Die Löwin
folgte ihr, als diese aus dem Gebüsch kroch und die Straße entlangstolperte, die Malatesta und seine Leute benutzt hatten. Nach kurzer Zeit erreichten sie einen Kreuzweg, an dem kein Stein mit einer Aufschrift oder ein anderes Wegzeichen zu finden war, und sie wussten nicht, wohin sie sich wenden sollten. Auch die Spuren der Pferde halfen ihnen nicht weiter, denn die Reiter hatten sich hier getrennt.
Caterina versuchte, anhand des Sonnenstands und der Schatten der Bäume abzuschätzen, welcher Weg weiter nach Westen führen mochte, und entschied sich kurzerhand für den linken. Ganz wohl war ihr bei dieser Wahl nicht, und als sie kurz darauf Pferdehufe trappeln hörten, befanden sie sich in einem schmalen Hohlweg, in dem es keinen Busch oder Felsen gab, hinter dem sie sich hätten verstecken können. Davonlaufen konnten sie ebenfalls nicht, daher zogen sie ihre Dolche und hielten sie zwischen den Fetzen ihrer Röcke versteckt.
Die Reitergruppe, die kurz darauf auftauchte, wirkte kaum weniger abgerissen als Caterina und Bianca und glich trotz ihrer Bewaffnung eher einer Räuberbande als Söldnern einer anerkannten Kompanie. Der Mann an der Spitze entdeckte sie sofort, stieß einen Ruf aus und trieb seinen Gaul an. Da es keinen Ausweg mehr gab, blieb Caterina stocksteif stehen und umklammerte ihren Dolch, um ihr Leben und ihre gerade erst wiedergewonnene Freiheit so teuer wie möglich zu verkaufen. Dann erkannte sie Rodolfo d’Abbati und fletschte die Zähne. Von diesem Parteigänger Viscontis hatte sie nichts anderes zu erwarten, als zu Malatesta geschleppt zu werden. Gegen ein knappes Dutzend Männer konnten sie und Bianca nichts ausrichten, und sie schwankte einen Augenblick, ob sie den Dolch sofort gegen sich richten oder versuchen sollte, zumindest noch diesen unverschämt grinsenden Kerl mit sich zu nehmen, der gerade vor ihr aus dem Sattel sprang.
Rodolfo breitete die Arme aus, packte Caterina um die Taille und schwang sie im Kreis. »Dem Himmel sei Dank! Du bist frei!« Den Dolch in ihrer Hand schien er gar nicht zu bemerken.
Caterina hob die Waffe, um sie ihm in die Brust zu stoßen, doch Gaetano, der im Gegensatz zu seinem Anführer die Übersicht behalten hatte, griff aus dem Sattel herab zu und entwand ihr die Waffe. Wütend schlug sie zu, um sich aus Rodolfos Griff zu befreien, und als ihr das nicht gelang, versuchte sie, ihm das Gesicht zu zerkratzen. »Du wirst mich nicht an Malatesta ausliefern!«
»Aber das will ich doch gar nicht!« Der junge Edelmann umklammerte Caterinas Handgelenke und wirkte so hilflos, dass Gaetano lachen musste.
Bianca begriff, dass ihre überreizte Freundin keinem vernünftigen Wort mehr zugänglich war, und verpasste ihr eine kräftige Ohrfeige. Dann knickste sie so anmutig vor Rodolfo, wie es ihr in dem schmutzigen, zerrissenen Kleid nur möglich war. »Signore, wenn Ihr ein wahrer Edelmann seid, legen wir unser Schicksal vertrauensvoll in Eure Hand.«
Caterina hatte vor Schreck tief Luft geholt, sich aber ein wenig beruhigt. Nun stieß sie die Luft verächtlich durch die Nase und bückte sich nach ihrem Dolch, den Gaetano hatte fallen lassen. Dieser wollte sie daran hindern, doch Rodolfo befahl ihm, sie in Ruhe zu lassen. »Die Capitana soll sehen, dass wir es ehrlich meinen.«
Dabei griff er an seine Wangen, auf denen Caterinas Fingernägel deutliche Spuren hinterlassen hatten, und verzog schmerzhaft das Gesicht. Nach einem tiefen Atemzug verbeugte er sich mit einem nahezu fassungslosen Lächeln vor Caterina. »Signorina, ich entschuldige mich für alles, was ich je über Euch gedacht oder gesagt habe. Kein einziges Wort davon wurde Euch wirklich gerecht.«
Caterina blickte ihn misstrauisch an und hielt die Dolchklinge drohend in seine Richtung. »Ihr kommt nicht von Malatesta, um uns zu verfolgen und zu fangen?«
»Nein! Gott ist mein Zeuge! Seit ich erfahren habe, dass Borelli und Malatesta einen Anschlag auf Euch planen, habe ich unternommen, was ich konnte, um Euch zu finden und zu warnen. Der Madonna sei Dank, dass ich Euch unversehrt vor mir sehe.«
»Ganz so unversehrt nicht, Conte. Hinter mir und Bianca liegen viele ermordete Freunde und etliche grauenvolle Tage, aber auch zwei tote Schurken, nämlich Borelli und sein Vetter Ranuccio, die die gerechte Strafe des Himmels ereilt hat.« Caterina spürte, wie auch ihre seelische Kraft nun nachließ, und konnte die Tränen nicht mehr zurückhalten.
Da sie taumelte und in die Knie zu brechen drohte, griff
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