Die MacGregors 05 - Stunde des Schicksals
in einen Mann verliebt, der so leicht zu besänftigen war? Nein, sie hatte sich in Daniel verliebt, weil er genauso war, wie er eben war.
»Im Moment nicht.« Sie sah sich in seinem Büro um. »Sehr schön, Daniel.« An der Wand hing ein abstraktes Gemälde in diversen Blautönen. Man musste schon genau hinsehen, um zu erkennen, dass es darauf um Erotik ging. »Sehr dezent.«
Er sah, wie sie das Bild betrachtete, und wusste, dass sie es verstand. Er hatte eine Menge Geld für den Picasso bezahlt. Es gefiel ihm, und in kürzester Zeit würde der Wert sich vervielfachen. »Du bist nicht leicht zu schockieren, Anna.«
»Das stimmt.« Sie entspannte sich. »Ich war schon immer der Überzeugung, dass das Leben viel zu kurz ist, um sich ständig über etwas aufzuregen. Ich habe deine Rosen vermisst.«
Er lehnte sich mit der Hüfte an den Schreibtisch. »Ich dachte, du willst nicht, dass ich dir Rosen schicke.«
»Wollte ich auch nicht. Bis keine mehr kamen.« Sicherlich hatte auch sie ein Recht auf ein paar bissige Bemerkungen. »Seit Tagen habe ich nichts mehr von dir gehört, deshalb frage ich mich, ob ich dich vielleicht schockiert haben könnte.«
Vor wenigen Minuten hatte er gleichzeitig Anspannung und Langeweile gefühlt. Jetzt, in Annas Gegenwart, beruhigte sich alles wieder. »Ich bin nicht so leicht zu schockieren.«
»Gekränkt? Weil ich zwar mit dir leben, dich aber nicht heiraten will?«
Fast hätte er gegrinst. Hatte er nicht einmal gesagt, dass er Frauen vorzog, die ihre Meinung sagten – bis zu einem gewissen Punkt? Mittlerweile wunderte es ihn nicht mehr, dass er seine Meinung geändert hatte. »Verärgert«, korrigierte er. »Man könnte sogar sagen, du hast mich in Rage gebracht.«
Sie erinnerte sich nur zu gut an seine Reaktion. »Ja, so könnte man wohl sagen. Und das bist du noch immer?«
»Richtig. Du willst mich nicht heiraten?«
»Nein.«
Er holte eine Zigarre heraus, steckte sie an, blies eine Rauchwolke an die Decke. Im Geschäftsleben wusste er, wie er mit seinem Gegenüber umzugehen hatte. Ihn aus der Reserve locken. Wenn der andere das Erklären übernahm, konnte man selbst die Zügel in der Hand behalten. Zigarrenrauch schwebte über seinem Kopf, während er Anna studierte und wartete. »Warum bist du gekommen, Anna?«
Also hatte er nicht vor, auch nur einen Zentimeter nachzugeben. Sie nippte wieder an dem Brandy. Na gut, dann würde sie es auch nicht tun. »Weil mir klar wurde, dass ich dich wiedersehen musste.« Sie stellte das Glas ab und stand auf. »Gehst du heute Abend mit mir essen?«
Er runzelte die Stirn. »Normalerweise lädt der Mann die Frau ein.«
Seufzend trat sie vor ihn hin. »Du vergisst schon wieder, in welchem Jahrhundert wir leben. Ich hole dich um sieben ab.«
»Du …«
»Um sieben«, wiederholte sie und stellte sich auf die Zehenspitzen, um ihn zu küssen. »Danke für den Brandy, Daniel. Jetzt will ich dich nicht länger aufhalten.«
Erst als sie an der Tür war, rief er: »Anna.«
Lächelnd drehte sie sich zu ihm um. »Ja?«
Er sah ihr an, dass sie mit seinem Protest rechnete. Ändere die Taktik, verwirre sie, dachte Daniel und zog an der Zigarre. »Ich kann erst um halb acht. Eine Besprechung.«
Zufrieden registrierte er die Verunsicherung in ihrem Blick. Dann nickte sie. »Einverstanden.«
Als sie die Tür hinter sich schloss, atmete sie tief durch.
An seinem Schreibtisch lächelte Daniel. Dann schmunzelte er. Schließlich lachte er aus vollem Hals. Er hätte nicht sagen können, wer hier wen übertrumpft hatte, aber das war auch nicht wichtig. Er war immer offen für ein neues Spiel. Er würde Anna das Mischen und Austeilen der Karten überlassen.
Aber er würde gewinnen.
Als Anna nach Hause kam, war aus dem strömenden Regen ein Nieseln geworden. Ihre Eltern waren ausgegangen, aber das Parfum ihrer Mutter hing noch in der Luft. Froh darüber, dass sie allein war, ging Anna nach oben, um sich ein Bad einzulassen. Es war ein gutes Gefühl, die Initiative ergriffen zu haben. Jetzt hatte sie wieder die Kontrolle, auch wenn ihr Fundament nicht ganz so fest war, wie es hätte sein können.
Daniel MacGregor war kein Mann, der sich manipulieren ließ. Das hatte sie von Anfang an gewusst. Doch sie hielt ihn für einen Mann, der offen für Verhandlungen war. Ihr Hauptproblem lag darin, ihn nicht merken zu lassen, wie viel sie zu geben bereit war. Nämlich alles.
Sie ließ sich in das heiße Wasser gleiten und schloss die Augen. Wenn er das
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