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Die Loge

Die Loge

Titel: Die Loge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Silva
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Leben und Karrieren. Als Enthüllungsjournalist der Sunday Times hatte Malone eine Liste von Opfern vorzuweisen, die ebenso lang wie durchmischt war: zwei Minister, den zweiten Mann des Geheimdiensts MI5, jede Menge korrupter Geschäftsleute und sogar den Chefredakteur eines Konkurrenzblatts. Darüber hinaus hatte er im vergangenen Jahrzehnt eine ganze Reihe sensationeller Biographien und politischer Exposés veröffentlicht. Die Irreführer handelte von der Tätigkeit des Diensts. In Tel Aviv hatte es unliebsames Aufsehen erregt – vor allem wegen seiner strikt auf Fakten beruhenden Genauigkeit. Dazu gehörte die Enthüllung, daß Ari Schamron einen leitenden Mitarbeiter von MI6 als Spion für Israel angeworben hatte. Die daraus entstehende Krise, sagte Schamron später, sei die schlimmste zwischen Briten und Juden seit dem Bombenanschlag auf das King-David-Hotel gewesen.
    Zehn Minuten später schlenderte Gabriel mit Malones Buch unter dem Arm bei herabsinkender Dunkelheit durch die Straßen von Chelsea. Er überquerte den Cadogan Square und blieb dann vor einem eleganten weißen Stadthaus im georgianischen Stil stehen. In den Fenstern der ersten Etage brannte Licht. Gabriel stieg die wenigen Stufen zur Haustür hinauf, legte das Buch auf den aus Stroh geflochtenen Fußabstreifer und ging rasch davon.
    Auf der gegenüberliegenden Seite des Platzes parkte ein unauffälliger grauer Kastenwagen aus amerikanischer Produktion. Als Gabriel an die mit schwarzer Folie verklebte Heckscheibe klopfte, wurde die Tür geöffnet und gab den Blick ins abgedunkelte Wageninnere frei, das nur durch den sanften Widerschein eines Instrumentenpults erhellt wurde. Vor der Konsole saß ein hagerer, rabbinerhaft wirkender junger Mann namens Mordecai. Er streckte Gabriel eine knochige Hand hin und zog ihn in den Wagen. Gabriel schloß die Tür und kauerte sich neben ihn. Der Wagenboden war mit fettigen panini -Papieren und leeren Styroporbechern übersät. Mordecai hatte die letzten sechsunddreißig Stunden größtenteils in diesem Fahrzeug verbracht.
    »Wie viele Leute sind im Haus?« fragte Gabriel.
    Mordecai streckte die Hand aus und drehte einen Lautstärkeregler nach rechts. Nun konnte Gabriel leise Peter Malones Stimme hören. Der Journalist sprach mit einer Assistentin.
    »Drei«, sagte Mordecai. »Malone und zwei junge Frauen.«
    Gabriel tippte Malones Nummer in sein Handy ein. In Mordecais Lautsprechern klang das Klingeln des Telefons in Malones Arbeitszimmer wie das Schrillen eines Feuermelders. Der Überwachungsmann drehte die Lautstärke zurück. Nach dem dritten Klingeln nahm der Journalist ab und meldete sich mit dezentem schottischem Akzent.
    Gabriel sprach Englisch und gab sich keine Mühe, seinen israelischen Akzent zu verbergen. »Ich habe eben ein Exemplar eines Ihrer Bücher vor Ihrer Haustür hingelegt. Ich schlage vor, daß Sie einen Blick hineinwerfen. Ich rufe in genau fünf Minuten wieder an.«
    Er unterbrach die Verbindung und rieb ein Guckloch in die von innen beschlagene Scheibe. Die Haustür wurde einen Spaltbreit geöffnet, und Malone streckte den Kopf wie eine Schildkröte heraus. Er drehte ihn von einer Seite zur anderen auf der Suche nach dem Mann, der gerade angerufen hatte. Dann bückte er sich und hob das Buch rasch auf. Gabriel sah zu Mordecai hinüber und grinste. Geschafft! Nach genau fünf Minuten drückte er die Wahlwiederholungstaste seines Handys. Diesmal meldete Malone sich nach dem ersten Klingeln.
    »Wer sind Sie?«
    »Haben Sie die Stelle gefunden, die ich im Buch umkringelt habe?«
    »Die Ermordung Abu Jihads? Was ist damit?«
    »Ich war in der Tatnacht dort.«
    »Auf welcher Seite?«
    »Auf der Seite der Guten.«
    »Sie sind also Palästinenser?«
    »Nein, Abu Malone, ich bin kein Palästinenser.«
    »Wer sind Sie sonst?«
    »Ich bin der Agent mit dem Decknamen ›Schwert‹«.
    »Großer Gott«, flüsterte Malone. »Wo sind Sie? Was wollen Sie?«
    »Ich möchte mit Ihnen reden.«
    »Worüber?«
    »Benjamin Stern.«
    Eine lange Pause, dann: »Ich habe Ihnen nichts zu sagen.«
    Gabriel beschloß, etwas mehr Druck zu machen. »Wir haben Ihre Telefonnummer in seinen Unterlagen gefunden. Wir wissen, daß Sie bei seinem neuen Buch mit ihm zusammengearbeitet haben. Wir vermuten, daß Sie wissen, wer ihn ermordet hat – und weshalb.«
    Wieder eine lange Pause, während Malone über seinen nächsten Zug nachdachte. Gabriel hatte absichtlich das Pronomen wir benützt, und es zeigte die beabsichtigte

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