Die Londoner Drakulia Vampire 01 - Luzifers Wüstling
er sagte. Heraus kam: „Tanzkarte? Ich glaube, Mylord, ich habe meine irgendwo verlegt.“ Sie zuckte ein wenig mit den Schultern, und ihr kleiner Pompadour mit seinen zwei Münzen und der zerknüllten Tanzkarte baumelte unschuldig an ihrem Handgelenk. „Und ich kann mich beim besten Willen nicht erinnern, wem ich den nächsten Tanz versprochen habe.“
„Wie ich schon bemerkte“, konterte er mit einem blitzenden Lachen in den grüngoldenen Augen, „welch glücklicher Zufall, Ihnen hier so unverhofft zu begegnen. Es wäre, gelinde gesagt, eine Schande, wenn Sie nur wegen einer verlegten Tanzkarte die Zeit nun hier als Mauerblümchen fristen müssten. Ich werde Sie also von diesem Los befreien.“
Er bot ihr seinen Arm an, und Angelica, wohlvertraut damit, ihren Arm in den eines Gentlemen zu legen, trat hierzu näher. Plötzlich wurde ihr bewusst, nicht nur wie groß er tatsächlich war, sondern auch wie unverschämt gutaussehend. Haar und Haut wie aus Bronze und Gold gegossen, aber die Augen hatten ein Feuer von leuchtenden Smaragden, dort im Gold seiner Augen, gesprenkelt mit Grün. Er hatte lange, dichte Wimpern und volle Lippen, deren Anblick ihr den Mund trocken werden ließ. Als er auf sie herabschaute, mit einem Anflug von Lächeln auf diesen überaus geschickten Lippen und einem warmen Schimmer in den Augen, stockte Angelica der Atem, und ihre Wangen wurden sogar noch heißer.
Sie schüttelte diese kurze Lähmung ab und begann auf das bunte Balltreiben zuzugehen. Nach einem winzigen Zögern folgte er ihr ... als hätte er erwartet, sie würden eine andere Richtung einschlagen. Weg vom Ball.
Als ob Angelica Woodmore so eine dumme Gans wäre, dass sie mit einem fremden Gentleman davonschlüpfen würde. Wäre sie Maia, hätte sie jetzt aus Entrüstung über diese beleidigende Unterstellung ihre Nase gerümpft – ob es nun wahr war oder nicht. Sie würde ganz sicher nicht den törichten Fehler von Eliza Billingsly machen, die letzte Saison mit diesem Mr. Deetson-Waring samt dessen hängenden Schultern in einer kompromittierenden Lage gefunden worden war. Jetzt waren die beiden verheiratet, und Eliza sah kreuzunglücklich aus.
„Ich hoffe inständig, dass Corvindale Ihnen gestattet, den Walzer zu tanzen“, bemerkte Dewhurst, als sie sich dem Ballsaal näherten.
Angelica stolperte leicht. „Den Walzer?“ Nachdem er bereits vor einer Dekade seinen Siegeszug in Wien angetreten hatte, war der verbotene Tanz mittlerweile auch in Paris recht beliebt, wurde aber in London nur sehr selten gespielt. Noch seltener sah man junge Debütantinnen, denen die skandalösen Drehungen und Schritte gestattet wurden.
Erst danach begriff sie, was er gesagt hatte. „Corvindale? Er hat uns bislang auch recht wenig beachtet, Mylord. Ich glaube kaum, dass seine Aufmerksamkeit so weit reicht, mir einen einfachen Tanz zu verbieten.“ Es kam Angelica der Gedanke, dass mit einem abwesenden Chas und einem Earl, der nur widerwillig die Verantwortung ihrer Vormundschaft übernahm ... dass sie da, wenn auch nur vorübergehend, ein bisschen Spielraum bekommen hatte. Nicht dass sie irgendetwas Törichtes vorgehabt hätte ... aber einer jungen Frau war ein kleines Abenteuer dann und wann nie unwillkommen.
Es sei denn, sie hieße Maia Woodmore. Dann würde sie zugeknöpft und anständig dasitzen und sich fragen, wann ihr Verlobter nun vom Festland zurückkäme.
Lord Dewhurst blickte mit einem Lächeln auf Angelica herunter. „Ah, meine liebe Miss Woodmore, ich fürchte, da irren Sie sich gewaltig.“
„Was den Earl betrifft?“
„Nein“, sagte er, und bei seinem träge entspanntem Lächeln schoss ihr die Wärme in den Bauch, „was den Tanz betrifft.“ Seine Augen wurden schmal, als sie anfingen zu lachen. „Der Walzer ist sinnlich, anmutig und geschmeidig ... auch wenn die Schritte einem unerfahrenen Tänzer einfach erscheinen mögen. Aber der Tanz selbst ... das ist ein echtes Erlebnis.“
Wieder verspürte Angelica diese Atemlosigkeit. Aber es gelang ihr, die Stimme klar und beherrscht zu halten. Ein bisschen kokett. „Ist dem so?“
„Und wenn man einen guten Tänzer zum Partner hat, dann – meine liebe Miss Woodmore – ist es ein umso vergnüglicheres Erlebnis. Und ich muss hinzufügen ... ich bin ein vorzüglicher Tänzer.“
„Dann werde ich mich wohl glücklich schätzen, Sie zum Partner für meinen ersten Walzer zu haben.“
„Ihr Glück, aber mein überaus großes Vergnügen.“
Ganz
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