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Die Ludwig-Verschwörung

Die Ludwig-Verschwörung

Titel: Die Ludwig-Verschwörung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Pötzsch
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und Fackeln wirkten auf ihn wie aus einer anderen Zeit. Dem Antiquar gingen Bilder von brennenden Scheiterhaufen, sich geißelnden Priestern und nebelumwehten Klöstern durch den Kopf. Fast glaubte er, von fern den vielstimmigen düsteren Choral von Mönchen zu hören.
    »Die da?« Sara Lengfeld tippte auf den Monitor, als könnte sie dadurch die merkwürdigen Fremden zum Leben erwecken. »Das sind Guglmänner. Ein geheimer Orden, der seit dem Tod Ludwigs besteht. Schon bei seiner Beerdigung schritten sie dem Sarg voraus. Sie operieren im Untergrund und versuchen seit über hundert Jahren, den Mord an ihrem geliebten Märchenkönig nachzuweisen. Klingt komplett irre, ist aber tatsächlich wahr.« Die Kunsthistorikerin klickte sich durch ein paar Internetseiten, auf denen immer wieder die gleichen Männer mit Kapuzen auftauchten. »Die Guglmänner sind überall dort, wo ihrer Meinung nach Gefahr droht, dass der Ruf Ludwigs II. besudelt wird. Bei modernen Theateraufführungen, Ludwig-Musicals, Jubiläen … Vor ein paar Jahren haben sie sogar versucht, den Sarg des Königs zu öffnen, allerdings vergeblich.«
    Steven schüttelte verwirrt den Kopf. »Ich bitte Sie, ein Haufen Verrückter in schwarzen Kapuzen. Das ist doch lächerlich!«
    »Verrückt oder nicht, die Guglmänner stammen aus allen Schichten der Gesellschaft. Spediteure, Künstler, aber auch Universitätsdozenten und Beamte. Es gibt Vermutungen, dass sie Verbindungen bis ganz nach oben in die Bayerische Staatsregierung haben.«
    »Moment mal«, warf Steven ein. »Wollen Sie mir etwa erzählen, es gibt in diesem Land einen Orden, der seit 125 Jahren besteht, im Untergrund arbeitet und bis in die höchsten Kreise vernetzt ist? Ich dachte bislang, dass nur die Freimaurer einen solchen Ruf genießen.«
    Sara Lengfeld schmunzelte. »Herr Lukas, Sie sind in Bayern, vergessen Sie das nicht. Auch die Illuminaten wurden in diesem von Gott gesegneten Land aus der Taufe gehoben. Als gebürtige Berlinerin darf ich Ihnen sagen: Die Bayern sind ein kleines mürrisches Bergvolk, das schon immer ein bisschen anders tickte als der Rest der Welt.«
    »Nun gut, ich will Ihnen das mal glauben«, sagte Steven und hob beschwichtigend die Hände. »Aber warum sollten die Guglmänner daran interessiert sein, dieses Kästchen in die Hände zu bekommen? Wenn Ihr Onkel das Buch entschlüsselt und veröffentlicht hätte, wäre der Mord doch bewiesen und dieser Orden am Ziel seiner Wünsche.«
    Sara ließ sich wieder auf die Couch fallen. »Diese Guglmänner sind ein stockkonservativer Haufen. Rechts von denen steht nur noch Dschingis Khan. Erinnern Sie sich an Ihre Vermutung, Theodor Marot könnte ein Verhältnis mit dem König gehabt haben? Was glauben Sie, was in Bayern los wäre, wenn so etwas ans Licht käme? Der geliebte Märchenkönig, der Erbauer von Schloss Neuschwanstein ein in die Jahre gekommener Homosexueller, der sich mit niedlichen Jungs einlässt! Ein Skandal!« Sie zog ihre Ballerinas aus und warf sie zielgenau in einen Papierkorb in der Ecke, wo sie auf einer zerdrückten Pizzaschachtel landeten. »Glauben Sie mir, die Guglmänner werden alles tun, um dieses Buch in ihre Hände zu bekommen. Erst wenn der Verdacht aus der Welt ist, werden sie das Notizbuch auf eigene Faust veröffentlichen.«
    »Sie denken also wirklich, dass diese Guglmänner hinter dem Mord an Ihrem Onkel stecken?«, fragte Steven.
    Sara Lengfeld setzte sich im Schneidersitz auf die Couch und blickte erhobenen Hauptes starr vor sich hin. »Sagen wir mal so«, erwiderte sie schließlich. »Sie haben ein ziemlich starkes Motiv, und sie sind hinter dem Buch her. Das zeigt Ihre Begegnung auf der Theresienweise. Und ich bin mir sicher, dass dieser Trachtenheini auch zu ihnen gehört.«
    Seufzend griff Steven erneut nach dem vergilbten Notizbuch und blätterte darin. »Das ändert jedoch nichts daran, dass das Buch in einer Geheimschrift verfasst wurde«, sagte er achselzuckend. »Nichts als merkwürdige Zeichen und ab und zu ein monströser Wust aus Großbuchstaben! Wenn ich nur wüsste …«
    Plötzlich hielt er inne.
    »Was ist?«, fragte Sara.
    »Dieses Buch, nach dem Ihr Onkel bei mir gefragt hat«, begann Steven nachdenklich. »Die Tagebücher des Samuel Pepys …«
    »Was ist damit? Reden Sie schon!«
    »Das ist, soviel ich weiß, auch in einer Art Geheimschrift verfasst. Eine Kurzschrift aus dem frühen 17. Jahrhundert.«
    Sara runzelte die Stirn. »Ich weiß. Und was ist damit?«
    »Ich hatte

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