Die Löwin aus Cinque Terre: Laura Gottbergs dritter Fall
werden mit Sicherheit rechtzeitig kommen. Haben Sie übrigens nicht gehört, wie Ihr Schwager aufgestanden ist und in den Garten ging?»
«Nein, ich hatte eine starke Schlaftablette genommen. Aber das habe ich alles bereits Ihrem jungen Kommissar erzählt. Kommunizieren Sie nicht miteinander?»
Jetzt hat sie sich wieder im Griff, dachte Laura. Interessante Wandlungen.
«Doch, wir kommunizieren durchaus. Aber ich habe eigentlich frei, und deshalb beobachte ich die Ermittlungen. Wie gesagt, mein Team ist sehr gut. Mich würde noch etwas interessieren. Kannte Ihr Schwager Valeria Cabun?»
«Ja, flüchtig eben. Wie man ein Au-pair-Mädchen kennt.»
«Wie kennt man ein Au-pair-Mädchen?»
Renata Denner seufzte, schloss die Augen. «Eben so am Rande. Sie ist für die Kinder da, und manchmal sieht man sie in der Küche. Sebastian war kein regelmäßiger Gast in unserem Haus. Er kam nur hin und wieder.»
Als Renata Denner Lauras nachdenklichen Blick auf sich spürte, wandte sie das Gesicht ab.
«Gibt es Freunde, die sich um Sie kümmern könnten, oder brauchen Sie Hilfe?» Laura hielt sich an ihre Aufgaben, wollte sich keinerlei Blöße geben.
«Ich werde zu meiner Schwiegermutter fahren», erwiderte die Ärztin knapp. «Sie weiß noch nicht einmal, dass Sebastian tot ist. Meinem Mann kann ich es nicht sagen. In seinem Zustand könnte das zu schweren Komplikationen führen.»
Kein Wort über die Kinder, dachte Laura, als sie mit Guerrini das Haus verließ.
«Eine merkwürdige Frau.» Angelo drehte sich um und schaute zum Haus zurück. «Ich habe ja nichts verstanden, aber es war sehr interessant, sie zu beobachten. Ich glaube nicht, dass sie wirklich so aufgelöst ist, wie es den Anschein hatte.»
«Das glaube ich auch nicht. Fragt sich nur, warum? Grund genug hätte sie eigentlich!»
Kommissar Baumann und Andreas Havel warteten bereits ungeduldig auf Laura. Als sie das Dezernat betrat, begannen sie gleichzeitig zu sprechen, brachen ab, wechselten einen Blick, dann setzte Havel erneut an. «Glaubst du, dass Geister Telefonkarten mit sich herumtragen?»
«Keine Ahnung!», erwiderte Laura. «Ich kenne die Gewohnheiten von Geistern nicht so genau.»
«Also, wenn Valeria Cabun der Dame Denner als Geist erschienen ist, dann hat sie dabei eine italienische Telefonkarte verloren. Es ist das einzige Hinweisstück, das wir im Dennerschen Garten gefunden haben. Eine Karte ohne Fingerabdrücke. Es deutet auch nichts darauf hin, dass das Opfer in diesem Garten erstochen und in den Bach geworfen wurde. Das Grundstück wird zwar vom Eisbach begrenzt, aber der Kinder wegen gibt es vor dem Ufer einen hohen Drahtzaun. Die Tür im Zaun war abgeschlossen. Wir haben keine Schleifspuren oder sonstigen Hinweise gefunden, und Frau Denner behauptet, gar nicht zu wissen, wo der Schlüssel ist.»
«Glaubst du ihr das?» Laura wandte sich an Peter Baumann, der mit seinen Fingern einen nervösen Trommelwirbel auf seine Schreibtischplatte klopfte.
«Ich glaube im Augenblick niemandem etwas. Mir kommt es vor allem seltsam vor, dass sowohl Denner als auch seine Frau behaupten, die tote Valeria gesehen zu haben. Da erlaubt sich doch jemand einen finsteren Scherz mit den beiden.»
«Es gibt auch Projektionen», sagte Laura nachdenklich.
«Was?»
«Projektionen! In diesem Fall würde es bedeuten: Man sieht etwas, vor dem man sich fürchtet. Und das wiederum würde bedeuten, dass die Denners etwas mit Valerias Tod zu tun haben.»
«Oder auch nicht», warf Havel ein. «Vielleicht will jemand sich an ihnen rächen, weil er meint, dass die Denners Valeria etwas angetan haben. Roberto Malenge zum Beispiel oder …»
«Und woher kommt die Reinkarnation Valerias?»
«Na, es gibt doch jede Menge hübscher dunkelhaariger Frauen», grinste Baumann.
«Und eine von denen ist bereit, einen Mann zu erschrecken, während jemand von hinten ein Messer in seinen Rücken stößt. Das glaubst du doch selbst nicht. Außerdem: Wie kommt der Bruder von Denner ins Spiel? Wieso wird er umgebracht?»
Baumann begann wieder zu trommeln.
«Hör auf», sagte Havel. «Du machst mich nervös!»
Baumann zog seine Hand von der Schreibtischplatte zurück, seufzte.
«Ich habe keine Ahnung, was da los ist. Aber es muss etwas mit dieser komischen Luxusabsteige im fünften Stock zu tun haben.»
«Hast du inzwischen den Mieter aufgetrieben?» Ganz unbewusst begann nun Laura, mit dem Zeigefinger auf Claudias Schreibtisch zu klopfen. Als sie Havels verzweifelten Blick
Weitere Kostenlose Bücher