühl war auch in Ordnung. Und darüber können wir uns später unterhalten. Jetzt möchte ich eine Tasse Tee, eine Pizza aus der Kühltruhe und einfach mit euch allen in der Küche sitzen!»
Sofia nickte.
«Ich schäm mich vor … Ich weiß gar nicht, wie ich ihn nennen soll!» Sie stieß einen Laut aus, der wie Schluchzen klang.
«Nenn ihn doch einfach Angelo. So heißt er nämlich. Ach, Sofi, was ist denn so schwierig?» Laura streckte die Arme nach ihrer Tochter aus, und Sofia lehnte sich an ihre Schulter – zum Glück an die gesunde.
«Es ist … wegen Papa. Wenn du einen Freund hast, dann … wird es überhaupt nicht mehr gut!»
«Dein Papa und ich sind Freunde, Sofi. Und das ist wirklich gut. Aber Liebe ist etwas anderes.»
«Liebst du den Commissario?», schniefte Sofia.
«Ja, ich glaube schon.»
«Oh, Mama!» Sofia umklammerte ihre Mutter, atmete endlich tief durch, schluckte und sagte: «Ich mach die Pizze, du kannst dich einfach hinsetzen und Tee trinken.»
ALS LAURA sich am nächsten Morgen auf den Weg ins Präsidium machte, war sie noch immer verblüfft über den friedvollen Abend mit Angelo und den Kindern. Sie hatten ihnen von den Ereignissen in den Cinque Terre erzählt, von Nella und Simonetta, die für ihre Cousine Valeria kämpften. Sofia hatte aufmerksam zugehört, und Laura konnte in ihren Augen sehen, dass sie empfänglich war für die Verschwörung der Cabun-Frauen.
Luca dagegen war mehr am Abenteuer interessiert, am Kampf in den Weinbergen. Er fand es wunderbar, dass seine Mutter mit einer gusseisernen Bratpfanne um sich geschlagen hatte. Aber als sie endlich gute Nacht sagten, nahm Luca – ganz gegen seine Gewohnheit – Laura kurz in den Arm, und sie konnte in seinem Gesicht die Erleichterung darüber sehen, dass sie heil zurückgekommen war.
An diesem Morgen fiel es ihr schwer, sich auf die Arbeit einzustellen. Eigentlich war sie mit der Verwunderung beschäftigt, dass Angelo tatsächlich da war – in ihrer Wohnung, in München –, dass es ihr kein Unbehagen verursachte, dass ihre Kinder es einigermaßen ertrugen, dass sich alles eigentlich ganz gut anfühlte … Mal abgesehen von ihrer Schulter, die noch immer sehr schmerzte.
Dann stand sie auf dem Parkplatz im Hof des Präsidiums, ging zum Lift, grüßte, wurde gegrüßt. Empfand die Situation als unwirklich. War noch in Italien oder in der eigenen Wohnung. Sie grüßte Claudia, Baumann, Havel, wurde überrollt von den Informationen und den Fragen, setzte sich auf einen Stuhl neben der großen Palme und sagte: «Stopp! Ich brauche einen Kaffee, und dann bitte ich darum, dass ihr nacheinander redet.»
«Ich habe Frau Doktor etwas nervös gemacht», sagte Kommissar Baumann. «Sie will sich unbedingt bei dir über mich beschweren.»
«Ist das alles?»
«Na ja, wir dachten, wir hätten Malenge, aber es waren die Falschen.»
«Welche Falschen?»
«Nichts besonders Wichtiges. Ein paar Illegale …»
Baumann wich Lauras fragendem Blick aus.
Havel räusperte sich, lächelte Claudia an, die ihm eine Tasse in die Hand drückte.
«Ich habe mir die Wohnung noch einmal vorgenommen. Wirklich jeden Zentimeter. Sie waren wirklich sehr gründlich, die Brüder Denner. Aber ich habe Spuren von beiden gefunden. War nicht leicht, aber ich habe es geschafft.»
«Das ist toll!» Laura dankte Claudia für den Kaffee. «Aber was haben die gemacht? Die werden doch nicht gemeinsam Valeria umgebracht haben. Es gibt doch gar keinen plausiblen Grund dafür.»
«Aber sie waren beide da. Gibt überhaupt keinen Zweifel daran!»
«Und Malenge!»
«Laut DNA!»
«Und wie kriegen wir die alle drei zusammen?»
«Keine Ahnung. Einer ist ja schon tot. Der kann uns nicht mehr weiterhelfen!» Baumann sah ratlos aus. «Hätte nie gedacht, dass aus der Leiche im Hinterhof so eine verworrene Geschichte entstehen könnte. Und jetzt sag nicht Agatha Christie, Laura!»
Claudia kicherte, Havel grinste.
«Was für eine Marschrichtung sollen wir also einschlagen?» Baumann sah Laura fragend an.
«Ich marschiere nicht, Herr Kommissar!», erwiderte sie. «Ich gehe. Und jetzt möchte ich mit dir zu Dr. Denner ins Krankenhaus fahren. Es gibt da ein paar neue Erkenntnisse, die ich aus Italien mitgebracht habe. Ihr erinnert euch, dass Valerias Zimmer bei den Denners durchwühlt worden war. Wer das gemacht hat, suchte
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