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Die Loewin von Mogador

Die Loewin von Mogador

Titel: Die Loewin von Mogador Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Drosten
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Säcke und rollten Fässer zwischen Schiffen
und Lagerhäusern hin und her, und der Hafenmeister stand neben dem Kapitän
einer amerikanischen Fregatte und prüfte, ob die auf den Papieren deklarierte
Anzahl Baumwollballen mit der tatsächlich gelieferten Menge übereinstimmte.
    „Ich vermisse Sabri“, seufzte Emily. Seit
ihrer Rückkehr von Lissabon bestand seine Familie darauf, dass sie nach
arabischem Brauch bis zur Hochzeit getrennt voneinander in ihren Elternhäusern
lebten. Sie durften sich nicht einmal besuchen.
    „Wenn du mit deiner künftigen Familie in
gutem Einvernehmen leben willst, musst du die Sehnsucht wohl oder übel
aushalten - Vorsicht!“ Sibylla griff Emilys Arm und zog sie unter einer
gefährlich trudelnden Kiste weg, die direkt über ihnen von einem dänischen
Segler schwebte.
    „Ich freue mich so, dass Onkel Oscar und
seine Familie zu unserem Fest anreisen!“, sagte Emily, als sie die Gefahr
passiert hatten. „Nur für Großmutter Mary ist die lange Fahrt zu anstrengend,
aber ich werde sie ja bald kennenlernen.“ Emily und Sabri wollten ihre
Hochzeitsreise nämlich nach London machen und ein Jahr dort bleiben, damit
Sabri sich als Arzt weiterbilden und Emily ihr Malstudium absolvieren konnte.
    „Die Zimmer für Oscars Familie müssen auch
noch hergerichtet werden. Ich weiß wirklich nicht, wie wir alles rechtzeitig
schaffen sollen!“, seufzte Sibylla, als sie, gefolgt von Emily, die Lagerhalle
betrat. „Wartest du? Ich bin gleich wieder da.“
    Während Sibylla die Treppe in den ersten
Stock hinauflief, ertönte vom Minarett der Ruf des Muezzins, und die Halle
leerte sich, wie das ganze Hafengebiet, von wenigen christlichen Seeleuten
abgesehen, in Windeseile.
    Emily lehnte sich gegen einen Stapel
Lederhäute und strich verträumt mit den Handflächen über das glatte weiche
Material. Sie dachte an Sabri und daran, wie sehr sie ihn liebte. So sehr, dass
sie auch das Schlimmste ausgehalten hätte, und das bedeutete für Emily, für
immer von Mogador und ihrer Familie getrennt sein zu müssen.
    Schon als sie ihm nach seiner Rückkehr aus
London hier am Hafen gegenübergestanden hatte, und er sie mit seinen dunklen
Augen so durchdringend angesehen hatte, hatte sie gespürt, dass er der Richtige
war. Seit sie geheiratet hatten, war sie ganz sicher. Sie hätte nie erwartet,
dass es so wunderbar war, Mann und Frau zu sein – ein Fleisch, wie Kapitän
Comstock es bei der Trauung aus der Bibel vorgelesen hatte. Sie schloss die
Augen und erinnerte sich an ihre erste gemeinsame Nacht in der Kapitänskajüte,
die Comstock ihnen überlassen hatte. Sie dachte an Sabris Arme, die sie fest
umschlungen hatten und ihr sagten, dass sie von nun an ihm gehörte; an seinen
Mund, der nicht nur ihren Mund mit Lippen und Zunge liebkost hatte, sondern
auch alle anderen Stellen ihres Körpers, besonders die, wo ihre
überwältigendsten Empfindungen wohnten. Seltsam gierige Lust hatte sie gepackt,
als er sie voller Zärtlichkeit an diesen verborgenen Stellen berührt und dann
sein Glied in sie geschoben hatte, bis es sie ganz ausgefüllt hatte…
    Das Tor zur Lagerhalle knarrte leise in den
Angeln. Emily drehte sich um und bemerkte, wie es langsam und vorsichtig
aufgezogen wurde. Ein menschlicher Schatten fiel durch den Spalt, verharrte
einen Moment und schob sich dann ganz hindurch. Ein hochgewachsener Mann in
schwarzer Djellaba und schwarzem Turban durchquerte die Halle und stieg die
Holztreppe hinauf, so rasch und zielstrebig, dass er Emily nicht bemerkte. Er
eilte den Gang entlang bis zur Bürotür ihrer Mutter. Dort blieb er stehen und
blickte noch einmal über die Schulter in die Halle. Emily verharrte
mucksmäuschenstill im Halbdunkel neben der Palette. Ihre Nackenhärchen sträubten
sich, als sie entdeckte, dass der Fremde sein Gesicht bis auf einen schmalen
Schlitz für die Augen verhüllt hatte. Wer war der Mann? Er trug arabische
Kleidung und befand sich doch nicht beim Freitagsgebet in der Moschee. Mit
angehaltenem Atem verfolgte sie, wie der Fremde eine Hand hob und an die
Bürotür pochte. Sie hörte gedämpft die Stimme ihrer Mutter, die den Mann
hereinbat. Er öffnete die Tür und verschwand im Büro.
    In Emilys Bauch kribbelte es, halb ängstlich,
halb neugierig. Lautlos huschte sie zur Treppe, stieg die Stufen empor und
tappte auf Zehenspitzen zu der verschlossenen Tür, hinter der das Büro ihrer
Mutter lag. Drinnen hörte sie undeutliches Stimmengemurmel. Sie zögerte, wohl
wissend, dass es

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