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Die Lokomotive (German Edition)

Die Lokomotive (German Edition)

Titel: Die Lokomotive (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thorsten Nesch
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Cayenne bei einer Querfeldeintour.
      „Was machen Sie?“, rief Herr Baehr.
      Ich erklärte es ihm, und er wünschte mir viel Glück.
      Da ich den Kopf geneigt hielt, tropfte es seitlich abwechselnd in mein Auge und ins Ohr. Ich schüttelte den Kopf gegen das tumbe Gefühl von Flüssigkeit in meinem Ohr und rieb mir mit dem Mittelfinger durchs Auge.
      Nach einem Dutzend vergeblicher Versuche hatte ich Schnittwunden an meinen Fingern und Dreck im linken Auge.
      „Wie sieht es aus?“, fragte Herr Baehr.
      „Es ist aussichtslos.“
      Ich zwinkerte, es brannte, ich rollte mit meinen Augen, es tränte, ich weinte absichtlich, still, mit Wut, bis es sich wieder besser anfühlte und ich mich über meinen kleinen Erfolg freuen konnte, mit meinen Tränen den Sand aus meinem Auge herausgeschwemmt zu haben.
      Ich zählte zwischen den Tropfen, es tropfte alle acht Sekunden.
      Unweit huschte der Krebs wie ein für diese Umgebung geschaffenes Wesen im Zickzack durch die unregelmäßig aufblitzende Schattenlandschaft.
     
     
    Das stumme Geflacker bei geschlossenen Augen, endlos lange schon, ab einem gewissen Takt unerträglich. Selten hörbar das leise Klicken der Birne in dem Moment, wenn Strom durch sie floss und sie sich anschaltete.
      Mir wurde übel. Ein Stein in meinem Magen, groß und unbeweglich. War ich doch innerlich verletzt? Verblutete ich langsam innerlich, ohne dass ich es merkte? Gab es nicht die Fälle, wo die Leute erst starben, wenn man das Gewicht, unter dem sie eingeklemmt lagen, entfernte?
      Kopfschmerzen dazu. Schwerfällig legte ich meinen Arm über meine Augen. Schwindel. Samtenes Orange, beruhigend, lediglich schwach pulsierend.
      Sofort fühlte ich mich besser. Auch die Tropfen trafen nicht mehr meinen Kopf.
      Kam die Übelkeit durch die Tropfenfolter oder das Lichtgeflacker?
      Ich rief, „Herr Baehr, wie geht es Ihnen?“ 
      Als Antwort bekam ich ein leises Stöhnen.
      „Herr Baehr! Reden Sie mit mir! Was ist los? Sagen Sie etwas!“
      Ich wartete vergeblich.
      Hin und wieder linste ich unter meinem Arm durch, aber solange das Geflacker anhielt, war ich machtlos. Die Tropfen spritzten auseinander, wenn sie auf meinem Ärmel explodierten. Der Ärmel sog sich voll Feuchtigkeit und legte sich nass um meinen Arm. Hunderte winzige Spritzer benetzten mein Kinn und meine Lippen, Tropfen für Tropfen, immer schneller, wie aus einem Duschkopf, dessen große, starke Brause im nächsten Moment auf mich niederrauscht.
      Heißer Dampf überall, die Glaswände der Duschkabine beschlagen. Der Duschkopf auf einmal weit über mir, unerreichbar. Ich strecke meine Arme nach ihm aus, und ein Löwe bricht aus meiner Brust. Ich bin der Löwe, und als solcher strebe ich dem Regen entgegen, der aus dem klaren Nachthimmel auf mich fällt, wie die Tränen der Sterne, zahllos und klein. Sternentränen benetzen mein Löwengesicht. Ich steige höher und höher, halb Mensch, halb Tier, wo noch kein Mensch zuvor gewesen. Der Regen lässt nach und hört auf, ich schwebe, in Kletterbewegungen aufwärts, verwandele mich wieder in mich selbst, lasse Löwenmähne und Fell hinter mir, inmitten aller Sterne, Nacht, und keine Spur mehr von der Erde, sie ist nur ein Stern unter vielen, schwebe in angenehmer Schwerelosigkeit, wo die Sterne Bilder formen, Sternbilder meiner Phantasie, leuchtende Punkteketten verbinde ich zu einem Wal mit einem breiten Maul, das Schwarz wird zu Blau, Hellblau, die Sternenpunkte zu einem Umriss, der sich mit einem Schatten füllt, einem Walhai, der dicht an mir vorbeizieht. Seine Strömung reißt mich sanft mit, anmutig sein Blick, etwas getrübt, ich tauche auf und liege auf der Meeresoberfläche, glatt, und unter mir filtern die Walhaimäuler Plankton aus der See, und ihre Flossen winken mir gemächlich zum Abschied zu. Das Glucksen der Wellen in meinen Ohren, Wasser, und zwanzig Meter unter mir der helle Meeresboden, verlassen, noch nie habe ich so tief durchatmen können, höre mein eigenes Keuchen, die sich langsam entfernenden Schatten der Tiere in der Ferne, traue mich nicht zu blinzeln, um keinen Augenblick zu verpassen, lächele, im Moment eines Jubelschreis unter Wasser, da berührt mich Lilli, und ich drehe mich um nach ihr, sehe, wie sie neben mir am Strand in der Dämmerung liegt, wir uns stumm im Rhythmus der in der Brandung ausrollenden Wellen lieben, während Hunderte Moskitos uns das Blut aus den Körpern saugen. Entfernte Möwenschreie, Sand zwischen

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