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Die Luft, die du atmest

Die Luft, die du atmest

Titel: Die Luft, die du atmest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carla Buckley
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Dunkeln. Die kleinen Fenster unter der Kellerdecke waren von dichtem Schnee bedeckt. Er hatte das vage Gefühl, recht lange geschlafen zu haben. Noch ganz verschlafen stand er auf, suchte seine Hausschuhe und ging nach oben.
    Im Erdgeschoss empfing ihn strahlender Sonnenschein. Er blinzelte.
    Von der Weichheit der rieselnden Flocken am gestrigen Abend war nichts mehr übrig. Durch die Fenster drang grelles Tageslicht, Schneeberge blitzten in der Sonne, und der bleiche Himmel darüber verhieß noch mehr Schnee. Die Sonne stand hoch. Sie war schon vor Stunden aufgegangen. Der Schnee hatte sich wie eine Decke über das Haus gelegt, unter der es so still war, dass er erst jetzt aus dem Bett gefunden hatte. Er würde sich einen Kaffee machen und dann sofort ins Labor fahren.
    Im Haus war alles ruhig. Auch die anderen schienen lange zu schlafen. Als er lauschte, hörte sich die Stille im Raum seltsam absolut, ja, schier erdrückend an, und mit einem Mal ging ihm auf, dass es keine gewöhnliche Stille war. Kein Kühlschranksummen, keine Heizungsgeräusche, nicht der geringste Laut vom Fernseher. Nun spürte er auch die Kälte. Wie lange hatten sie schon keinen Strom?
    Ann kam die Treppe herunter, mit verwirrter Miene. Ihr Blick fand seinen. Sie hatte die Stille auch bemerkt.
    «Stromausfall», sagte er. «Ich muss ins Labor.»
    Sie zog ihren Morgenmantel fester um sich. «Sind die Straßen geräumt?»
    Er ging an die Glastür und sah hinaus.
    Alles war weiß. Die Terrasse, die Büsche. Der Schnee reichte bis an die Hüpffläche des Trampolins. Er konnte nicht sehen, wo der Gehweg endete und die Straße anfing.
    Ann trat hinter ihn. «O nein.»
    Es war nicht daran zu denken, in nächster Zeit irgendwohin zu fahren. Das Labor war über fünfzehn Kilometer entfernt. Nicht einmal zu Fuß konnte er es rechtzeitig schaffen, nicht durch diesen knietiefen Schnee.
    Der Anblick ließ ihn verzweifeln. Das Labor war nicht aneinen Generator angeschlossen. Mit jeder Minute, die verging, stieg die Temperatur im Gefrierschrank. Die Viren, die er präpariert hatte, tauten auf. Einige waren vielleicht schon tot. Nicht mehr lange, und alle würden hin sein. Die Antworten, die er mit ihrer Hilfe zu finden gehofft hatte, waren für immer verloren.

SECHZEHN
    Ann betrat die Küche mit vollen Armen. Es schneite wieder, aber diesmal tanzten die Flocken nicht schwerelos, sondern sanken aus einem kalten, weißen Himmel unerbittlich zu Boden. Sie legte die Packungen auf der Küchentheke ab. «Peter, kannst du den Grill anwerfen?»
    Peter füllte den Inhalt des Kühlschranks in Beutel um, die zu seinen Füßen lagen. «Es ist noch keine zwölf.»
    «Ich weiß. Aber wir müssen das Fleisch garen, damit es nicht verdirbt.» Wenn es warm wurde, bevor sie wieder Strom hatten, wäre alles hinüber.
    Er nickte. «Gut, mach ich. Bring mir nach und nach alles raus.»
    Sie dankte dem Himmel, dass er da war. Die Probleme im Haus nicht ganz allein angehen zu müssen war ungemein beruhigend.
    «Kate sagt, das Licht geht auch nicht.» Maddie saß am Tisch, den Löffel zwischen Mund und Joghurtbecher. Sie war in Pullover und Handschuhe eingemummt, mit einem pinkfarbenen Schal um den Hals, dessen Enden über ihren Rücken fielen.
    «Mach dir keine Sorgen.» Peter zog den Mantel über. «Mom hat jede Menge Kerzen.»
    Nein, die hatte Ann nicht. Sie hatte bloß zwei SchachtelnWachskerzen für die Kerzenleuchter im Esszimmer, eine seltsame Sammlung, die Peters Mutter ihr aufgezwungen hatte, als sie ins Seniorenheim ging, und einen Haufen Teelichter, die von Halloween übrig waren.
    «Hast du noch genug Feuerholz?» Peter zog eine Schublade auf und nahm eine Streichholzschachtel heraus.
    «Ich glaube schon.» Sie hatte den Vorrat, den er vor seinem Auszug angelegt hatte, überhaupt nicht angerührt. Das Holz lag noch genauso da, wie er es hinterlassen hatte, unter einer Plane hinten im Garten.
    «Gut. Ich bringe nachher gleich ein Feuer in Gang.» Er zwinkerte Maddie zu, schob die Glastür auf und trat in das Weiß hinaus.
    Kate kam in die Küche geschlurft und ließ sich auf ihren Stuhl fallen. In ihrem schwarzen Rollkragenpullover und mit tief in die Stirn gezogener Mütze war sie ein Bild der Trauer. «Will es denn nie wieder aufhören zu schneien?»
    «Dad sagt, wir müssen Schnee schieben», verkündete Maddie zu ihrer Begrüßung, offensichtlich voller Genugtuung darüber, mit einer schlechten Nachricht auftrumpfen zu können.
    Kate funkelte sie böse an. «Lass

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