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Die MacGregors 05 - Stunde des Schicksals

Die MacGregors 05 - Stunde des Schicksals

Titel: Die MacGregors 05 - Stunde des Schicksals Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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Bürosessel zurück. Die Sonne, die hinter ihm durch das Fenster fiel, ließ sein rotes Haar aufflammen. Auch wenn er das nicht geplant hatte, wäre er sehr zufrieden mit dem Effekt gewesen. »Sie gehen also von einer fünfprozentigen Profitspanne aus, wenn wir die Immobilie zwangsversteigern, sehe ich das richtig?«
    Sarkasmus triefte auf Bombecks Haupt. »Genau, Mr. MacGregor.«
    »Fein. Gut. In den nächsten zwölf Jahren der laufenden Hypothek können wir, langfristig gesehen, mit etwa dem Dreifachen rechnen, oder?«
    »Langfristig gesehen, sicher. Ich könnte Ihnen die genauen Zahlen beschaffen, aber …«
    »Na also. Dann verstehen wir uns doch bestens. Verlängern Sie.« Daniel machte eine Kunstpause, bevor er die nächste Bombe platzen ließ. »Ab nächstem Monat werden wir die Hypothekenzinsen um ein Viertel Prozent senken.«
    »Senken? Aber Mr. MacGregor …«
    »Und wir erhöhen die Zinsen auf Sparkonten auf das zulässige Höchstniveau.«
    »Mr. MacGregor, auch Ihnen dürfte bewusst sein, dass das Old Line tief in die roten Zahlen bringen wird.«
    »Kurzfristig«, entgegnete Daniel brüsk. »Langfristig – Sie verstehen doch, was langfristig heißt, oder, Bombeck? –, langfristig gesehen werden wir das durch ein größeres Volumen ausgleichen. Old Line wird die niedrigsten Hypothekenzinsen im Staat haben.«
    Bombeck schluckte schwer. »Ja, Sir.«
    »Und die höchsten Sparzinsen.«
    Der Direktor konnte die Dollarscheine schon zum Fenster hinausfliegen sehen. »Das kostet die Bank …« Bombeck wagte gar nicht, es sich vorzustellen. »Ich werde die genauen Zahlen errechnen, dann werden Sie verstehen, was ich sagen will. Mit einer derartigen Politik werden wir in spätestens sechs Monaten …«
    »Das führende Kreditinstitut im Staat sein«, unterbrach Daniel ihn gelassen. »Gut, dass wir uns einig sind. Wir werden in den Zeitungen für uns werben.«
    »Werben«, murmelte Bombeck wie im Traum.
    »Große Anzeigen, auffallend, aber nicht protzig«, fuhr Daniel fort. »Lassen Sie sich etwas einfallen und legen Sie es mir vor. Sagen wir, bis morgen zehn Uhr.«
    Bombeck brauchte ein paar Sekunden, bis er begriff, dass das Gespräch beendet war. Viel zu benommen, um zu widersprechen, schob er seine Papiere zusammen und stand auf. Als er hinausging, drückte Daniel seine Zigarre aus.
    Verknöcherter alter Trottel. Was er brauchte, war jemand Junges und Unverbrauchtes. Jemanden frisch vom College, mit mehr Mut und neuen Ideen. Bombecks Stolz würde er mit einer neu geschaffenen Position beruhigen. Für Daniel war Loyalität keine leere Floskel, und Trottel oder nicht, Bombeck arbeitete seit fast fünfzehn Jahren für Old Line. Vielleicht sollte er sich mit Ditmeyer über diese Sache unterhalten. Das war ein Mann, auf dessen Meinung Daniel vertraute.
    Bankiers mussten lernen, dass es zu ihrem Geschäft gehörte, Risiken einzugehen. Daniel erhob sich, ging ans Fenster und blickte auf Boston hinaus. Im Moment war sein Leben ein einziges Risiko. Das Geld, das er verdient hatte, konnte er ebenso gut wieder verlieren. Was kümmerte ihn das? Dann würde er es eben ein zweites Mal verdienen, und dann mehr. Die Macht, die er besaß, konnte vergehen. Er würde sie erneut erwerben. Aber es gab etwas, das sich nicht ersetzen ließ, wenn er es verlor. Anna.
    Wann hatte sie aufgehört, ein Posten in seiner Lebensplanung zu sein, und angefangen, sein Dasein zu bestimmen? Wann hatte er das Geschäftliche aus den Augen verloren und sich in sie verliebt? Er wusste es genau: als sie sein Gesicht zwischen ihre Hände genommen, ihm tief in die Augen geschaut und seinen Mund mit ihrem berührt hatte. Seitdem war es mehr als ein Reiz, mehr als Verlangen, mehr als eine Herausforderung.
    Seine wohldurchdachte Werbung hatte sich in Rauch aufgelöst. Der Schritt für Schritt gezeichnete Plan war in kleine Fetzen zerrissen worden. In jenem Moment war er zu einem einfachen Mann reduziert worden, der völlig verhext von einer Frau war. Was jetzt? Für diese eine Frage fand er keine Antwort. Er hatte eine Frau gewollt, die schön brav und geduldig zu Hause saß und auf ihn wartete, während er sich ums Geschäft kümmerte. Eine solche Frau war Anna aber nicht. Er hatte eine Frau gewollt, die seine Entscheidungen nie infrage stellen würde, sondern sich sofort daranmachte, sie in die Tat umzusetzen. So eine Frau war Anna auch nicht. Da gab es einen Teil ihres Lebens, mit dem er nie zu tun haben würde. Wenn sie ihren Ehrgeiz erfolgreich

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