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Die Löwin aus Cinque Terre: Laura Gottbergs dritter Fall

Die Löwin aus Cinque Terre: Laura Gottbergs dritter Fall

Titel: Die Löwin aus Cinque Terre: Laura Gottbergs dritter Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felicitas Mayall
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Haus?» Lauras Frage half Marion Lehmann über den Augenblick des Erschreckens hinweg.
    «Jaja, sie sind alle da … Valeria besuchte drei Vormittagskurse und zwei am Abend. Sie wollte wirklich schnell Deutsch lernen. Es ging auch schon ganz gut. Mein Gott, was für ein Jammer, was für eine Verschwendung.» Sie schluchzte auf, suchte in der Schublade ihres Schreibtischs nach einem Taschentuch.
    «Ja», murmelte Laura, «das ist es wohl.»
    Die restliche Unterredung mit Marion Lehmann war nicht besonders ergiebig. Valeria sei eine freundliche junge Frau gewesen, nicht unbedingt fröhlich – aber freundlich. Beliebt sei sie gewesen. Von einem Mann habe sie nie etwas bemerkt. Valeria sei ihres Wissens niemals abgeholt worden.
    Als Laura Gottberg darum bat, in Valerias Klasse geführt zu werden, zögerte die grauhaarige Frau sichtlich, erklärte leise, dass sie ungern den Unterricht unterbrechen wollte. In einer Stunde sei Pause, dann könne die Hauptkommissarin die Studentinnen im Konferenzraum treffen.
    «Tut mir Leid, die Ruhe Ihres Instituts zu stören!», erwiderte Laura. «Ich muss aber darauf bestehen, die Mädchen sofort zu sehen.»
    Marion Lehmann kniff die Lippen zusammen und noch ein wenig mehr, als Laura nach der Leitung des Instituts fragte.
    «Wir sind zu dritt und alle gleichberechtigt. Ich bin derzeit allerdings die Einzige, die anwesend ist. Meine Geschäftspartnerinnen sind im Ausland unterwegs, um für unser Institut zu werben.»
    «Ach ja, ich habe noch eine Frage.» Laura nahm einen der Institutsprospekte von einem Stapel auf dem Schreibtisch. «Weshalb unterrichten Sie nur Frauen?»
    Marion Lehmann lächelte leicht, und ihr Gesicht entspannte sich wieder.
    «Ist Ihnen noch nie aufgefallen, dass Frauen im Allgemeinen ein größeres Talent für Sprachen haben als Männer? Sie lernen einfach schneller und intuitiver. Und sie lernen ungestörter und konzentrierter, wenn sie unter sich sind. Außerdem …», sie wiegte leicht den Kopf, «… haben wir damit eine Marktlücke entdeckt. Viele Eltern schicken ihre jungen Töchter lieber auf ein rein weibliches Institut. Zudem vermitteln wir auch Familien, in denen die jungen Frauen gut aufgehoben sind und ein Taschengeld für Kinderbetreuung und leichte Hausarbeit bekommen.»
    «Haben Sie Valeria Cabun ebenfalls an eine Familie vermittelt?», fragte Laura schnell.
    «Ich müsste nachsehen … Als Valeria zu uns kam, war ich gerade im Urlaub. Einen Moment …» Sie trat an den PC und gab Suchworte ein. Laura stellte sich neben sie, hatte Zweifel an ihrer Ahnungslosigkeit.
    «Wie viele Schülerinnen hat Ihr Institut?», fragte sie.
    «Im Augenblick sind es ein bisschen weniger als hundert. Da kann man leicht den Überblick verlieren … Ah, hier haben wir es! Sie ist bei Dr.   Denner. Ja, Dr.   Denner gehört zu den Familien, in die wir vermitteln. Ein Arzthaushalt, zwei Kinder. Ich kenne die Denners nur flüchtig, aber eine meiner Partnerinnen ist mit ihnen befreundet.»
    «Wie ist der Name Ihrer Partnerin?»
    Marion Lehmann drehte sich erstaunt und befremdet um.
    «Ist das so wichtig? Sie sagen das, als hätte sie ein Verbrechen begangen!»
    «Nein, nein – entschuldigen Sie. Ich bin nur ungeduldig. Also, wie heißt Ihre Partnerin?»
    «Hella von Santer.»
    «Danke. Würden Sie mich jetzt in Valerias Klasse führen?»
    Marion Lehmann seufzte tief, warf einen kurzen Blick in den großen Spiegel mit barockem Goldrahmen, der hinter Laura an der Wand hing, strich sich das Haar zurecht und ging endlich vor ihr auf den langen Flur hinaus.

    Als Laura zu sprechen begann, war es vollkommen still in dem hellen Raum. Dann drückte der Wind ein angelehntes Fenster auf, doch keine der jungen Frauen achtete darauf. Alle Augen hingen an Lauras Lippen. Sie sprach sehr langsam, artikulierte überdeutlich, erklärte den Grund ihres Kommens, bat um ein kurzes Einzelgespräch mit jeder der Schülerinnen.
    Als sie geendet hatte, schluchzten zwei der Mädchen leise vor sich hin, die andern saßen stumm da. Die Kursleiterin war sehr blass geworden, wandte Laura den Rücken zu und schaute aus dem Fenster.
    «Soll ich den Anfang machen?», fragte sie leise.
    «Wenn Sie möchten.»
    Sie nickte und folgte Laura aus dem Zimmer, wies den Weg zu einer Art Teeküche, obwohl Marion Lehmann das Konferenzzimmer angeboten hatte.
    «Zu groß», sagte die Lehrerin bestimmt, und Laura warf ihr einen neugierigen Blick zu, denn die Antwort hatte ihr gefallen. Die Lehrerin war jung,

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