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Die Macht der Angst (German Edition)

Die Macht der Angst (German Edition)

Titel: Die Macht der Angst (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Shannon McKenna
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Lernschwächen zu behandeln.«
    Kev starrte entmutigt auf den Diskettenturm. Das hier konnte ewig dauern. Er würde sich von diesem idiotischen Schwachsinn verabschieden und sich auf die Suche nach Edies Kidnappern machen. Je eher, desto besser.
    Er musste sich überlegen, wie er es artikulieren sollte, aber es würde so oder so als grobe Undankbarkeit verstanden werden. Also scheiß drauf. Grobe Undankbarkeit hatte zumindest keine tödlichen Folgen.
    Cheung erhob sich von ihrem Stuhl. »Ich hole mir eine Cola light aus der Küche. Möchten Sie auch etwas? Kaffee, Tee, Mineralwasser?«
    »Nein danke, ich brauche nichts.«
    Das war der Moment, als er die Spinne entdeckte, die aus der Kiste mit den Disketten krabbelte. Sie war winzig und cremeweiß. Kev beugte sich näher heran. Dunkelgelbe Streifen auf dem Kopf-Brust-Schild. Ein sternförmiges dunkles Längsband auf dem Hinterleib, flankiert durch ein silberfarbenes Band, wies sie als noch nicht geschlechtsreifes Weibchen der Gattung
Tetragnatha laboriosa
aus. Er ließ sie auf seinen Finger krabbeln, um sie vor seine Augen zu heben und sie genauer zu inspizieren. Sie sollte in einem Wald oder wenigstens in einem Busch irgendwo im Freien sein, anstatt hier auf kargem, beigefarbenem Plastik herumzukriechen. Er würde sie nach draußen bringen, wenn er das Gebäude verließ.
    Dr. Cheung ging hinter ihm vorbei. Elegant lief die Spinne über seinen Zeigefinger. Cheungs Schritte verlangsamten sich. Ein raschelndes Geräusch. Kevs Nacken prickelte …
    Blitzartig überkam ihn die Erinnerung an Edies Spinnenzeichnung. Er drehte sich um, doch die Nadel steckte schon in seinem Hals, bevor die Warnmeldung seine Gliedmaßen erreichte und ihn aus dem Stuhl katapultierte.
    Das eisige Brennen ging ihm durch Mark und Bein, es erfasste seinen ganzen Körper, lähmte jeden Muskel.
    Nein!
    Diese hinterhältigen Schweine. Sie waren in jüngere, hübschere Körper geschlüpft und lagen seit zwei Jahrzehnten auf der Lauer … und jetzt hatten sie ihn erwischt. Wie hatte er nur so dumm sein können, so selbstgefällig?
    Seine automatische Reaktion setzte ein, er fühlte es schon. Sein System schaltete sich unfreiwillig ab wie ein zusammenbrechendes Stromnetz. Er wollte sich in dem dunklen Verlies verstecken, wo sie ihn nicht erwischen konnten –
    Nein! Er bezwang den Reflex. Er durfte nicht in dem Verlies verschwinden. Er musste bei wachem Verstand bleiben. Er hatte jetzt so viel mehr zu verlieren.
    Er klammerte sich an der Vision von Edies Gesicht fest, wie er sich an seinem Engel festgeklammert hatte. Sie hielt ihn bei Bewusstsein, auch wenn sein Körper ein Flammenmeer des Schmerzes war.
    Ava Cheung beugte sich zu Kevs Gesicht. »Das war zu einfach«, mokierte sie sich, dann küsste sie ihn ungestüm, steckte ihm sogar die Zunge in den Mund. Er schmeckte ihren Lippenstift, die zuckrige Süße ihres Mundes. Würgereiz erfasste ihn, aber er konnte sich nicht bewegen, konnte nicht sprechen. Es kostete ihn bereits alle Kraft, bei Bewusstsein zu bleiben.
    »Des sagte, du seist hässlich«, vertraute sie ihm an, während sie die Narben an seiner Wange tätschelte. »Aber das bist du gar nicht. Deine Narben stören mich nicht. Wir haben alle unsere Narben.« Sie fasste in seinen Schritt, schnurrte anerkennend über das, was sie dort fand. »Alle Achtung«, murmelte sie. »Wir beide werden jede Menge Spaß haben, Kev. Du kannst mein ganz besonderes Schoßhündchen sein.«
    Er starrte ihr in die Augen und zwang sich durch schiere Willenskraft, bei Bewusstsein zu bleiben. Er setzte alles ein, was er hatte. Den Zorn, die Verzweiflung.
Edie
. Er konnte nicht fassen, dass er den Irrsinn in Cheungs Augen nicht erkannt hatte. Jetzt war er so offensichtlich. Dieses Glitzern, als wäre sie auf Drogen. Nun, da er hinter ihre Maske blickte, konnte er kaum glauben, dass er sie für hübsch gehalten hatte. Sie war grotesk, ihr Hirn auf entsetzliche, unbegreifliche Weise falsch verdrahtet.
    Edie
. Er hielt sich an ihrem Bild fest. An ihrem hinreißenden Gesicht, wie es an diesem Morgen gewesen war. Blass und ungeschminkt. Mit Tränen in den Augen. Unbeschreiblich schön und rein. So real.
Edie
. Er klammerte sich weiter an ihr fest, doch die Dunkelheit kam näher, seine Sicht begann zu verschwimmen.
    Der asiatische Sicherheitsmann aus dem Foyer tauchte unscharf vor ihm auf, doch die konzentrierte Bösartigkeit in seiner Miene durchdrang Kevs getrübte Wahrnehmung. Unfassbar, dass er sie nicht auf den ersten

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