Die Macht der Angst (German Edition)
kannte, gehört hatte. Er gab ihm einen kräftigen Klaps auf den Rücken, der sämtliche Organe in Miles’ Brustkasten in eine neue Anordnung brachte, dann setzten sie sich so schnell es Cons Hinken erlaubte in Bewegung.
Kev und Yuliyah schafften es ungehindert durch die Tür und fanden sich inmitten eines industriellen Lagerhauskomplexes irgendwo im Nirgendwo wieder. Die Gebäude waren von einem Maschendrahtzaun umgeben; alles wirkte verwaist. Es war kalt und nieselte.
Zähneknirschend betrachtete er Yuliyahs nackte Füße, dann zog er sie weiter. Hinter dem Haus parkten mehrere Fahrzeuge. Kev hielt die Funkschlüssel hoch, die er hatte mitgehen lassen, und probierte sie aus. Die Lichter eines Mazda CX -9 leuchteten auf. Am Armaturenbrett war ein GPS -Gerät installiert. Nachdem Kev es mit einem Ruck weggerissen hatte, verfrachtete er Yuliyah in den SUV . Es schien seltsam, wie leicht sie entkommen waren, allerdings hatten ihre Gegner keinen Grund zu der Annahme, dass sie sich von einer X-Cog-Sklavenkrone befreien könnten. Ava war sich ihrer Dominanz zu sicher gewesen.
Kevs Gedanken überschlugen sich, während er den Wagen auf der Suche nach einer Ausfahrt durch den Komplex steuerte. Yuliyahs bleiche, nackte Beine waren von einer Gänsehaut überzogen. Er drehte die Heizung voll auf, dann gestikulierte er zu ihrem Gurt, aber sie zitterte zu stark; ihre Lippen waren blau. Also lehnte er sich hinüber, zog den Gurt heraus und schnallte sie an.
Er konnte sie nicht in eine Notaufnahme bringen. Zu gefährlich. Es würde Papierkram, Fragen, die Polizei nach sich ziehen. Und er durfte sich keine Begegnung mit den Cops erlauben, falls das, was Ava über Parrish gesagt hatte, der Wahrheit entsprach. Das war eine Schlangengrube, in der er untergehen könnte. Wenn man Feinde hatte, die einem einen Mord anlasten oder einen umbringen wollten, sollte man sich tunlichst von den Behörden fernhalten. Trotzdem musste er das Mädchen an einen sicheren Ort schaffen. Tante Rosa? Aber sie steckte sowieso schon zu tief drin, nachdem sie den Wagen für ihn gemietet hatte. Vielleicht hatte die Polizei diese Brotkrumenspur bereits bis zu ihrer Quelle zurückverfolgt. Zu Rosa, Tony, dem Imbiss.
In dem Fall waren sie der Gnade Gottes ausgeliefert. Besser gesagt der der Bullen.
Kev musste unbehelligt und in Deckung bleiben. Er brauchte Waffen, Bargeld und ein neues Fahrzeug, musste sich das getrocknete Blut aus dem Gesicht waschen. Um Edie zu retten. Außerdem trug er die Verantwortung für Oksana, Margaritka, Olga, Katyushka und Marya. Ganz zu schweigen von dem Kühlraum voller toter Mädchen.
Mann. Und der Tag war noch jung.
Er gelangte auf die Straße und fuhr ziellos umher, bis er eine Beschilderung für den Highway 26 entdeckte. Er machte sich auf den Rückweg nach Portland, wobei er versuchte, unter hundertvierzig zu bleiben, aber seine Nervosität machte es ihm unmöglich. Vor ANY PORT brachte er den Wagen zum Stehen. Yuliyah versuchte, ihren Gurt zu öffnen, aber ihre Hände zitterten zu stark. Kev ging um das Auto herum, schnallte sie ab und platzierte ihre nackten Füße auf der Bordsteinkante. Er zog sie hoch, aber ihre Beine trugen sie nicht. Sie war fix und fertig.
Kev warf sie über seine Schulter, stürmte die Treppe hoch und drückte die Klingel.
»Wer ist da?«
»Kev Larsen. Ich muss mit Dorothea sprechen, und das schnell«, sagte er. »Dies ist ein Notfall. Es geht um Leben und Tod.«
Das Türschloss sprang auf. Er hastete in den Eingang und die Treppe hinauf. Dorothea kam ihm schon entgegen. »Meine Güte! Wer ist dieses Mädchen? Was ist mit ihm passiert?«
»Haben Sie ein Bett, in das ich sie legen kann? Ein paar warme Decken und ein heißes Getränk?«
»Kommen Sie.« Sie führte ihn durch ein Labyrinth von Korridoren zu einer Kammer, in der ein schmales Bett stand. Kev legte Yuliyah darauf. Tracee, Dorotheas Assistentin, kam mit Decken beladen durch die Tür geeilt. Da Yuliyah bei ihr in guten Händen zu sein schien, zog Kev Dorothea hinaus in die relative Privatheit des Flurs. Er nahm ihre Hände und drückte sie.
»Ihr Name ist Yuliyah«, unterbrach er ihren aufgeregten Wortschwall. »Sie stammt aus Lettland. Besorgen Sie ihr einen Übersetzer. Sie wurde gekidnappt und missbraucht. Sie schwebt in großer Gefahr. Sie müssen sie versteckt halten. Ihre Entführer sind sehr mächtig. Rufen Sie falls nötig einen Arzt, aber tun Sie es heimlich.«
Dorothea blinzelte. »Ich vermute, die Feinde des
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