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Die Löwin von Aquitanien

Die Löwin von Aquitanien

Titel: Die Löwin von Aquitanien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Kinkel
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Bedingungen beugte und dafür die Genugtuung hatte, den König von England ohne Kampf aus Toulouse vertrieben zu haben?
    »Ehe ich es vergesse«, sagte Henry, der Louis’ Mienenspiel beobachtet hatte, beiläufig, »ich erwarte natürlich, daß Ihr Eurer Marguerite gleich eine Mitgift gebt - wir beide werden noch sehr lange leben, hoffe ich. Also, was haltet Ihr von dem Vexin? Es bietet sich an, oder?«
    Das Vexin war seit etwa hundert Jahren in das sogenannte ›normannische Vexin‹ und das ›französische Vexin‹ geteilt, da es direkt an der Grenze zwischen Frankreich und der Normandie lag. Louis versteifte sich, denn das französische Vexin als Mitgift zu übergeben, hieß, Henrys Truppen nur fünfzig Meilen Entfernung vor Paris zu haben.
    Er schaute über seine Schulter zurück auf Toulouse. Eine Belagerung konnte furchtbar sein, er hatte Frieden versprochen, und was, wenn Henry seine Drohung wahrmachte und nach Paris marschierte?

    »Gut«, gab er nach. »So soll es sein.« Henry zügelte seinen Hengst, der unruhig geworden war. »Dann kehren wir doch am besten gleich zurück und überbringen allen die freudige Botschaft«, sagte er. »Es wäre unchristlich, die armen Seelen weiter zappeln zu lassen, nicht wahr?«
    Louis fühlte sich unfähig, ihm zu antworten oder länger gelassen zu bleiben, wendete sein Pferd wortlos und ritt in Richtung Toulouse.
    Henry galoppierte sehr viel schneller zu seinem Lager, schwang sich dort vor dem wartenden Kanzler aus dem Sattel und umarmte ihn lachend. »Er hat es geschluckt, Thomas, er hat es tatsächlich geschluckt! Paris! Herrgott, das war ein göttlicher Einfall von dir!«
    Thomas Becket ließ sich von dem Enthusiasmus des Jüngeren mit-reißen.
    »Und die Bretagne?«
    »Die Bretagne, das Vexin, er hat mir alles zugestanden. Das muß gefeiert werden!« Er schüttelte den Kopf.
    »Armer Louis. Da kommt er unfreiwillig auf die beste Strategie seines Lebens, bringt mich in eine teuflische Zwickmühle, und anstelle sie auszunutzen, läßt er zu, daß ich ihn schamlos erpresse. Nun, einmal wenigstens wird er mich schlagen - wenn wir sterben, wird er ohne Umschweife ins Paradies kommen, während ich zur Hölle fahre.«
    »Ich glaube, sogar dann schlagt Ihr ihn«, versetzte Becket lächelnd, »es wäre doch gelacht, wenn wir nicht auch den Teufel überlisten könnten.«
    »Wir?« fragte Henry mit hochgezogenen Augenbrauen. »Rechnest du nicht auf das Paradies deines Glaubens, Thomas?«
    »Als Euer geschworener Mann«, sagte sein Freund, »kann ich Euch nach dem Tod doch nicht im Stich lassen.«
    Henry schlug ihm auf die Schultern. »So sei es. Und jetzt gehen wir und sagen meinen Soldaten, daß wir Toulouse nicht angreifen werden, weil - mein Lehnsherr sich darin aufhält!«

    Woodstock war in England Alienors Lieblingsresidenz. Henry hatte den Palast dort eigens für sie ausgebaut, kunstvolle Wandmalereien angeordnet, die den Mosaiken nachempfunden waren, die Alienor auf dem Kreuzzug gesehen hatte; ein herrlicher Park, der als Labyrinth angelegt war, umgab das Schloß. Im Herbst 1161 besuchte sie dort ihre älteste Tochter Marie.
    Marie war nun siebzehn Jahre alt und gerade ein Jahr mit Henri de Blois, dem Grafen der Champagne, verheiratet; die Vermählung ihrer jüngeren Schwester Alix mit Thibaud de Blois hatte gleichzeitig stattgefunden. Der Graf gestand Marie die Freiheit zu, zu kommen und zu gehen, wohin sie wollte. Sie hatte bereits begonnen, wunderschöne Gedichte und Lieder zu verfassen, und liebte das lebhafte Hofleben bei ihrer Mutter.
    Sie verbrachte viel Zeit mit ihren jüngeren Halbgeschwistern. Zu Henry, Richard, Geoffrey und Mathilda war im letzten Jahr Alienor die Jüngere gekommen, die von ihrer Mutter jedoch mit dem Namen der längst verstorbenen Gemahlin Guillaumes X, Aenor, genannt wurde. Henry allerdings war inzwischen der Obhut Thomas Beckets übergeben worden, der sein Erzieher und Lehrer sein sollte.
    Marie hing an allen ihren Geschwistern, besonders aber an dem temperamentvollen Richard, der wie sie Alienors Hang zur Musik und zur Poesie geerbt hatte und sich von ihr begeistert endlose Geschichten erzählen ließ, die Sagen von König Artus, Legenden von Rittern und Drachen und Kämpfen und Märchen, die sie sich selbst ausdachte. Gerade schilderte sie ihm einige Abenteuer während des Kreuzzugs ihrer Eltern, als Alienors Hofdame Denise, die sie seit ihrer Zeit in Frankreich nicht verlassen hatte, Marie zu ihrer Mutter rief.
    »Erzähl mir noch, was

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