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Die Ludwig-Verschwörung

Die Ludwig-Verschwörung

Titel: Die Ludwig-Verschwörung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Pötzsch
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Sandkasten.« Sie sog kurz die Luft ein, als würde sie eine unsichtbare Zigarette rauchen. »Der Typ unten bei Ihnen im Archiv sah so ähnlich aus wie einer der Dealer, die uns immer von der Schaukel getreten haben.«
    Steven nickte nachdenklich. »Verstehe. Ich nehme an, dass auch Ihre Eltern keine große Hilfe waren?«
    »Meine Eltern eine Hilfe?« Sara lachte leise. Geistesabwesend betrachtete sie ihre grün lackierten Fingernägel. »Ich musste meinen Eltern helfen. Nicht umgekehrt. Haben Sie schon mal Ihre lallende, vollgekotzte Mutter ins Bett verfrachtet und ausgezogen?«
    »Ich … ich fürchte, nein«, murmelte Steven. »Diese Erfahrung fehlt mir.« Er zögerte kurz, bevor er weitersprach. »Konnte Ihr Onkel denn nicht helfen? Ich meine, immerhin hatte er es zum Professor gebracht. Da könnte man meinen …«
    »Sie kannten meine Mutter nicht«, unterbrach ihn Sara rüde. »Onkel Paul hat alles versucht, aber wenn jemand saufen will, dann säuft er. Und wenn Sie ihm Geld geben, kauft er davon keine Kinderklamotten, sondern billigen Doppelkorn.« Sie erhob sich abrupt. »Und jetzt entschuldigen Sie mich, die Küche ruft.«
    Steven sah ihr lange nach, während Sara schweigend hinaus in den Flur ging und in der Küche verschwand. Er wurde aus diesem Weibsbild einfach nicht schlau! Sie schien wie von einem unsichtbaren Panzer umgeben. Immer, wenn er versuchte, freundlich zu sein, wich sie vor ihm zurück. Sara kam ihm vor wie ein Magnet, der ihn kurz anzog und gleich darauf wieder abstieß.
    Seufzend wandte Steven sich wieder der momentan vordringlichsten Aufgabe zu. Vor ihm auf dem Tisch lag der ledergebundene Foliant von Sheltons ›Tachygraphy‹. Es war zwar nicht die ursprüngliche Ausgabe, sondern eine Neubearbeitung von 1842, aber den Zweck erfüllte sie genauso gut wie das Originalwerk, vielleicht sogar besser. Steven hatte schon ein wenig darin geblättert. Der Text war in einem altertümlichen Englisch gehalten, das der Antiquar auch von anderen Büchern dieser Epoche her kannte. Mehr Probleme bereiteten ihm die merkwürdigen Krakel, die Shelton im 17. Jahrhundert als Kurzschrift in England etabliert hatte.
    Steven kannte sich ein wenig mit Stenographie aus. An der Universität hatte er ein Seminar über die Kurzschrift Johann Gabelsbergers besucht, dessen System aus dem 19. Jahrhundert auch der heutigen deutschen Stenoschrift zugrunde lag. Doch Sheltons Zeichen waren anders, sie erinnerten teilweise an das Gekritzel eines Fünfjährigen.
    Steven seufzte und nahm noch einen Schluck von dem starken Tee. Es würde wohl noch einige Zeit brauchen, bis er in der Lage sein würde, Marots Tagebuch zu entschlüsseln. Was die merkwürdigen Buchstabenfolgen bedeuteten, die auf manchen Seiten auftauchten, war ihm ohnehin noch völlig unklar.
    »Sandwiches?« Sara kam mit einem Tablett voller Brötchen aus der Küche nebenan, mittlerweile lächelte sie wieder. »Ich hab mir extra viel Mühe mit der Senfsoße gegeben. Was bei mir allerdings nicht viel heißt.«
    Steven schüttelte beinahe angewidert den Kopf. Die Konsistenz der sämigen Soße, die von den Lachs-Sandwiches tropfte, erinnerte ihn an das Blut auf dem Boden seines Bücherlagers. »Danke, zu freundlich«, murmelte er. »Aber irgendwas hat mir in den letzten Stunden den Appetit verschlagen. Ich hoffe nur, dass Ihre Entscheidung, nicht die Polizei zu rufen, wirklich richtig war.«
    »Das war sie, definitiv.« Die Kunstdetektivin deutete mit einem fetttriefenden Brötchen auf das fast zweihundert Jahre alte Buch vor Steven. »Und? Schon weitergekommen?«
    Steven schob Sheltons ›Tachygraphy‹ unwillkürlich ein Stückchen nach rechts. »Passen Sie bloß auf mit der Majonaise«, murmelte er. »Das hier ist nicht die Bild am Sonntag .«
    »Verzeihung.« Sara stellte lächelnd den Teller zur Seite. »Ich vergaß, dass Sie zu Büchern eine erotische Beziehung haben.«
    »Ich mag es nur nicht, wenn man sie mit Majonaise bekleckert«, erwiderte Steven. »Davon abgesehen, möchte ich vermeiden, dass dieses edle Stück hier Fettflecken abbekommt.« Er deutete auf sein T-Shirt und die ausgewaschene Jogginghose, die um seine Oberschenkel schlabberte. »Hat das mal Ihnen gehört?«
    »Soll das ein Witz sein?« Sara zog entrüstet die Brauen nach oben. »Wer bin ich denn? Miss Piggy? Die hat mein letzter Ex dagelassen, der wohl ein bisschen größer war als Sie.« Sie zuckte mit den Schultern. »Seitdem warten die Fetzen auf die Altkleidersammlung, zusammen mit

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