Die Londoner Drakulia Vampire 01 - Luzifers Wüstling
Angelica sich einfach, ihre Schwester überlistet zu haben. Vielleicht erzählte sie Maia irgendwann auch einmal die ganze Geschichte.
In ein paar Jahren irgendwann, wenn sie beide schon vermählt waren.
Und was die Briefe anbetraf, die sie vorher erhalten hatten ... Maia mochte Briefe erhalten, die ihre Laune steigerten, aber bei Angelica war das nicht der Fall. Das Siegel auf dem schneeweißen Papier sagte klar, dass der Brief von Voss kam, und die Tatsache, dass er so dreist war, in schwerer, maskuliner Tinte einfach Angelica darauf zu schreiben, anstatt ihre korrekte Anrede, war nur ein weiteres Indiz für seine absolute Missachtung jeglichen Benimms.
Genau wie die kleinen schwarzen Samtbeutelchen hatte Angelica beabsichtigt, auch den Brief ungeöffnet zu lassen. Sie verspürte keinerlei Verlangen etwas zu lesen, was er ihr geschrieben hatte. Sie hatte ihren Teil erfüllt, hatte ihm alle Informationen gegeben, die sie aus der Uhrenkette herauszulesen vermochte, und sie wollte nichts von weiteren Entschuldigungen oder Forderungen lesen.
Sie hatte keine Gelegenheit gehabt, das Schreiben zu verbrennen, weil Maia hereingekommen war und herumschnüffelte, aber das würde sie nachholen, sobald sie heute Abend wieder zu Hause war. Stattdessen hatte sie den Brief in die Schublade zu ihrem anderen Briefpapier gestopft, bevor ihre Schwester ihn sehen und dann sofort alle Einzelheiten erfragen konnte.
Aber aus irgendeinem Grund blieb ihr dieser Schriftzug ihres Namens, so selbstsicher und so kühn – ein so schlichtes, klares Bild – auf dem dicken Papier, im Gedächtnis haften und ließ sich durch nichts daraus verbannen. Noch nie hatte ein Mann ihr einen Brief geschrieben, noch konnte sie sich daran erinnern, je ihren Namen von einem Mann ausgeschrieben gesehen zu haben.
Und dann war da noch der Traum, der immer noch an ihr nagte. Schonungslos und so klar wie ein Garten, über dem die Nachmittagssonne lag, aber überhaupt nicht angenehm. Aber er hatte diesen Brief geschrieben, also konnte der Traum nicht wahr sein ... er war noch nicht tot.
Vielleicht sollte sie den Brief öffnen, bevor sie ihn verbrannte.
Vielleicht sollte sie ihn warnen.
Nein. Angelica warnte niemanden, wenn sie seinen oder ihren Tod träumte. Es führte zu nichts – Lord Brickbank war der Beweis dafür.
Es war eine Bürde, die sie alleine schultern musste. Wissen, das sie für sich behalten musste.
Aber in einem Traum. Einem anderen Traum. Warum konnte sie seine Zukunft nicht sehen, als sie seinen Handschuh in Händen gehalten hatte? Stattdessen verfolgte diese sie nun in einem Traum ... genau wie bei seinem Freund. Es ergab keinen Sinn.
Ich wünschte, Oma Öhrchen wäre hier, um mir zu helfen zu verstehen.
Sie biss sich auf die Lippe und bewegte den Vorhang etwas, um hinauszuschauen. Der Mond war nicht ganz voll, aber er warf ein mächtiges Licht durch die schweren grauen Wolken.
„Sollen wir die Tür schließen?“, sagte Maia und beugte sich vor, um das Schloss einschnappen zu lassen. „Oder fühlt sich Tante Iliana doch noch wohl genug, um uns zu begleiten? Wenn wir uns nicht beeilen, kommen wir zu spät.“
„Sie wird nicht mitkommen“, sagte Mirabella, „aber Lord Corvindale wird uns an ihrer statt begleiten.“
„Hier? In der Kutsche?“ Maia erstarrte, und Angelica fühlte es eher, als dass sie es sah – aber die Anspannung stieg, als ob jemand ihrer Schwester gerade etwas unangenehm Giftiges einflößte. „Warum trifft er uns nicht dort, wie er es sonst zu tun pflegt?“
„Ich stimme zu, es ist etwas ungewöhnlich, dass der Earl sich zu uns in die Kutsche setzt, aber er bestand darauf“, erwiderte Mirabella. Sie schien sich darauf zu freuen, mit ihrem Bruder zusammen zu einer Abendgesellschaft auszufahren. „Ich glaube, er ist besorgt, dass wir wieder von diesen schrecklichen Männern überfallen werden könnten. Obwohl er mich im gleichen Atemzug dann beschwört, Ihnen nichts von Gefahren zu erzählen.“
„Ich verstehe immer noch nicht, warum er –“, Maia presste die Lippen aufeinander, als die Kutschentür sich öffnete.
Corvindale stand dort in der Öffnung und stieg dann schnell ein, wobei er sich mit solcher Eleganz bewegte, dass er weder einen Schuh berührte noch einen ihrer Röcke streifte, als er sich neben seiner Schwester niederließ. Nichtsdestotrotz war das geräumige Kutscheninnere durch seine
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