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Die Luft, die du atmest

Die Luft, die du atmest

Titel: Die Luft, die du atmest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carla Buckley
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das?»
    Er konnte ihr nicht sagen, dass sie Smiths und Libbys Leichnam zur Eisbahn geschafft hatten. Das Entsetzen in ihren Augen würde er nicht ertragen. Deshalb wechselte er das Thema. «Hör zu, Schatz», sagte er. «Wir haben keinen Strom. DerPolizeinotruf funktioniert nicht. Das Telefon auch nicht. Es wurden keine Lebensmittel abgeworfen, man sieht überhaupt keine Flugzeuge. Es gibt keine Post, keine Zeitungen, keine Müllabfuhr.»
    «Aber wir kommen doch zurecht. Wir haben zu essen. Wir haben Wasser. Und außerdem, wo sollten wir denn hin?»
    «In die alte Jagdhütte von meinem Dad.»
    Sie biss sich auf die Unterlippe. Sie dachte nach. «In Michigan?»
    «Es sind nur ungefähr zweihundert Meilen bis dahin. Das müsste in einem Tag zu schaffen sein. Mike sorgt immer dafür, dass Vorräte in der Hütte sind. Zusammen mit unseren Vorräten hier   –»
    Sie schüttelte den Kopf. «Wir haben nicht genug Benzin für die Strecke.»
    «Das lässt sich bestimmt irgendwie lösen.»
    «Es ist zu gefährlich. Ich will nicht, dass wir auf dem Weg liegenbleiben.»
    «Die Hütte ist abgelegen. Es gibt meilenweit keine Nachbarn. Wir können Wasser aus dem See abkochen. Es gibt überall Feuerholz. Ich kann den Mädchen das Angeln beibringen. Wir können so lange da ausharren, wie es nötig ist.»
    Sie sah sich in der Küche um. «Und wenn wir hier die Fenster zunageln? Nicht alle, bloß die hier unten. Und die Schiebetür. Das stört mich schon lange, wie leicht die gebaut ist. Da kann jeder einfach reinspazieren.»
    Sie hörte nicht zu. Veränderungen waren ihr verhasst. Alles Unbekannte machte ihr Angst. Sie war nur ein einziges Mal ein größeres Risiko eingegangen, als sie hierhergezogen waren, und damals war sie vor etwas geflohen, nicht auf etwas Neues zugegangen. Er griff nach ihrer anderen Hand und hielt beide fest. Sie sah ihn an.
    «Ann, du musst es verstehen. Hier ist nichts mehr, wie es war. Neulich Abend habe ich keinen einzigen Streifenwagen gesehen. Die Guarnieris sind bei lebendigem Leib in ihrem Haus verbrannt. Libby und Smith sind allein in ihrem Haus gestorben. Und Finn auch. Was soll werden, wenn es uns auch so ergeht? Wer würde Kate und Maddie und Jacob zu sich nehmen?» Er drückte ihre Hände fester. «Schatz, hier ist keiner mehr, der uns helfen kann. Weit und breit niemand.»
    Einen Augenblick hatte er den Eindruck, es leuchte ihr ein, dann siegte ihre Angst. «Was ist mit meinen Eltern? Was ist, wenn sie mit Beth herkommen, und wir sind verschwunden?»
    Er umschlang sie und zog sie dicht an sich. «Wir hinterlassen ihnen einen Brief.» Ihr Haar kitzelte ihn an der Wange. «Sie werden wissen, wo wir zu finden sind.»
    «Zweihundert Meilen   … man könnte uns das Auto klauen. Wir könnten einen Unfall haben. Wir könnten uns anstecken.»
    Er presste sie fester an sich. «Wir haben keine Wahl.»
    «Wann willst du losfahren?»
    «Morgen, so früh es geht.»
     
    «Wie groß ist Granddads Hütte denn?» Kate stand am Küchentisch, schüttelte Handtücher aus und legte sie zusammen. Im Hosenbund klemmte ihre Stoffeule. Vor zwei Monaten waren die Jeans so eng gewesen, dass nicht einmal ein Waschlappen in den Bund gepasst hätte.
    «Sie ist ziemlich primitiv, aber es ist alles da, was man braucht.» Peter kniete vor der Kiste mit den Campingsachen und kramte das Zelt heraus. Das würden sie hierlassen müssen. Es war zu groß zum Mitnehmen, selbst für den Dachträger, den er bereits auf dem Minivan montiert hatte. Sie mussten sich aufdas Allernotwendigste beschränken. Schon damit würde das Auto schwer beladen sein. «Es gibt einen Herd, einen Kamin, einen Esstisch, Etagenbetten.»
    Kates Augen wurden schmal. «Gibt es auch eine Toilette?»
    Er grinste. «Ja, klar, aber du wirst ein Stück laufen müssen, um hinzukommen.»
    «Na toll. Wir werden leben wie die Höhlenmenschen.»
    «Was ist mit einer Dusche?», fragte Maddie. «Die braucht sie nämlich auf jeden Fall.»
    «Ach. Als ob du besser riechst als ich!»
    «Woher soll ich das wissen? Meine Nase riecht schon lange bloß noch
dich

    «Halt’s Maul.»
    «Und Mundgeruch hast du auch.»
    Kate ballte die Fäuste, und Ann trat rasch zwischen ihre beiden Töchter. Vor ein paar Tagen war ihnen die Zahnpasta ausgegangen, und seitdem mischte Ann eine Paste aus Natron. Peter musste zugeben, dass sie nicht das Nonplusultra war. «Lass sie reden, Katytan. Ich rieche nichts.» Peter zwinkerte ihr zu. Maddie nahm die nächste Dose aus der Speisekammer und

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