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Die Macht der Disziplin

Die Macht der Disziplin

Titel: Die Macht der Disziplin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roy Baumeister
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Ihr Überleben davon abhängt, dass Sie rasch ein paar Kilos loswerden können.
    Statt schnell abzunehmen, sind Sie besser beraten, mit Hilfe Ihrer Selbstdisziplin allmähliche und dafür dauerhafte Veränderungen herbeizuführen. Vor allem müssen Sie Ihre Strategien sorgfältig auswählen, denn bei jedem Schritt des Prozesses stehen Sie vor gewaltigen Herausforderungen: angefangen von der Zielsetzung über die Selbstbeobachtung bis zur Stärkung Ihrer Willenskraft. Die Kuchentheke ist schließlich keine alltägliche Herausforderung – sie ist eher so etwas wie ein Wirbelsturm.
    Der erste Schritt zur Selbstdisziplinierung sind realistische Ziele. Wenn Sie abnehmen wollen, können Sie in den Spiegel sehen, sich wiegen und einen vernünftigen Plan aufstellen. Das ist eine sinnvolle Strategie, doch die wenigsten Menschen gehen so vor. Die meisten setzen sich vollkommen unrealistische Ziele, weshalb der englische Buchmacher William Hill anbietet, gegen jeden zu wetten, der abnehmen will. Die Wettagentur bietet Gewinnchancen von bis zu 50 zu 1 und lässt die Teilnehmer selbst festlegen, wie viel sie über welchen Zeitraum abnehmen wollen. Es klingt verrückt, dass ein Buchmacher die Teilnehmer nicht nur die Bedingungen, sondern sogar das Ergebnis bestimmen lässt – das wäre so, als würde ein Läufer darauf wetten, eine Zeit zu unterbieten, die er selbst vorgibt. Trotzdem, und obwohl die Gewinner bis zu 5   000 Euro gewinnen konnten, verlieren 80 Prozent der Teilnehmer.
    Vor allem Frauen verlieren diese Wetten 170 , was angesichts der unrealistischen Ziele, die sich viele setzen, nicht weiter verwunderlich ist. Sie schauen in den Spiegel und haben einen unmöglichen Traum: einen kurvenreichen 171 Körper mit dem vermeintlichen Idealmaß von 90-60-90 – mit anderen Worten eine genetische Anomalie oder das Produkt einer Schönheitsoperation.
    Angesichts dieses Ideals ist es kein Wunder, wenn sich so viele Menschen unmögliche Ziele setzen. Wenn Sie Ihr Spiegelbild hassen, müssen Sie schon sehr diszipliniert sein, um nicht gleich eine Hungerkur zu machen. Um sich zu bremsen, sollten Sie sich daran erinnern, dass eine Diät in der Regel zunächst wirkt, aber langfristig zum Scheitern verurteilt ist. 172 Um das zu verstehen, wollen wir uns zunächst ein sonderbares Phänomen ansehen, dass wir nach dem Verzehr von Milchshakes im Labor beobachtet haben.
    Der Scheißegal-Effekt
    Die Versuchspersonen kamen hungrig ins Labor, denn sie hatten einige Stunden vor dem Experiment keine Nahrung mehr zu sich genommen. Eine Gruppe bekam nichts zu essen, eine zweite einen kleinen Milchshake und eine dritte zwei riesige Milchshakes, nach denen sich jeder normale Mensch pappsatt gefühlt hätte. Dann sollten sich die Teilnehmer als Lebensmitteltester betätigen.
    Das war natürlich ein Trick. Wenn Versuchsteilnehmer wissen, dass sie im Rahmen einer Studie zu ihrem Essverhalten beim Essen beobachtet werden, verlieren sie plötzlich den Appetit und verwandeln sich in Vorbilder der Enthaltsamkeit. Deshalb taten die Wissenschaftler so, als interessierten sie sich nur für das Geschmacksurteil, setzten die Teilnehmer in abgeschirmte Kabinen, stellten ihnen Schüsseln mit Plätzchen vor die Nase und gaben ihnen einen Fragebogen. Die Teilnehmer konnten so viel essen, wie sie wollten, und selbst wenn sie alles aufaßen, konnten sie sich immer noch einreden, dass sie das Gebäck einfach besonders gründlich testeten. Sie wussten nicht, dass sich niemand für ihr Geschmacksurteil interessierte, sondern nur dafür, wie viele Plätzchen sie aßen, welchen Einfluss der Milchshake hatte und wie sich diejenigen Teilnehmer verhielten, die zum Zeitpunkt des Tests Diät hielten.
    Wer nicht auf Diät war, reagierte wie vorherzusehen. Wer geradezwei riesige Milchshakes getrunken hatte, knabberte ein wenig an den Plätzchen und füllte den Fragebogen schnell aus. Wer nur einen kleinen Milchshake getrunken hatte, aß mehr, und wer hungrig in die Kabine kam, futterte die Schüsselchen fast leer. So weit, so gut.
    Jedoch reagierten diejenigen Teilnehmer, die Diät hielten, auf genau umgekehrte Weise. Wer gerade zwei riesige Milchshakes getrunken hatte, aß
mehr
Plätzchen als jemand, der seit Stunden nichts gegessen hatte. Das Ergebnis erstaunte die Wissenschaftler unter der Leitung von Peter Herman. Ungläubig führten sie weitere Experimente durch, doch die Ergebnisse waren dieselben. Allmählich begannen sie zu verstehen, warum sich selbst Menschen, die

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