Die Löwin aus Cinque Terre: Laura Gottbergs dritter Fall
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Nein, dachte Laura, nicht Monopoly. Nicht trautes Familienleben, das halte ich jetzt nicht aus. Sie räusperte sich. «Ihr könnt ja Monopoly spielen. Ich muss noch ein paar Anrufe erledigen. Wir haben einen sehr komplizierten Fall.»
«Habt ihr doch immer, Mama!» Sofias Stimme klang aufmüpfig.
Laura sah ihre Tochter nachdenklich an. Diesen Konflikt mit ihr würde sie nicht heute Abend austragen und schon gar nicht vor ihrem Exmann. Deshalb war sie richtig dankbar, als das Telefon klingelte, nahm ihre Kaffeetasse, zog sich ins Wohnzimmer zurück und drückte die Verbindungstaste.
«Gottberg!»
«Buona sera, Laura», sagte Angelo Guerrini.
Laura saß ganz still und spürte den kleinen Wellen nach, die beim Klang seiner Stimme durch ihren Körper liefen.
«Laura?», fragte er.
«Sono qua!», antwortete sie endlich.
«Vero?» Leises Lachen lag in seiner Stimme.
«Vero!»
Sie hatte die Zeit vergessen, beinahe ein Stunde mit Angelo gesprochen. Zweimal hatte Luca den Kopf ins Zimmer gesteckt, sie scheuchte ihn jedes Mal mit einer Handbewegung wieder hinaus. Beim dritten Mal blieb er stehen und erklärte, dass er jetzt ins Bett gehe, weil er am nächsten Tag eine Stunde früher zum Sport müsse. Laura beendete ihr Gespräch, entschuldigte sich bei Angelo für die Eile.
«Wieso redest du denn Italienisch?», fragte Luca.
«Weil der Todesfall, den wir gerade untersuchen, mit Italien zu tun hat.»
«Ach so. Ich dachte, du redest mit dem Typen, der immer auf den Anrufbeantworter spricht.»
Laura verdrehte die Augen, sagte nichts.
«Außerdem wollte ich wissen, wer wo schläft … also Papa wahrscheinlich im Wohnzimmer auf der Couch und du? In deinem Bett liegt Ülivia.»
«Ich schlafe auf dem Klappbett im Arbeitszimmer.»
«Arme Mama!»
«Das macht mir nichts aus, Luca. Wie spät ist es denn?»
«Beinahe elf. Papa und Sofia spielen immer noch Monopoly.
«Es ist viel zu spät für Sofia!»
«Ach, lass sie doch, Mama. Wenn Papa schon mal da ist. Gute Nacht.»
Er sieht so erwachsen aus, dachte Laura. Redet auch so. Sie winkte ihm nach.
Später, als sie auf ihrem Klappbett in dem winzigen Arbeitszimmer lag, lauschte sie den leisen Stimmen von Ronald und Sofia nach, die gedämpft durch die Wand drangen. War schon in Ordnung so, jedenfalls solange Ronald keine Anstalten machte, wieder unter das schützende Dach ihres Beamtengehalts zurückzukehren. Laura streckte sich lang aus, spielte kurz mit dem Gedanken, Peter Baumann anzurufen. Aber das hatte Zeit bis morgen – war ohnehin zu spät … lieber ließ sie das Gespräch mit Angelo Guerrini noch einmal an sich vorüberziehen, lächelte beim Gedanken an seinen «Fall», den Mordanschlag mit Hilfe eines toten Hundes. Sie liebte Angelos Humor, seine Art, Menschen zu beobachten, vermisste ihn so sehr und wusste trotzdem noch immer nicht, wo genau in ihrem Leben sie ihn unterbringen konnte. Er hatte angekündigt, dass er an Ostern nach München kommen werde. In seiner Stimme war etwas angeklungen, das ihr Angst machte – etwas Kompromissloses. Und sie wusste, wenn sie wieder eine Ausrede finden würde, dann konnte es das Ende ihrer Beziehung bedeuten.
Er würde also kommen! Hierher, in ihre Wohnung. War schon einmal hier gewesen – damals hatte sie es geschafft, ihn vor Sofia und Luca zu verstecken. Das ging nun nicht mehr. Diesmal musste sie sich dazu bekennen, dass sie einen Freund hatte. Laura spürte ein leichtes Ziehen in der Magengegend, schob es auf den fetten Pfannkuchen, wusste gleichzeitig, dass es eher mit dem bevorstehenden Besuch von Guerrini zusammenhing.
Sie musste eingeschlafen sein, ohne es zu merken. Als neben dem Kopfkissen ihr Handy zu brummen begann, brannte noch Licht in ihrem Zimmer, und sie lag angezogen auf dem Bett, fror ein bisschen.
«Ja», murmelte sie verschlafen ins Telefon.
«Laura?»
«Ja?»
«Hier ist Peter. Tut mir Leid, wenn ich dich schon wieder aus dem Bett holen muss. Aber irgendwer hat Roberto Malenge überfallen. Ist wohl besser, wenn wir uns das sofort ansehen.»
«Was? Woher weißt du das? Wer hat dich benachrichtigt?»
«Malenge hat den Kollegen meinen Namen genannt.»
«Ist er verletzt?»
«Er liegt im Krankenhaus. Muss ganz schön was abgekriegt haben. Die Kollegen gehen von einem rassistischen Hintergrund aus.»
«Haben sie jemanden erwischt?»
«Nein. Du bist ganz schön wach für jemanden, der um drei Uhr morgens aus dem Tiefschlaf gerissen wurde!»
«Weiß auch nicht, warum ich so wach
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