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Die Ludwig-Verschwörung

Die Ludwig-Verschwörung

Titel: Die Ludwig-Verschwörung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Pötzsch
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dessen wahrer Herkunft erzählt hatte. Doch er hatte nicht die Kraft, zu dem zerschundenen Leib hinunterzusehen.
    Ich bin ein Nachfahre Ludwigs II.!, fuhr es Steven durch den Kopf. Wie viel von Ludwig ist in mir? Meine Sehnsucht nach der alten Zeit, das Träumen, das Abtauchen in Bücher – ist das alles schon ein leichter Wahnsinn? Ludwigs Bruder Otto war hochgradig verrückt, Luise ist es auch. Und ich? Trage ich auch den Keim in mir?
    Plötzlich fiel ihm wieder ein, was Sara damals in Linderhof über ihn gesagt hatte.
    Manchmal glaube ich wirklich, Sie leben im falschen Jahrhundert, Herr Lukas …
    »Ich gebe zu, es ist schwer zu begreifen, Steven«, sagte Luise Manstein sanft. Sie war mittlerweile über eine Treppe nach unten gekommen und hatte den Thronsaal betreten. Noch immer trug sie den weißen Königsmantel, der hinter ihr über den Boden schleifte.
    »Ich selbst weiß von meiner Bestimmung seit meiner frühesten Kindheit. Mein Großvater hat mir immer wieder davon erzählt, so wie andere Kinder die Geschichte vom lieben Jesuskind hören. Papa konnte nie so recht etwas damit anfangen, aber ich war ja auch die meiste Zeit mit dem lieben Opa zusammen. Wir waren uns … sehr ähnlich.« Luise Manstein zwinkerte Steven zu. »Mein und dein Großvater waren Brüder, Steven. Brüder und gleichzeitig Todfeinde. Darf ich?« Sie hob den blutverschmierten Stammbaum vom Mosaikboden auf und musterte ihn stirnrunzelnd.
    »Leopold, Sohn Ludwig II.«, murmelte sie, während ihre Finger über die Linie ihrer und Stevens Ahnen fuhren. »Bis zu seinem frühen Tod auf den Schlachtfeldern von Verdun hat Leopold nie etwas von seinem wahren Vater erfahren. Marot hielt das für zu gefährlich, die Häscher des Prinzregenten gaben keine Ruhe.« Luise schüttelte gedankenverloren den Kopf, sie schien nun ganz in einer anderen Welt zu sein.
    »Als kurze Zeit später auch der gute Theodor umkam, als Militärarzt an der Somme, wusste nur noch Maria vom Geheimnis des Tagebuchs«, fuhr sie schließlich verträumt fort. »Auf dem Sterbebett hat sie es ihren beiden Enkeln vermacht. Lothar und Anton waren die legitimen Erben Ludwigs II., sie sollten nach all den Jahren die Wahrheit ans Licht bringen.«
    »Wenn du etwas von Ludwig geerbt haben solltest, dann nur den Wahnsinn, liebe Cousine«, erwiderte Steven. »Den Wahnsinn, und ich hoffe, auch den frühen Tod.«
    »Schweig!«, zischte die Konzernchefin. »Du hast immer noch nichts verstanden! Du und dein ganzer verruchter Zweig! Mein Großvater Lothar hat schon damals in den dreißiger Jahren von seiner wahren Herkunft erzählt, doch die Leute in Oberammergau hielten ihn für einen Spinner. Einen Phantasten!« Sie schüttelte empört den Kopf. »Auch dein Großvater Anton wollte nichts davon wisssen! Er hat seine Familie verleugnet. Es kam zum Streit, und dann …«
    Ihre Stimme schwoll plötzlich wieder an, die Augen schienen Funken zu sprühen. »Und dann ist dein gottverfluchter Großvater in die USA gegangen und hat das Tagebuch einfach mitgenommen, wie ein billiges Andenken, dieser … dieser Dieb, dieser Bastard!!!« Sie riss die kopierte Ahnentafel in kleine Fetzen und warf sie in die Luft, wo sie als weißer rotgesprenkelter Papierregen zu Boden segelten. »Gestohlen hat er das Tagebuch! Großvater Lothar hat mir alles immer wieder haargenau erzählt, er hat mir das Buch und das Kästchen so genau beschrieben, dass ich es in meinen Träumen deutlich vor mir sah. Sogar Detektive hat er in die Staaten geschickt, aber auch die konnten seinen verdammten Bruder und das Buch nicht finden!« Sie betrachtete die Papierfetzen, die sich nun mit Zöllers Blut am Boden vollsogen.
    »Leider ist mein Großvater viel zu früh von uns gegangen«, seufzte sie. »Nur ein paar Monate, bevor euer verfluchter Clan wieder nach Deutschland kam. So lange hat er nach den Nachfahren seines Bruders gesucht, und dann stehen sie plötzlich lächelnd in Köln auf einer Einweihungsparty und wollen mir die Hand schütteln!« Sie lachte, und es klang wie das Kieksen einer Zehnjährigen. »Auf dem Fest hab ich dich beobachtet, Steven. Schließlich warst du Fleisch jener Brut, die uns damals um unseren größten Schatz gebracht hat. Als du nach oben in die Bibliothek bist, bin ich dir hinterher. Und da seh ich dich mit diesem Buch, von dem Großvater immer wieder gesprochen hat! Meinem Buch!« Ihre Augen wurden erneut zu schmalen Schlitzen. »Damals bist du mir entkommen, Steven. Ich dachte, das Buch sei

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