Die Löwin aus Cinque Terre: Laura Gottbergs dritter Fall
nicht!»
«Sie haben Haare im Bett gefunden und verwischte Blutspuren auf dem Teppich. Beides stammt eindeutig von Malenge und Valeria Cabun.»
«So.» Laura räusperte sich erneut.
«Ja, so! Und was machen wir jetzt?»
«Das, was unser Kriminaloberrat auch tun würde. Wir beantragen einen Haftbefehl, und dann nehmen wir Malenge vorläufig fest. Gewisse Tatsachen kann man nicht ignorieren!»
«Malenge ist aber weg! Dieser Aristide übrigens auch. Soll ich eine Fahndung nach den beiden rausgeben?»
Wieder stöhnte Laura.
«Was ist denn mit dir los?»
«Ich habe kaum geschlafen und hätte wirklich gern ein freies Wochenende!»
«Morgen vielleicht. Also, Fahndung oder nicht?»
«Keine Fahndung. Ich will erst mal ins Krankenhaus. Vielleicht ist Denner aus dem Koma aufgewacht und kann uns sagen, wer ihn überfallen hat.»
«Er ist aber von hinten niedergestochen worden!»
«Trotzdem! Ruf bitte im Krankenhaus an und frag, wie es ihm geht. Aber erst gegen Mittag. Das gibt ihm Zeit aufzuwachen und mir auch. Ciao!» Sie wartete nicht auf seine Antwort, blinzelte kurz in die Sonnenstrahlen, die durch die Balkontür fielen und den gelben Tulpenstrauß aufleuchten ließen, kehrte dann langsam ins Schlafzimmer zurück.
Als sie neben Angelo unter die Bettdecke schlüpfte, zog er sie so heftig an sich, dass sie kaum atmen konnte. Eingehüllt von seiner Wärme und seinem Duft lag sie da, wagte nicht, sich zu bewegen. Er stieß ein zufriedenes Brummen aus, dann wurde sein Atem wieder tief und regelmäßig. Vorsichtig versuchte Laura sich etwas bequemer auszustrecken, denn ihr rechter Arm begann bereits nach wenigen Minuten abzusterben. Als sie sich endlich in eine halbwegs angenehme Lage gearbeitet hatte, war sie hellwach, aber sogar dankbar dafür.
Mit allen Körperzellen spürte sie, dass er neben ihr lag, dass er tatsächlich hier war, konnte der heftigen Umarmung der letzten Nacht noch einmal nachspüren. Ein wildes Sich-gegenseitig-in-Besitz-Nehmen war es gewesen – lautlos, der Kinder wegen –, fast unzärtlich. Aber Sofia und Luca würden ohnehin wissen an diesem Morgen. Seltsamerweise hatte Laura in diesem Augenblick keine Angst mehr vor der Reaktion ihrer Kinder. Angelo war wichtiger als ihre Ängste. Sie würden es aushalten.
Als Laura gegen Mittag das Frühstück zubereitete, war sie sich ihrer Einsichten vom Morgen nicht mehr ganz so sicher, denn weder Luca noch Sofia tauchten auf, während Angelo und sie selbst längst angezogen waren und sich unterhielten. Obwohl Laura wieder diese diffuse Unruhe spürte, die sie jedes Mal überfiel, wenn sie daran dachte, wie Luca und Sofia die Sache mit Angelo aufnehmen würden, genoss sie es gleichzeitig, diese erste Tasse Cappuccino ungestört trinken zu können. Allein mit Angelo. Er stellte sich auf den kleinen Balkon und sah den Tauben auf den Dächern zu. Als er in einer winzigen Lücke zwischen den Häusern, kaum wahrnehmbar, zart hellblau wie eine Aquarellskizze, ein Stück der Alpen entdeckte, wurde er ganz aufgeregt.
«Guardi!», rief er.
«Wohnung mit zwei Zentimeter Alpenblick», lachte Laura. «Deshalb ist die Miete so hoch!»
«Ist sie hoch?» Er drehte sich um, sah sie ernst an, und Laura dachte, dass trotz ihrer langen Trennungen etwas Vertrautes zwischen ihnen schwang.
«Es geht», lächelte sie, «ich kann’s gerade noch bezahlen.»
«Gerade noch?» Er war besorgt.
«Nein, ganz gut. Das Gehalt einer Hauptkommissarin ist nicht ganz schlecht. Es war ein Scherz, Angelo.» Dann erzählte sie ihm von der neuesten Entwicklung ihres Falles und bereitete ihn darauf vor, dass sie in spätestens einer Stunde fortmusste.
«Mach dir keine Gedanken um mich. Ich werde mir München ansehen.» Er sprach leichthin, versuchte, seine Enttäuschung zu verbergen.
«Es wird nicht lange dauern, Angelo. Der Unterschied zu Siena liegt eben darin, dass München eine Millionenstadt ist. Da werden mehr Leute umgebracht, einfach, weil es mehr Leute gibt!»
«Hoffentlich machen die an Ostern Pause», seufzte er und kam sich ein wenig provinziell vor.
«Keine Angst! Ich habe offiziell gar keinen Dienst. Aber der Fall, an dem ich gerade arbeite, ist ziemlich diffizil. Ich möchte die Ermittlungen nicht ganz meinem Mitarbeiter überlassen. Er neigt zu den einfacheren Lösungen.»
«Commissario Baumann?»
«Ja, Commissario Baumann. Er ist gut, aber manchmal denkt er zu sehr geradeaus, wenn du verstehst, was ich meine. Er hat ein bisschen zu wenig Phantasie.»
«Mein
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