Die Löwin
zur Herrschaft Eldenberg hinzuzukaufen. Durch diese Erbschaft würde sie zwar nicht reich, aber wenigstens unabhängig werden. In dem Augenblick schob sich das Gesicht Ludwig von Greblingens in ihre Gedanken, der in Deutschland ihr nächster Verwandter war, und sie schüttelte angewidert den Kopf. Den musste sie sich ebenfalls vom Leib halten, denn er würde alles tun, um seinen Vorteil aus der Situation zu ziehen. Wahrscheinlich würde er sich zu ihrem Vormund machen lassen, da sie ja nur eine Frau und noch dazu unverheiratet war. »Dem werde ich zu begegnen wissen!«
»Was meint Ihr, Herrin?«
Malles erstaunte Frage brachte Caterina darauf, dass sie ihre letzte Überlegung laut ausgesprochen hatte. »Nichts von Bedeutung, meine Gute!«, antwortete sie mit einem Lächeln, dem jede Wärme fehlte. »Kannst du nachsehen, wie weit der Koch mit dem Mahl ist, und die Pagen rufen, die das Zelt für das Abendessen herrichten sollen? Achte auch darauf, dass die Herren nicht zu spät erscheinen. Ich will nicht warten müssen.«
»Sehr wohl, Jungfer.« Malle machte keinen Hehl daraus, dass sie sich gekränkt fühlte, weil Caterina sie nicht in ihre Überlegungen einweihen wollte. Als sie aus dem Zelt trat, seufzte sie ein wenig, denn sie musste daran denken, dass das Schicksal von mehr als tausend Kriegern und Knechten nun in den zarten Händen ihrer Herrin lag. Gleich darauf lachte sie über sich selbst. Caterina hatte zwar hübsche Hände, die ein Dichter wohl auch zart nennen würde, doch sie vermochte damit sehr fest zuzupacken. Borelli und dieser fremde Graf würden aufpassen müssen, dass sie gegen Caterina nicht ins Hintertreffen gerieten. Zu was ihre Herrin fähig war, hatte sie schon bewiesen, als sie allein und ohne Hilfe der Wolfsgrube in Rechlingen entkommen war.
7.
D ie Tafel war festlich gedeckt, die Trommelbuben und Flötenspieler der Kompanie spielten eine forsche Weise und Caterina thronte auf ihrem Platz wie eine Königin. Zumindest empfand Rodolfo dies so, als er in seinen ledernen Hosen und dem schon etwas abgeschabten Wams eintrat. Die übrigen Gäste waren bereits eingetroffen, und so sah er etliche Augenpaare auf sich gerichtet. Den Platz links neben Caterina hatte sich Borelli gesichert, ihm schräg gegenüber saß der zu kurz geratene deutsche Unteroffizier, der so angespannt wirkte wie ein Hütehund, der einen Wolf wittert. Seine unterschwellige Feindseligkeit galt aber, wie seine Blicke verrieten, weniger dem in seinen Augen wohl unwillkommenen Gast als vielmehr Borelli. Außer den beiden Männern, die einander sichtlich verachteten, waren der Zahlmeister, der Profos und die wenigen Offiziere anwesend, die nicht dem Beispiel der Deserteure um Lanzelotto Aniballi gefolgt, sondern bei der Kompanie geblieben waren.
Rodolfo versuchte, ein Lächeln zu verbergen, als Borelli ihn mit sichtlicher Freude begrüßte, während Steifnacken schon die Stelle an ihm zu suchen schien, in die er seinen Dolch stoßen konnte. Auch die übrigen Offiziere musterten ihn, als würden sie ihn am liebsten zum Lagertor hinausprügeln. Rodolfo fragte sich, was hier eigentlich vorging. Borelli hatte ihm gegenüber so getan, als müsse er die Kompanie nur noch nach Mailand führen. Jetzt aber spürte Rodolfo Spannungen zwischen den Männern, die jederzeit in Handgreiflichkeiten oder gar Mord und Totschlag ausarten konnten.
»Wollt Ihr nicht eintreten, Conte?«
Caterinas Frage erinnerte Rodolfo daran, dass er noch immer im Zelteingang stand. Mit einem Lächeln, das sich wie von selbst auf seine Lippen stahl, ging er auf sie zu und verneigte sich. »Verzeiht, Signorina, doch Euer Anblick hat meine Augen und meinen Verstand so geblendet, dass ich schier zu Stein erstarrt bin.«
Seine Worte waren mehr als Ausrede denn als Kompliment gedacht gewesen, doch zu Rodolfos heimlichem Vergnügen errötete die deutsche Jungfer wie ein kleines Mädchen, während die energische Dienerin ihn mit einem vernichtenden Blick maß und auf einen leeren Klappstuhl wies. Er nickte ihr artig zu, setzte sich auf den freien Platz zu Caterinas Rechten und schenkte den anwesenden Männern einen freundlichen Gruß, der von einigen brummig und von Steifnacken mit einem Zähnefletschen beantwortet wurde. Rodolfo beobachtete, dass die Augen des Schwaben zwischen ihm und Monte Eldes Neffen hin- und herwanderten, als suchten sie nach Zeichen geheimen Einverständnisses. Offensichtlich war Borellis Macht über die Kompanie keineswegs so unangefochten, wie
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