Die MacGregors 05 - Stunde des Schicksals
Gefühl hin.
Mit jedem Herzschlag wuchs seine Verzweiflung. Er wusste, was er wollte. Jetzt und sein ganzes Leben lang. Anna. Nur Anna. Ihr Mund war heiß, ihre Haut kühl. Die Bilder, die durch seine Gedanken flimmerten, waren dunkel und gefährlich wie unerschlossenes Land. Sie klammerte sich an ihn und schien ihm alles zu geben. Vor Lust und Freude wurde ihm fast schwindlig. Dann presste sie das Gesicht an seinen Hals und erstarrte.
»Anna?«, fragte er mit rauer Stimme.
»Ich kann nicht behaupten, dass ich das hier nicht will.« Der Widerstreit, der in ihr tobte, erschreckte sie. »Aber ich kann auch nicht sicher sein, dass ich es wirklich will.« Sie erschauerte und zog sich zurück. Im Kerzenschein konnte er ihr Gesicht sehen. Es war blass, die Augen dunkel. »Ich hatte nie damit gerechnet, so etwas zu fühlen, Daniel. Ich muss nachdenken.«
In ihm brannte das Verlangen. »Ich kann für uns beide denken.«
Bevor er sie küssen konnte, legte sie beide Hände an seine Wangen. »Und genau das macht mir Angst.« Sie machte sich frei und setzte sich auf. Ihr Kleid stand fast bis zur Taille offen. Zum ersten Mal in ihrem Leben hatte sie sich einem Mann so gezeigt. Dennoch empfand sie keine Scham. Ihre Finger zitterten nicht, als sie die Knöpfe schloss. »Was zwischen uns passiert … zwischen uns passieren könnte … ist die wichtigste Entscheidung meines Lebens. Ich muss sie allein treffen.«
Er packte sie bei den Armen. »Sie ist längst getroffen.«
Ein Teil von ihr stimmte ihm zu, ein anderer wehrte sich voller Angst dagegen. »Du weißt, was du willst. Ich nicht. Und solange ich das nicht weiß, kann ich dir nichts versprechen.« Erst jetzt begannen ihre Finger zu zittern. »Vielleicht werde ich dir nie etwas versprechen können.«
»Wenn ich dich in den Armen halte, fühlst du, dass es richtig ist. Fühlst du das nicht, wenn ich dich berühre?«
»Doch.« Anna zwang sich, ruhig zu bleiben. »Und genau deshalb brauche ich Zeit. Wie immer meine Entscheidung ausfällt, ich muss sie mit einem klaren Kopf treffen.«
»Mit klarem Kopf.« Wütend und von schmerzhaftem Verlangen durchtränkt, sprang er auf und begann im Zimmer auf und ab zu marschieren. »Mein Kopf ist nicht mehr klar, seit ich dich zum ersten Mal gesehen habe.«
Sie erhob sich ebenfalls. »Dann brauchen wir beide Zeit, ob es dir nun gefällt oder nicht.«
Er nahm ihr Glas und leerte es. »Du brauchst Zeit, Anna.« Er drehte sich zu ihr um. Nie hatte er wilder, wunderbarer ausgesehen für sie. Eine kluge Frau würde auf ihr Herz aufpassen, Anna versuchte sich daran zu erinnern. »Ich werde drei Tage in New York sein. Da hast du deine Zeit. Wenn ich zurückkomme, werde ich zu dir kommen. Dann will ich deine Entscheidung hören.«
Anna hob das Kinn, gab unbewusst den Blick auf den langen, fein geschwungenen Hals frei. Würde umhüllte sie wie ein eleganter Umhang. »Ich lasse mich von dir nicht unter Druck setzen, Daniel.«
»Drei Tage«, wiederholte er und stellte das Glas ab, bevor er es zerbrechen würde. »Ich bringe dich nach Hause.«
6. K APITEL
Als aus drei Tagen eine ganze Woche wurde, wusste Anna nicht, ob sie wütend oder erleichtert sein sollte. So zu tun, als würde weder das eine noch das andere sie interessieren, und ihr Leben wie üblich weiterlaufen zu lassen, war unmöglich. Er war doch derjenige gewesen, der ihr eine Frist gesetzt hatte, und jetzt hielt er sich selbst nicht daran. Allerdings musste sie sich auch ehrlich eingestehen, dass sie noch zu keiner Entscheidung gelangt war.
Wenn Anna sich vornahm, ein Problem zu lösen, dann tat sie es auch. Man musste die Sache von allen Seiten betrachten, alle Möglichkeiten durchspielen und Prioritäten setzen. Allerdings gab es in ihrer Beziehung mit Daniel so viele verschiedene Aspekte, was eine vernünftige Lösung praktisch unmöglich machte. Auf der einen Seite war er unhöflich und aufreibend, andererseits steckte er voller Leben und Energie und war amüsant. Er war unerträglich arrogant – und unwiderstehlich zärtlich. Seine rauen Kanten würden nie ganz abgeschliffen werden können. Er verfügte über eine ausgesprochen wache und schnelle Intelligenz. Er war listig. Er konnte über sich selbst lachen. Er war erdrückend. Er war unglaublich großzügig.
Wenn sie Daniel nicht analysieren konnte, wie sollte es ihr gelingen, ihre eigenen Gefühle für ihn zu analysieren? Verlangen. Sie hatte wenig Erfahrung mit diesem Gefühl, aber sie konnte es klar in sich
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