Die Löwin
zufrieden zu sein, doch da er fast unvermittelt weitersprach, blieb Rodolfo keine Zeit, darüber nachzudenken.
»Was wisst Ihr von der Capitana? Will sie weiterhin den Tod ihres Vaters rächen?«
Rodolfo zuckte hilflos mit den Schultern. »Verzeiht, Marchese, doch ich kenne die geheimen Gedanken der Tedesca nicht und weiß daher nicht zu sagen, was sie plant.«
»Sie ist nicht nur Monte Eldes Tochter, sondern auch eine halbe Italienerin und müsste daher das Wort Vendetta kennen!« Olivaldi erhob sich und wanderte erregt an der Tischreihe entlang und wieder zurück. »Gian Galeazzo hat geschworen, nichts mit dem Tod Monte Eldes zu tun zu haben, doch ich traue einigen Leuten in seiner Umgebung nicht. Wer bereit ist, die schlimmste Schande über die Enkelin eines engen Verbündeten zu bringen und damit auch dessen Ehre zu beschmutzen, ist auch zu einer solchen Tat fähig. Sagte ich eben Verbündete? Vergesst dieses Wort! Vasall ist hier eher angebracht. Anders behandeln die Mailänder mich und einige meiner Freunde nicht mehr.«
Für einen Augenblick konnte Rodolfo sehen, dass Olivaldi innerlich vor Zorn glühte, und seine Ahnung, dass der Marchese am Sinn seines Bündnisses mit Mailand zweifelte, verstärkte sich. Unwillkürlich fragte er sich, ob die Vertrauten und Boten Gian Galeazzos mit dem Marchese ähnlich umgesprungen waren wie Ugolino Malatesta mit ihm. »Glaubt Ihr, dass Mailand doch hinter dem Mord an Monte Elde steht?«
»Dafür fehlen mir die Beweise. Ich habe jedoch nachforschen lassen und erfahren, dass die Pferde, die Francesco und Giacomo di Monte Elde geritten haben, von ein paar Kerlen in Barga verkauft wurden. Dabei wurde einer der Männer erkannt. Er soll ein Viehhirte und Räuber aus der Romagna sein. Den würde ich gerne selbst befragen. Wollt Ihr versuchen, ihn für mich zu fangen?«
Etwas verwundert, dass Olivaldi den Mördern Monte Eldes so viel Aufmerksamkeit zukommen ließ, nickte Rodolfo. »Wenn das Euer Befehl ist, werde ich es tun.«
»Befehlen könnte ich Euch, mit Euren Lanzen gegen Montese oder Piandesetta vorzurücken, doch einem Mann nachzuspüren, der sich als Phantom erweisen kann, das ist etwas anderes. Ihr müsstet in der nächsten Zeit darauf verzichten, Ruhm zu erwerben, und das fällt jungen, ehrgeizigen Männern wie Euch nicht leicht.«
Rodolfo sprang auf und kniete vor dem Marchese nieder. »Ihr seid mein Herr und ich habe Euch Treue geschworen. Was Ihr mir befehlt, werde ich ausführen!«
»Selbst wenn Ihr einen feigen Mord für mich begehen müsstet?«
Rodolfo wurde blass, und das reizte Olivaldi zu einem Auflachen. »Nein, dass würdet Ihr nicht tun, denn ganz gleich, was Euer Oheim oder Ugolino Malatesta auch über Euch sagen mögen, Ihr seid ein Mann von Ehre. Geht und bringt mir diesen Räuber – und findet auch seine Hintermänner heraus. Kein Condottiere wird ohne Grund umgebracht, und es gibt in ganz Italien keinen Banditen, der sich um ein paar Münzen willen mit der Eisernen Kompanie anlegt. Söldner sind ein raues Volk, und wer ihnen in die Hände fällt, kann seine Seele nur noch Gott empfehlen. Monte Elde und sein Sohn hatten auf jenem Ritt gewiss keine Reichtümer bei sich – und ihre Pferde waren bekannt. Ich an ihrer Stelle hätte die Gäule getötet und in die nächste Schlucht geworfen, anstatt sie zu verkaufen.«
Während der Marchese seine unruhige Wanderung durch den Saal wieder aufnahm, fragte Rodolfo sich, in was für eine Lage ihn der Auftrag des Marchese versetzen mochte. Er würde nur wenige Begleiter mitnehmen können, Gaetano wahrscheinlich und zwei, drei andere; der Rest würde unter Marianos Kommando hier bleiben müssen. Natürlich konnte er auf dieser Suche keinen Ruhm erringen, aber die Zufriedenheit seines Herrn war unter den gegebenen Umständen wichtiger. Zudem war es eine Möglichkeit, über die Tedesca zu triumphieren. Er versuchte, sich Caterinas Gesicht vorzustellen, wenn er ihr sagen konnte, dass er den Mörder ihrer Familie ausfindig gemacht oder gar gefangen hatte.
Dabei fiel ihm ein, dass er beinahe eine wichtige Nachricht unterschlagen hätte. »Verzeiht, Marchese, aber da gibt es noch etwas zu berichten. Während unserer Flucht sind Gaetano und ich südlich von Siena auf die Eiserne Kompanie gestoßen. Sie zog auf Bergpfaden in nordwestlicher Richtung und sie marschierte schnell.«
»Südlich von Siena sagt Ihr?« Olivaldi befahl einem Diener, eine Karte zu holen und auf dem Tisch auszubreiten. Als der Mann die
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