Die Luna-Chroniken, Band 2: Wie Blut so rot (German Edition)
Entscheidung für den Asiatischen Staatenbund. Vielleicht die einzig mögliche, aber das macht sie noch nicht zu einer guten.« Er nestelte an seinem Hemdkragen. »Der Staatenbund soll nur mir die Schuld dafür geben können. Bitte lassen Sie mich allein.«
Torin verneigte sich seufzend. »Solltet Ihr mich brauchen – ich warte draußen vor Eurer Tür, Majestät.« Torin verließ das Arbeitszimmer, obwohl er einen äußerst unglücklichen Eindruck machte.
Kai schritt vor dem Netscreen auf und ab. Sein Magen war hart wie Stein. Er strich die Falten glatt, die sich im Laufe des langen Tages auf seinem Hemd gebildet hatten. Wenigstens war er noch im Büro gewesen, als der Alarm ausgerufen worden war. Wahrscheinlich würde er nie mehr richtig schlafen.
Nach dem, was er jetzt vorhatte.
Ihm schwirrte der Kopf, doch immer wieder dachte er an Cinder und den Ball. Wie glücklich er gewesen war, als sie die Treppe in den Ballsaal herunterkam. Und wie ahnungslos. Wie hatte er sich über ihr regennasses Haar und das zerknitterte Kleid amüsiert – und es für einen gelungenen Auftritt der bekanntesten Mechanikerin der Stadt gehalten. Er hatte gedacht, sie wäre wahrscheinlich gefeit gegen Modetrends und fühlte sich in ihrer Haut so wohl, dass sie mit ungekämmten Haaren und ölverfleckten Handschuhen, aber erhobenen Hauptes als Ehrengast des Imperators auf einem Ball erschien.
Da hatte er noch nicht gewusst, dass sie nur zum Ball geeilt war, um ihn zu warnen.
Cinder hatte ihr Leben aufs Spiel gesetzt, um ihn dazu zu bringen, die Allianz nicht einzugehen. Levana nicht zu heiraten. Denn Levana hatte vor, ihn nach der Eheschließung und ihrer Thronbesteigung zu töten.
Ihm war übel, denn er wusste, dass Cinder Recht hatte. Levana würde ihn beseitigen, sowie er seinen Zweck erfüllt hatte.
Trotzdem musste er dem Morden jetzt Einhalt gebieten und den Krieg beenden.
Cinder war nicht die Einzige, die bereit war, sich für ein höheres Ziel zu opfern.
Er atmete tief durch und stellte sich vor den Schirm.
»Vidlink zu Königin Levana aufbauen.«
Nur einmal drehte sich der kleine Globus in der Ecke des Schirms, bevor die Königin von Luna mit ihrem üblichen weißen, spitzenverzierten Schleier erschien. Ihr Gesicht stellte er sich alt, verhärmt und eingefallen vor – und das half natürlich nicht gerade.
Kai war sicher, dass sie alles mit angehört und nur auf den Vidlink gewartet hatte. Sie wusste bestimmt, was er beabsichtigte, und grinste hämisch hinter dem Schleier.
»Mein lieber Imperator Kaito, was für eine freudige Überraschung. Es muss doch schon spät sein in Neu-Peking. Ungefähr zwei Stunden und vierundzwanzig Minuten nach Mitternacht, ist das korrekt?«
Er schluckte seine Abscheu hinunter so gut es ging und breitete die Arme aus. »Eure Majestät, ich bitte Euch. Bitte stellt diesen Angriff ein. Bitte ruft Eure Soldaten zurück.«
Sie neigte den Kopf und der Schleier bauschte sich auf. »Ihr bittet mich? Herrlich. Fahrt doch fort.«
Das Blut schoss ihm ins Gesicht. »Unschuldige Menschen sterben – Frauen und Kinder, Unbeteiligte –, Menschen, die Euch nichts zu Leide getan haben. Ihr habt gewonnen, und Ihr wisst es. Also bitte, macht dem allen auf der Stelle ein Ende.«
»Ihr sagt, ich hätte gewonnen, doch wie sieht mein Preis aus, junger Imperator? Habt Ihr etwa das Cyborg-Mädchen festgenommen, das der Auslöser für all das war? Sie ist diejenige, an die Ihr diesen Appell richten solltet. Wenn sie sich stellt, rufe ich meine Männer zurück. So lautet mein Angebot. Lasst mich wissen, wenn Ihr dazu bereit seid. Bis dahin gute Nacht.«
»Wartet!«
Sie faltete die Hände. »Ja, bitte?«
Sein Puls hämmerte gegen die Schläfen. »Ich kann Euch das Mädchen nicht ausliefern – wir dachten, wir hätten sie, aber sie ist uns wieder entkommen, wie Ihr vermutlich bereits wisst. Aber ich lasse nicht zu, dass Ihr weiter unschuldige Erdbewohner tötet, während wir alles tun, um das Mädchen aufzuspüren.«
»Ihr müsst es mir nachsehen, aber das ist nicht mein Problem.«
»Ich kann Euch etwas anbieten. Wir wissen beide, was es ist.«
»Ich kann mir überhaupt nicht vorstellen, wovon Ihr sprecht.«
Kai bemerkte erst als seine Fingerknöchel schmerzten, dass er die Hände gefaltet hielt und sie beinah anflehte. »Solltet Ihr immer noch beabsichtigen, mich zu ehelichen, so willige ich ein. Wenn Ihr Eure Männer zurückruft, ist der Staatenbund Euer.« Seine Stimme brach und er biss die Zähne
Weitere Kostenlose Bücher