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Die Lüge

Die Lüge

Titel: Die Lüge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Hammesfahr
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Plätzen standen nur der Porsche und der grüne Golf. Der dunkelblaue Mercedes fehlte. Daraus folgerte sie, Philipp Hardenberg sei nicht da. Und wenn der grüne Golf Helga Barthel gehörte – es war ein Risiko, aber einen Versuch wert. Vielleicht bekam sie von Helga ein paar Informationen über Markus Zurkeulen, die entschieden glaubwürdiger wären als jedes Wort aus Nadias Mund.
    Aus dem Spiegel in der Aufzugkabine schaute ihr Nadia entgegen. Sie drückte entschlossen den Knopf für das siebte Stockwerk. Das Firmenschild an der Tür von Alfo Investment war ebenso unauffällig wie die Plakette im Aufzug. Darunter befand sich ein Klingelknopf.
    Sie drückte ihn, ein elektrischer Türöffner summte. Sie straffte die Schultern, schob das Haar hinter die Ohren und trat ein. Der Vorraum war kleiner als der Empfangsraum bei Behringer und Partner und leer – bis auf einen Teppich und eine große Pflanze in einem Kübel. Vier Türen zweigten ab, eine stand offen, dahinter lag ein helles Büro. Am Schreibtisch dort saß eine füllige, rothaarige Frau mit dem Rücken zum Eingangsbereich an einem PC und beschäftigte sich mit einem Kartenspiel. Die Frau drehte sich um. Sie mochte Ende vierzig sein, trug eine Brille und zeigte ein freundliches Lächeln, das einer erstaunten Miene Platz machte. Ehe sie etwas sagen konnte, nahm die Rothaarige die Brille ab und meinte verblüfft: «Ich dachte, du bist in Genf.»
    Helga Barthel? Sie wagte es nicht, die Frau mit Namen anzusprechen, sagte nur. «Ich bin auf dem Weg und wollte rasch   …»
    «Den Laptop holen», seufzte die Rothaarige und erhobsich. «Ich hab mich schon gefragt, warum das Ding bei Philipp steht. Es war wohl viel Stress heute Morgen. Was war denn los?»
    «Zurkeulen», sagte sie bloß und wartete gespannt, ob und wie die Frau auf den Namen reagierte.
    Die Rothaarige verdrehte genervt die Augen. «Allmählich geht mir der Typ auf den Keks. Der soll sich mal nicht so aufregen wegen läppischer zweihunderttausend. Andere haben alles verloren, als der Neue Markt zusammengebrochen ist. Das hat Philipp ihm gestern Nachmittag auch nochmal erklärt.»
    Mit den letzten Worten verließ die Frau das Büro und ging durch den Vorraum zu einer gepolsterten Tür. Sie folgte langsam und erkundigte sich so beiläufig wie möglich: «Wo ist Philipp?»
    «Wenn du dich beeilst, erwischst du ihn vielleicht noch», sagte die Rothaarige, verschwand hinter der gepolsterten Tür und sprach dabei weiter. «Er ist runter zu Behringer, wegen einer Wohnung. Er meinte, es ginge schnell. Das hoffe ich auch für ihn. Er muss um fünf in Düsseldorf sein.» Die Frau kam zurück mit Nadias Computertasche und einem kleinen Lederetui. «Hier», sagte sie. «Deinen Büroschlüssel hattest du auch liegen lassen.»
    Sie nahm beides in Empfang und verabschiedete sich mit einem saloppen «Tschüs dann».
    «Wann kommst du zurück?», rief die Frau hinter ihr her.
    «Morgen», sagte sie, schloss die Tür, steckte das Lederetui in Nadias Handtasche, lief zu den Aufzügen und fuhr in die Tiefgarage. Herrn Reincke zu belästigen habe sich erübrigt, meinte sie. Es schien, dass sie Nadia mit ihrem Misstrauen diesmal unrecht tat. Auch Frauen wie Nadia hatten wohl so etwas wie ein Gewissen. Oder Philipp Hardenberg hatte eins und Nadia den Kopf zurechtgesetzt.
     
    Schon auf der Autobahn vibrierten Herz und Magen gleichermaßen. Als sie in den Marienweg einbog, hatte sie ein schwarzes Flimmern vor den Augen, das ihr vorübergehend die Sicht trübte. Koglers Vorgarten lag verlassen da. In Blastings Einfahrt parkte wieder der ältere Ford Fiesta, der wahrscheinlich einer Zugehfrau gehörte. Hinter dem schmiedeeisernen Tor von Elenor Ravatzky tollte ein etwa zehnjähriger Junge mit dem zotteligen Hund. Vor Niedenhoffs Grundstück stand ein Kleinlaster mit der Aufschrift einer Gärtnerei. Ein Mann im blauen Overall harkte das letzte Laub vom Rasen. Bei ihm stand ein junger Mann mit dunklen Haaren, vermutlich Niedenhoff, er hob eine Hand zum Gruß, als sie vorbeifuhr. Sie winkte zurück und fuhr den Alfa in die Garage. Den Laptop, den Umschlag und das Kunstledermäppchen mit ihren Wohnungsschlüsseln ließ sie im Kofferraum liegen.
    Es war wie ein Heimkommen, schon als sie die Diele betrat und die Alarmanlage ausschaltete. Sie ging hinauf ins Arbeitszimmer und fühlte sich ein wenig schäbig, als sie das Schubfach am Schreibtisch aufzog, in dem im September das Diktiergerät gelegen hatte. Es lag immer noch da. Das

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