Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Löwin aus Cinque Terre: Laura Gottbergs dritter Fall

Die Löwin aus Cinque Terre: Laura Gottbergs dritter Fall

Titel: Die Löwin aus Cinque Terre: Laura Gottbergs dritter Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felicitas Mayall
Vom Netzwerk:
Ahnung, was eigentlich los ist.»
    «Dann bis morgen.» Er legte auf, war offensichtlich sauer.
    Mir auch egal, dachte Laura und parkte ihren Wagen in einer winzigen Lücke, musste so oft hin- und herrangieren, dass sie am Ende schweißgebadet war, als sie den Motor ausschaltete. Im kleinen griechischen Gemüseladen an der Ecke kaufte sie frisches Obst, Tomaten, Zucchini und Oliven. Es war der einzige Lebensmittelladen, der in der Gegend überlebt hatte. Der kleine Supermarkt war vor zwei Monaten geschlossen worden, der Metzger schon vor einem halben Jahr. Ein türkischer Laden, eine große Bäckerei und zwei Getränkemärkte hatten ebenfalls Pleite gemacht. Laura fragte sich, wo die alten Menschen im Viertel einkaufen gingen. Die Wege waren weit geworden.
    Die Veränderungen waren nicht gut, hatten die Gegend ärmer gemacht, weniger lebendig. Begegnungen mit Nachbarn wurden seltener, und jede Menge Jobs waren verloren gegangen wie überall. Niemand konnte etwas dagegen tun – es war einfach so. Sieger blieben die großen Ketten.
    Im Treppenhaus traf Laura Ülivias Schwester Harun, die offensichtlich auf dem Weg zum nächsten Supermarkt war. Sie trug einen großen leeren Korb und erschrak, als sie Laura sah, fasste sich aber schnell.
    «Meine Schwester muss nach Hause kommen», sagte sie. «Mein Vater und meine Mutter leiden sehr. Ülivia kann das nicht machen!»
    «Was ist los mit dir, Harun?» Laura sah der jungen Frau direkt in die Augen. «Erinnerst du dich nicht daran, wie sehr deine Eltern gelitten haben, als du fortgegangen bist? Sie haben sehr gelitten, Harun. Aber du bist nicht zurückgekommen. Es ist der Weisheit deiner Eltern zu verdanken, dass du eine so schöne Hochzeit hattest. Warum also sollte deine Schwester zurückkommen, wenn sie zu Hause geschlagen wird!»
    «Du verstehst das nicht, Laura. Ein Kurde …», sie suchte nach Worten, «… ein Kurde, das ist etwas ganz Furchtbares für unsere Familie. Ich bin mit einem Türken fortgegangen, einem guten anständigen Mann. Ülivias Bräutigam ist ein guter anständiger Mann. Sie hat etwas sehr Schlechtes gemacht!»
    «Aber vielleicht mag deine Schwester diesen guten anständigen Mann nicht. Sie kennt ihn ja gar nicht. Vielleicht ist er auch gar nicht anständig! Warum hast du denn deinen versprochenen Bräutigam nicht geheiratet?» Laura bebte vor Zorn und hatte so laut gesprochen, dass die alte Frau Werner die Tür einen Spalt öffnete und neugierig herausschaute.
    «Weil ich anderen anständigen Mann gefunden. Meine Schwester ist verrückt. Ich hätte geholfen, wenn sie normalen Freund hätte, nicht Kurden!»
    «Mein Gott!» Laura seufzte. «Geh einkaufen. Ich werde mich nachher bei euch melden. Die Sache mit dem Kurden ist sowieso aus, und ich kann euch garantieren, dass Ülivia noch Jungfrau ist. Sie hat viel zu viel Angst, um solch gefährlichen Dinge zu tun.»
    Harun wurde rot.
    «Du musst nicht rot werden. Du weißt genau, worum es geht. Schließlich bist du verheiratet!»
    Laura ging weiter und ließ die junge Türkin stehen. Ülivia ging es ein bisschen besser, wenigstens körperlich. Jetzt war es mehr der Liebeskummer, der ihr zu schaffen machte. Inzwischen war ihr klar, dass Riza Talabani den totalen Rückzug angetreten hatte. Er war nicht dumm und hatte keine Lust, sich mit einer ganzen türkischen Sippe anzulegen. Versunken in ihren Schmerz, verweigerte Ülivia jede Nahrung, trank nur etwas Tee oder Saft.
    Lauras Nachbarin Terese hatte es eilig, wieder fortzukommen.
    «Jede Menge Vorbereitungen für Neuseeland!» Schon war sie an der Tür.
    «Halt mal! Ich möchte dir danken», rief Laura. «Und ich will auch was wissen.»
    «Was denn?» Terese blieb stehen, wuschelte mit den Fingern durch ihre dichten blonden Ponyfransen.
    «Was willst du eigentlich in Neuseeland machen?»
    «Keine Ahnung», lachte die junge Frau. «Vielleicht eröffne ich einen Buchladen, oder ich hüte Schafe, gehe fischen, bringe den Neuseeländern Deutsch bei und such mir einen schönen Maori!»
    «Und die lassen dich einfach so ins Land?»
    «Na ja, ich habe beste Voraussetzungen: Ich bin weiß, vierunddreißig Jahre alt, Buchhändlerin und Bibliothekarin mit hervorragenden Kenntnissen der englischen Literatur. Offensichtlich brauchen die gerade so was!»
    «Falls die auch Kriminaler brauchen, lass es mich wissen.»
    «Du?» Terese lachte laut. «Du gehst doch nie weg aus München!»
    «Woher willst du das wissen?»
    «Deine Kinder, deine Arbeit, dein Vater …

Weitere Kostenlose Bücher