Die MacGregors 05 - Stunde des Schicksals
untergehenden Sonne drang rotgolden durch die Fenster. Während sie aßen, wurde es immer dunkler. McGee erschien, um die Kerzen anzuzünden, und verschwand ebenso geräuschlos, wie er gekommen war.
»Wenn ich meiner Mutter von diesem Essen erzähle, wird sie versuchen, deine Köchin abzuwerben.« Anna nahm einen Bissen von der Schokoladentorte und verstand endlich die Bedeutung der Worte »sündhaft reich«.
Es bereitete ihm ein stilles, warmes Vergnügen, sie zu beobachten, wie sie sein Essen genoss, von den Tellern, die er selbst ausgewählt hatte. »Jetzt verstehst du vielleicht, warum ich lieber zu Hause als im Restaurant esse.«
»Absolut.« Sie nahm noch einen Bissen, weil es manche Dinge im Leben gab, denen man nicht widerstehen durfte. »Hausmannskost wird mir fehlen, wenn ich in meine eigene Wohnung ziehe.«
»Warum kochst du nicht selbst?«
»Das würde ich gern, aber ich kann es nicht. Keine Sorge«, sagte sie, als er die Stirn runzelte. »Ich habe vor, es zu lernen. Reiner Selbsterhaltungstrieb.« Sie verschränkte die Hände und stützte das Kinn darauf. »Ich nehme nicht an, dass du kochst.«
Er wollte lachen, ließ es aber. »Nein.«
Es gefiel ihr mehr und mehr, dass sie ihn so überrumpeln konnte. »Aber du findest es seltsam, dass ich als Frau nicht kochen kann?«
Es war schwer, sich nicht von ihrer Logik beeindrucken zu lassen, auch wenn sie sich gegen ihn richtete. »Du hast die Angewohnheit, einen Mann in die Enge zu treiben, Anna.«
»Es macht mir einfach Spaß, dir zuzusehen, wie du dich da wieder herausboxt. Ich weiß, es könnte deinem Ego gefährlichen Auftrieb geben, aber … du bist nun mal ein interessanter Mann.«
»Mein Ego ist groß genug. Da muss schon mehr kommen, um mich zu beeindrucken. Aber warum erklärst du nicht genauer, warum ich interessant bin?«
Lächelnd stand sie auf. »Vielleicht ein anderes Mal.«
Er erhob sich ebenfalls und nahm ihre Hand. »Dann wird es ein anderes Mal geben?«
Sie hielt nichts von Lügen und wenig von Ausweichmanövern. »Das wird es wohl. Mrs. Higgs hat heute nur von dir gesprochen«, sagte sie, als sie gemeinsam in den Salon gingen.
»Eine bezaubernde Frau.«
Anna musste lächeln. Er sagte es mit solcher Überzeugung. »Sie rechnet fest damit, dass du sie wieder besuchst.«
»Ich habe es versprochen.« Er sah die Frage in ihren Augen und blieb stehen. »Und ich halte mein Wort.«
»Ja, das tust du. Und das ist edel von dir, Daniel. Sie hat sonst niemanden.«
Verlegen runzelte er die Stirn. »Verpass mir keinen Heiligenschein, Anna. Ich will unsere Wette gewinnen, aber nicht unter falschen Voraussetzungen.«
»Ich habe nicht vor, dir einen Heiligenschein zu verpassen.« Sie schob sich das Haar von der Schulter. »Genauso wenig, wie ich vorhabe, die Wette zu verlieren.«
Im Durchgang zum Salon war sie es, die stehen blieb. Überall brannten Kerzen, dutzende, ihr Schimmer erfüllten den Raum. Durchs Fenster fiel der Mondschein, wetteiferte mit dem sanften Licht. Leise Musik erklang, ein Blues, der aus dem Schatten zu kommen schien. Anna fühlte, wie ihr Puls sich beschleunigte, ging jedoch weiter.
»Sehr stilvoll«, stellte sie fest, als sie die silberne Kaffeekanne bemerkte, die zusammen mit zwei Tassen neben der Couch bereitstand.
Während Daniel zur Bar ging, um den Brandy einzugießen, blieb sie stehen und fragte sich, warum sie nicht angespannt war. »Ich mag es, wie du bei Kerzenschein aussiehst«, gestand er und reichte ihr den Schwenker. »Es erinnert mich an den Abend, an dem wir uns das erste Mal begegnet sind. Du standest auf der Terrasse, und der Mond schien dir ins Gesicht.« Als er ihre Hand nahm, glaubte er, sie zittern fühlen zu können. Aber ihre Augen blickten so ruhig. »Ich habe dich angesehen und wusste, dass ich dich haben musste. Seitdem denke ich Tag und Nacht an dich.«
Es wäre so einfach, nur zu einfach, dem nachzugeben, was seine Nähe, seine Berührung in ihr auslöste. Sollte sie das tun, würde sie seinen Mund wieder auf ihren Lippen spüren können, würde das Prickeln auf ihrer Haut fühlen, das seine großen sanften Hände auslösen konnten. Ja, es wäre so einfach. Doch das Leben, das sie gewählt hatte, war damit nicht vereinbar.
»Ein Mann in deiner Position müsste wissen, wie gefährlich spontane Entscheidungen sind.«
»Nein.« Er hob ihre Hand und küsste jeden Finger, langsam, träge, sinnlich.
Der Atem stockte ihr in der Kehle, und nur mit reiner Willenskraft gelang es ihr, gelassen
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