Die MacGregors 05 - Stunde des Schicksals
Anna. »Sicher, es gibt einen.« Ihre Stimme wurde kühler. »Aber er geht mir auf die Nerven.«
»Welcher Mann tut das nicht? Erzählen Sie mir von ihm.«
Weil Mrs. Higgs’ müde Augen plötzlich leuchteten, tat Anna ihr den Gefallen. »Er heißt Daniel MacGregor und kommt aus Schottland.«
»Sieht er gut aus?«
»Nein. Ja.« Anna stützte das Kinn auf die Hand. »Er ist nicht der Typ Mann, den man in Zeitschriften findet, aber er ist trotzdem ungewöhnlich. Er ist gut zwei Meter groß.«
»Breite Schultern?« Mrs. Higgs horchte auf.
»Allerdings.« Sie hatte vorgehabt, ihn um Mrs. Higgs willen noch eindrucksvoller zu machen, doch dann fiel ihr auf, dass sie gar nicht viel dazuerfinden musste. »Er könnte bestimmt leicht je einen Mann auf seinen Schultern tragen.«
Zufrieden lehnte Mrs. Higgs sich zurück. »Ich habe große und kräftige Männer immer gemocht.«
Anna runzelte die Stirn, doch dann gestand sie sich ein, dass Daniels Beschreibung mehr für Mrs. Higgs tat als das Pariser Modemagazin. »Er hat rotes Haar«, fuhr sie fort. »Und einen Bart.«
»Einen Bart!«, rief Mrs. Higgs begeistert. »Wie extravagant!«
»Nein …« Viel zu schnell für ihren Geschmack sah Anna Daniels Gesicht vor sich. »Eher wüst und furchterregend. Aber er hat hübsche Augen. Sie sind sehr blau.« Wieder runzelte sie die Stirn. »Leider neigt er dazu, einen anzustarren.«
»Ein Draufgänger.« Mrs. Higgs nickte anerkennend. »Leisetreter konnte ich nie ausstehen. Was macht er beruflich?«
»Er ist Geschäftsmann. Ein erfolgreicher. Und er ist arrogant.«
»Das wird ja immer besser. Jetzt sagen Sie mir, warum er Ihnen auf die Nerven geht.«
»Er akzeptiert kein Nein als Antwort.« Unruhig stand Anna auf und ging ans Fenster. »Ich habe keinen Zweifel daran gelassen, dass ich nicht interessiert bin.«
»Und jetzt ist er fest entschlossen, das zu ändern.«
»So ungefähr.« Ich habe Sie gesucht und gefunden, Anna Whitfield, und ich werde Sie bekommen . »Er hat mir in dieser Woche jeden Tag Blumen geschickt.«
»Was für welche?«
Belustigt drehte Anna sich zu ihr um. »Rosen. Weiße Rosen.«
»Oh.« Mrs. Higgs seufzte sehnsuchtsvoll. »Es ist viel zu lange her, dass jemand mir Rosen geschickt hat.«
Gerührt sah Anna der alten Dame in die Augen. Mrs. Higgs war erschöpft. »Ich bringe Ihnen gern welche von meinen mit. Sie duften herrlich.«
»Das ist lieb von Ihnen, aber irgendwie ist es nicht dasselbe, nicht wahr? Es gab eine Zeit, da …« Kopfschüttelnd verstummte sie. »Na ja, das ist Vergangenheit. Vielleicht sollten Sie sich diesen Daniel doch genauer ansehen. Es ist immer ein Fehler, Zuneigung zurückzuweisen.«
»Wenn ich meine Zeit als Assistenzärztin hinter mir habe, werde ich mehr Zeit für Zuneigung haben.«
»Wir denken immer, dass wir eines Tages mehr Zeit haben werden.« Mit einem neuerlichen Seufzer schloss Mrs. Higgs die Augen. »Ich drücke diesem Daniel die Daumen«, murmelte sie noch und schlief ein.
Anna betrachtete sie noch einen Moment, dann ließ sie Mrs. Higgs mit dem Sonnenschein und dem Modejournal zurück und schloss leise die Tür hinter sich.
Stunden später trat sie in die Nachmittagssonne hinaus. Ihre Füße schmerzten, aber sie war bester Stimmung. Den letzten Teil ihrer Schicht hatte sie auf der Entbindungsstation verbracht, wo sie mit jungen Müttern gesprochen und Neugeborene im Arm gehalten hatte. Sie fragte sich, wie lange es dauern würde, bis sie selbst einem Baby auf die Welt helfen dürfte.
»Du bist noch hübscher, wenn du lächelst.«
Verblüfft fuhr Anna herum. Daniel lehnte an der Motorhaube eines dunkelblauen Cabrios. Er war lässig gekleidet, trug eine sportliche Hose und ein Hemd, das am Hals offen stand. Eine leichte Brise wehte durch sein Haar, und er lächelte. So ungern sie es auch zugab, er sah fantastisch aus. Während sie noch überlegte, wie sie reagieren sollte, kam er auf sie zu.
»Dein Vater hat mir gesagt, wo ich dich finden kann.« Sie sah so … so kompetent und sachlich aus in dem dunklen Rock und der weißen Bluse. Nicht so zart wie in ihrem rosafarbenen oder hellblauen Kleid, aber genauso hinreißend.
Mit einer unbefangenen Geste schob sie sich eine Strähne hinters Ohr. »Oh. Mir war nicht klar, dass du ihn so gut kennst.«
»Jetzt, wo Ditmeyer Staatsanwalt geworden ist, brauche ich einen neuen Anwalt.«
»Meinen Vater.« Anna musste sich beherrschen. »Ich kann nur hoffen, dass du ihn nicht meinetwegen genommen hast.«
Daniel
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