Die Luna-Chroniken, Band 2: Wie Blut so rot (German Edition)
helfen.«
Der Eifer des Mädchens erschreckte Cinder. »Ja, du hast uns geholfen. Vielen Dank. Wenn dir noch etwas einfällt …«
»Eine Frage habe ich noch«, meldete sich Thorne. »Unser Schiff muss unbedingt repariert werden. Weißt du, wo es hier in der Nähe gute Ersatzteilläden gibt?«
34
Scarlet schlief unruhig. Thaumaturgen und Wölfe schlichen sich in ihre Träume. Als sie schließlich aus dem Nebel auftauchte, standen zwei Tabletts mit Essen in ihrer Zelle.
Ihr knurrte der Magen, aber sie ignorierte es und rollte sich auf der verdreckten Matratze zusammen. Vor vielen Jahren hatte jemand seine Initialen in die Wand der Garderobe eingeritzt und Scarlet folgte den Buchstaben mit der Fingerkuppe. Ein neuer Star am Opernhimmel des Dritten Zeitalters oder ein verzweifelter Kriegsgefangener?
War er hier in diesem Raum gestorben?
Sie kühlte ihre Stirn am Putz.
Im Flur piepste der Scanner und die Tür öffnete sich klackend.
Scarlet rollte sich auf den Rücken und erstarrte. Wolf stand mit eingezogenem Kopf in der niedrigen Tür. Seine Augen leuchteten im Halbdunkel – sie waren das Einzige, was sich nicht an ihm verändert hatte. Die Haare hatte er streng aus dem scharf geschnittenen Gesicht gekämmt; es wirkte brutaler, aber er sah immer noch gut aus. Er hatte sich das Gesicht gewaschen und trug dieselbe Uniform, die sie bei den anderen Soldaten gesehen hatte: ein braunes Hemd mit runenverzierten Epauletten auf den Schultern. An Gürteln und Schärpen baumelten lauter leere Halfter – und ihr schoss die Frage durch den Kopf, ob Wolf lieber ohne Waffen kämpfte oder ob man ihm nicht gestattet hatte, welche in ihre Zelle mitzunehmen.
Sie sprang von der Liege hoch. Doch das bereute sie sofort, denn alles begann sich zu drehen und sie musste sich an der Wand abstützen. Wolf starrte sie regungslos an. Sein Blick war dunkel und ausdruckslos, und sie wurde mit jeder Sekunde wütender.
»Scarlet.« Er schien mit sich zu kämpfen.
Sie schrie ihm ihre Abscheu ins Gesicht. Wie sie die Zelle durchquert hatte, wusste sie nicht, aber schon schlug sie mit den Fäusten auf ihn ein, auf seinen Kiefer, sein Ohr, seine Brust.
Er gewährte ihr fünf Hiebe, ohne mit der Wimper zu zucken, dann griff er nach ihren trommelnden Fäusten und drückte sie fest gegen seinen Bauch.
Scarlet federte zurück und zielte mit dem Fuß gegen seine Kniescheibe, aber er wirbelte sie so schnell um sich selbst herum, dass sie taumelte. Er zog sie rückwärts mit eisernem Griff an sich.
»Lass mich los!«, schrie sie, stampfte auf und schlug wild um sich, sprang mit ihrem ganzen Gewicht auf seine Zehen – doch wenn sie ihm wehtat, ließ er es sich nicht anmerken. Sie bog den Kopf zurück und versuchte ihn zu beißen. Als ihr das nicht gelang, spuckte sie ihm ins Gesicht.
Er zuckte zurück, aber er lockerte seine Umklammerung nicht.
»Verräter! Du widerlicher Typ! Lass mich sofort los!«
Sie hob das Knie, um Schwung für einen Tritt nach hinten zu holen, da ließ er sie plötzlich los. Ein gellender Aufschrei entfuhr ihr und sie taumelte vornüber.
Mit zusammengebissenen Zähnen und pochenden Knien stolperte sie gegen die Wand und drehte sich nach ihm um. Sie glaubte, sich vor lauter Abscheu und Wut übergeben zu müssen.
»Was willst du von mir?«, brüllte sie ihn an.
Wolf wischte sich mit dem Handrücken die Spucke vom Gesicht. »Ich konnte nicht anders, ich musste dich sehen.«
»Warum? Um nachzutreten? Willst du dich über mich lustig machen, weil du mich an der Nase rumgeführt hast? Wie leicht du mir vormachen konntest …« Sie schauderte angewidert. »Ich kann nicht glauben, dass ich dir erlaubt habe, mich anzufassen.« Sie schüttelte sich und rubbelte sich die Arme ab, als wollte sie die Erinnerung vertreiben. »Hau ab! Lass mich in Ruhe!«
Wolf stand still da und sagte nichts. Scarlet kehrte ihm den Rücken, verschränkte die Arme und starrte bebend vor Wut die Wand an.
»Ich habe dir viele Lügen erzählt«, sagte er schließlich.
Sie schnaubte.
»Aber meine Entschuldigung war ernst gemeint.«
An der Wand tanzten weiße Flecken.
»Ich wollte dich nicht anlügen oder dir Angst einjagen oder … Im Zug habe ich versucht …«
»Wehe!« Sie drehte sich um und bohrte die Nägel in die Arme, um nicht wieder auf ihn loszugehen und sich lächerlich zu machen. »Du wagst es, das anzusprechen? Du willst dich rechtfertigen? Nach all dem, was du mir angetan hast? Nach all dem, was deine Leute meiner
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