Die Löwin
Eldenberg und Spross eines alten, stolzen Geschlechts. Macht ihm Ehre!«
»Wem, meinem Vater oder meiner Sippe?«
»Beiden!«, antwortete Malle im Brustton der Überzeugung und wies zum Zelteingang. »Setzt Euch schon auf Euren Frisierstuhl. Ich komme gleich, um Euch zurechtzumachen. Vorher will ich dem Boten des Herzogs Bescheid geben lassen, dass er Euch in wenigen Augenblicken sprechen kann.«
8.
T rotz der guten Pferde benötigte die Gruppe, die aus Caterina, Amadeo Caetani und dreißig Mann Leibwache bestand, etliche Tage bis nach Molterossa, aber das störte Caterina nicht. Sie genoss jeden Augenblick des herrlichen Ritts. Kleine, pittoreske Dörfer, sanfte Hügel mit Olivenhainen und Weinbergen und schroffe Felsenlandschaften wechselten einander ab, und als sie schließlich das kleine Reich des Herzogs erreichten, begrüßte sie eine mächtige Burg, die sich in einem See spiegelte, dessen Wasser ebenso blau schimmerte wie der Himmel. Das Städtchen zu Füßen der Burg wirkte friedlich, doch die Tore wurden von Männern bewacht, die wie zu einem Feldzug gerüstet waren. Sie gaben dem bewaffneten Trupp erst den Weg frei, als sie Amadeo Caetani erkannt hatten.
Während die Gruppe durch die Stadt ritt, musterte Caterina die Menschen, die hier lebten. Die Leute schienen neugierig zu sein, waren aber auch sichtlich auf Abstand bedacht. Man warf Amadeo zwar interessierte Blicke zu, doch niemand begrüßte ihn so, wie es sich für den Erben des Herzogs gehörte, und die Frauen und Mädchen schenkten ihm auch keine Kusshände. Unwillkürlich fragte Caterina sich, ob Rodolfo hier genauso kühl empfangen worden wäre, und musste sich eingestehen, dass ihn höchstwahrscheinlich ein Spalier fröhlich winkender Menschen erwartet hätte. Gleichzeitig ärgerte sie sich über diese Erkenntnis wie auch über die Tatsache, dass der Mann sie überhaupt beschäftigte. In ihren Augen war Rodolfo ein Nichtsnutz, auch wenn er sich mit dem Titel eines Grafen d’Abbati schmücken konnte.
Ihre Anspannung wuchs, und sie fieberte dem Augenblick entgegen, in dem sie dem Herrn dieses Landes gegenübertreten würde. Vorerst musste ihre Neugier sich mit der Burg begnügen. Diese war vor mehreren Jahrhunderten erbaut worden, und jede Generation der Caetani von Molterossa hatte nach Amadeos Worten die Anlage umgebaut, erweitert und verschönert. Während die von wuchtigen Türmen gekrönten Mauern immer noch wehrhaft und uneinnehmbar wirkten, hatte man den Palas modern und luxuriös eingerichtet. Davon konnte Caterina sich überzeugen, als sie durch das mächtige Portal trat. Zu ihrer Überraschung barg das Gebäude weite, luftige Hallen, deren Wände mit exotischen Teppichen und Holzpaneelen geschmückt waren. Fenster aus dickem Glas hielten die Zugluft fern, die Caterina auf Eldenberg so zu schaffen gemacht hatte, und die Fußböden waren entweder mit Parkett oder dicken Teppichen sarazenischer Herkunft belegt. Die Tische wirkten weniger schwerfällig als in der Heimat, von den Stühlen waren viele gepolstert, und Bilder mit Heiligen und Bibelszenen an den Wänden zeigten, dass der Herr dieser Pracht einen ausgeprägten Sinn für Kunst und Religion besaß.
Man hatte Caterina und Amadeo in einen weiteren Saal geführt, und da die Diener sich ein wenig in den Hintergrund zurückzogen, blieb ihr ein wenig Zeit, sich umzusehen. Sie bewunderte gerade ein Bild ihrer Namenspatronin, der heiligen Katharina von Alexandria, als das scharfe Einatmen Amadeos sie aufschreckte. Sie drehte sich um und sah einen kleinen, dicklichen Mann im Raum stehen, der in eine blaue, vielfarbig gemusterte Tunika mit pelzverbrämten Säumen und langen, weiten Ärmeln gekleidet war, die fast bis zum Boden fielen. Ein breiter Silbergürtel, auf dem zu Mustern zusammengesetzte Halbedelsteine glänzten, umfasste die stattliche Taille, und eine goldene Kette mit dem Wappen des vorigen Papstes hing um seinen Hals. Dazu trug er ein Mittelding zwischen Mütze, Hut und Barett auf seinem Kopf, von dem eine große, blau und gold schimmernde Feder herabhing. Neben dem Herzog stand ein Diener, der einen zusammengefalteten Samtumhang bereithielt, für den Fall, dass es seinem Herrn kalt werden könnte.
Caterina, der es eher zu warm im Raum war, unterdrückte ein spöttisches Lächeln. Ihr Gastgeber schien ihr nicht der Mann zu sein, der einem Gian Galeazzo Visconti und der geballten Macht Mailands die Stirn bieten konnte.
Amadeo eilte zu seinem Onkel, kniete vor ihm nieder
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