Die Löwin aus Cinque Terre: Laura Gottbergs dritter Fall
Vorgesetzten hinter den Glasscheiben vorübergehen. Er starrte in Lauras Richtung, schien etwas zu suchen, nickte ihr dann zu, ging weiter und verschwand.
«Ein komisches Haus», sagte Peter Baumann und setzte sich Laura gegenüber auf die andere Kante seines Schreibtischs. Sie schob die Mappe mit ihren Aufzeichnungen zu ihm hinüber.
«Für heute Abend», sagte sie.
Er unterließ eine flapsige Antwort. «War’s schwierig?», fragte er stattdessen.
«Es war entsetzlich, und du musst ganz genau aufpassen, ob mir nicht doch etwas hineingerutscht ist, das uns schaden könnte.» Sie stand auf und dehnte langsam die Arme. «Wieso ist das ein komisches Haus?»
Zerstreut blätterte er in der Mappe, schaute kurz auf. Sein dunkelblondes Haar fiel ihm über die Augen, und er strich es mit einem Stirnrunzeln zurück. «Ich muss zum Friseur», sagte er, blies die Backen auf und stieß die Luft aus. «Dieses Haus ist wirklich komisch. Außer der alten Frau Burger hat keiner was gesehen, gehört, geahnt. Die Hälfte der Leute ist verreist, die andere Hälfte wohnt woanders. Man kann also meiner Ansicht nach relativ unbemerkt die vielen Treppen hinaufsteigen, obwohl sie so laut knarren.»
«Aber was hat sie da oben gemacht? Würdest du einfach in irgendein Haus gehen, um dich aus dem Fenster zu stürzen? Es muss doch eine Beziehung zu diesem Haus geben. War sie vielleicht bei dem Rechtsanwalt im zweiten Stock?»
Der junge Kommissar schüttelte den Kopf. «Ich hab ihm das Foto gezeigt, und er behauptet, Valeria Cabun nie gesehen zu haben. Der Consulting-Typ war mir extrem unsympathisch, aber ich glaube nicht, dass er gelogen hat. Er kennt Valeria auch nicht. Der Steuerberater ist seit zwei Wochen in Urlaub, ebenso die Leute im vierten Stock – von denen Frau Burger behauptet, sie seien Juppies.»
«Und was ist mit dem roten Teppich, der zum ausgebauten Dachboden führt?» Laura ließ vorsichtig ihre Schultern kreisen, um ihren Rückenschmerz zu lindern.
«Soll ich dich massieren?», fragte Baumann.
«In meinem Büro hätte ich nichts dagegen, aber in diesem Schaufenster halte ich es nicht für eine gute Idee! Also, was ist mit dem roten Teppich?»
«Keine Ahnung. Der Rechtsanwalt meinte, dass es unter dem Dach eine Luxuswohnung gäbe. Er war allerdings noch nie drin und hatte auch keine Ahnung, wer da wohnt. Er bezweifelte, dass überhaupt jemand dort wohnt – hält es eher für eine Geldanlage.»
«Und der Consulting-Typ?»
«Der hat ein einziges Mal einen Mann im Treppenhaus gesehen, der wohl in die Wohnung ging. Aber er sah ihn nur von hinten, und es war ziemlich dunkel.»
«Und auf wen ist diese Wohnung gemeldet, wer ist der Mieter? Hast du das schon überprüft?»
«Genau das wollte ich jetzt machen, Frau Hauptkommissarin!» Er verzog das Gesicht.
«Mach’s morgen! Die Wohnung läuft uns nicht weg, aber diese Papiere müssen übermorgen beim Staatsanwalt sein!»
Hinter Lauras Rücken erklang ein Räuspern. Sie drehte sich schnell um – zu schnell für ihren Rücken –, fand sich Angesicht zu Angesicht mit Kriminaloberrat Becker. Sein Gesicht war wie immer leicht gerötet, und auf seiner Stirn standen winzige Schweißtröpfchen.
«Au», stöhnte Laura und hielt den Atem an, wartete auf ein Abklingen des Schmerzes, der genau zwischen ihren Schulterblättern saß.
«Wie bitte?» Becker zog die Augenbrauen so hoch, dass seine Augen größer wurden.
«Entschuldigung!», sagte Laura. «Ich glaube, ich hab einen Hexenschuss.»
«Oh!» Becker sah Hilfe suchend zu Peter Baumann hinüber.
«Nicht anfassen», sagte Baumann. «Ich kenne das. Jede Bewegung ist absolut unerträglich. Sie muss erst einmal stehen bleiben.»
Laura stand und atmete so flach wie möglich. In absoluter Bewegungslosigkeit war der Schmerz zumindest auszuhalten.
«Soll ich einen Arzt rufen?», fragte Becker und lockerte seine Krawatte.
«Nein», flüsterte Laura. «In fünf Minuten kann ich mich sicher wieder bewegen!»
«Na hoffentlich! Übrigens, ich brauchte Claudia. Muss ihr ein paar Sachen diktieren! Wo ist sie denn?»
«Ich habe sie zu einer Immobilienverwaltung geschickt, um die Daten eines Mieters zu überprüfen», sagte Peter Baumann, ehe Laura Luft holen konnte.
«Das ist doch keine Aufgabe für eine Sekretärin», erwiderte Becker und wippte leicht auf den Zehenspitzen. Laura starrte auf seine Schuhe, die zwar tadellos glänzten, aber wie immer in ihr die Vorstellung weckten, dass er unter Fußschweiß litt.
«Es war
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