Die Luna-Chroniken, Band 2: Wie Blut so rot (German Edition)
völlig durcheinander, als wir ihm diese Aufzeichnungen gezeigt haben. Er behauptet, sich nicht daran erinnern zu können.«
»Wie sollte so etwas möglich sein?«
Huy nestelte nervös an den Knöpfen seines Jacketts herum. »Wie es aussieht, Eure Majestät, hat Dr. Dmitri Erland den Wärter mit seinem Zauber dazu gebracht, ihm Zutritt zur Zelle der Gefangenen zu verschaffen.«
Kai stellten sich die Nackenhaare auf. Er sank auf seinen Stuhl. »Zauber? Sie halten ihn für einen Lunarier?«
»Das ist unsere Theorie.«
Kai starrte an die Decke. Cinder – eine Lunarierin. Dr. Erland – ein Lunarier. »Ist das eine Verschwörung?«
Torin räusperte sich, wie immer, wenn Kai mit einer weit hergeholten Theorie daherkam – auch wenn Kai die Frage in diesem Zusammenhang für vollkommen legitim hielt. »Wir sind noch dabei, alle Möglichkeiten durchzuspielen«, sagte Torin. »Wenigstens wissen wir jetzt, wie sie fliehen konnte.«
»Wir haben weitere Aufzeichnungen, auf denen zu sehen ist, wie die Gefangene einen Wärter aus der nächsten Schicht manipuliert«, sagte Huy. »Und wie er sie in eine andere Zelle führt. Auf den Filmen hat sie wieder zwei Füße und eine andere linke Hand als die, mit der sie ins Gefängnis gebracht wurde.«
Kai stemmte sich aus dem Stuhl. »Aus der Tasche«, sagte er in Richtung der Fenster.
»Genau. Dr. Erland hat ihr diese Werkzeuge mit der Absicht gebracht, ihr zur Flucht zu verhelfen – wie wir jetzt annehmen müssen.«
»Deswegen ist er auch weggegangen.« Kai schüttelte den Kopf und fragte sich, wie gut Cinder Dr. Erland kannte – und was sie eigentlich bei all ihren Besuchen im Krankenhaus miteinander zu schaffen gehabt hatten. Hatten die beiden Pläne ausgeheckt und eine Verschwörung angezettelt? »Und ich habe geglaubt, sie würde einen Medidroiden reparieren«, murmelte er mehr zu sich. »Ich habe das überhaupt nicht hinterfragt – meine Güte, wie dumm war ich denn?«
»Eure Majestät«, sagte Huy, »die wenigen Kräfte, die nicht nach Linh Cinder suchen, haben wir auf die Spur von Dmitri Erland angesetzt. Er wird des Hochverrats angeklagt.«
»Bitte entschuldigt die Unterbrechung, Eure Majestät«, schaltete sich die Androidin Nainsi ins Gespräch, die früher Kais Lehrerin gewesen war und jetzt eine bedeutendere Rolle spielte – sie war seine persönliche Assistentin. Es handelte sich um ebendie Androidin, die Kai Linh Cinder vor vier Wochen zur Reparatur gebracht hatte. War das wirklich erst vier Wochen her? Damals, als Cinder nichts als eine stadtbekannte Mechanikerin gewesen war. »Die Königin von Luna bittet um ein Gespräch …«
»Ich lasse mich doch nicht von einer Androidin ankündigen!«
Huy und Torin drehten sich um, als Levana wütend hereinfegte und mit dem Handrücken auf Nainsis blauen Sensor schlug. Die Androidin wäre zweifellos auf den Rücken gekippt, wenn sich ihre hydraulischen Stabilisatoren nicht eingeschaltet und sie gerade noch aufgefangen hätten.
Die übliche Entourage folgte der Königin auf dem Fuß: Sybil Mira, die Oberste Thaumaturgin. Ihre Rolle am Hof von Luna schwankte zwischen ergebenem Hündchen und schadenfrohem Schergen und es bereitete ihr Vergnügen, Levanas grausamste Wünsche zu erfüllen. Kai hatte einmal mit ansehen müssen, wie sie eine unschuldige Dienerin auf Befehl der Königin angegriffen hatte und um ein Haar geblendet hätte, ohne auch nur im Geringsten zu zögern.
Ihr folgte ein weiterer Thaumaturge, einen Rang unter Sybil, mit dunkler Haut und durchdringendem Blick, dessen einzige Aufgabe – soweit Kai das beurteilen konnte – darin bestand, hinter seiner Königin zu stehen und blasiert um sich zu blicken.
Des Weiteren erschien Sybils persönlicher Leibwächter, der blonde Mann, der Cinder während des Balls festgehalten hatte, als Levana ihr das erste Mal nach dem Leben trachtete. Obwohl sie schon seit einem Monat zu Gast im Palast waren, kannte Kai seinen Namen immer noch nicht. Ein zweiter Leibwächter mit flammend rotem Haar musste derjenige sein, der eine Kugel, die Levana galt, mit der Schulter abgefangen hatte. Wie es schien, war eine Schusswunde nicht genug, um einen königlichen Wächter vom Dienst zu befreien. Der einzige Hinweis auf die Wunde war der Verband, der sich unter seiner Uniform abzeichnete.
»Eure Majestät«, sagte Kai und begrüßte die Königin mit bewundernswert wenig Verachtung. »Was für eine angenehme Überraschung.«
»Noch ein herablassender Kommentar und
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