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Die Macht der Macht

Die Macht der Macht

Titel: Die Macht der Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reiner Neumann
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Art Tagebuch), Podcasts (Audio- und Videodateien) oder soziale Netzwerke wie Facebook geben jedem die Möglichkeit, Inhalte zu erstellen, zu bearbeiten und zu verbreiten. Wir leben im Zeitalter des Schwarms – der Flashmob ist meist ein recht lustiger Schwarm. Die Vielen haben allerdings auch echte Macht.
    O 2 ist ein Markenname der Téléfonica-Gruppe, ein deutscher Mobilfunkanbieter mit aktuell ungefähr 17 Prozent Marktanteil. Im Vertrieb kümmert sich O 2 intensiv um seine Kunden. Sie werden in Established Altruists, Hedonistic Starters oder Fun Loving Socializers segmentiert und in Bezug auf Werte und Lebenswelt, typisches Kundenverhalten und typisches Telko-Verhalten beschrieben (internes Dokument, Stand April 2011). Damit hat jeder Verkäufer die Möglichkeit, den Kunden gut zu verstehen und zielgerichtet zu beraten. Das unterstützt den Verkauf und damit den Erfolg. Im Service ist O 2 nicht immer gleich kundenorientiert. Matthias Bauer, ein Softwareentwickler, bekam immer wieder erhebliche Probleme mit seiner vom Unternehmen bereitgestellten Internetverbindung. Er wandte sich darum an seinen Mobilfunkanbieter, die Antwort war, anders als die Akquise, leider nur Standard: Bauer halte sich wohl in einer Region auf, in der das Netz gerade gestört sei. Und er sei ein Einzelfall. Matthias Bauer fühlte sich abgefertigt. Daraufhin gründete er eine Internetseite mit dem schönen Namen wir-sind-einzelfall.de. Nach etwa zehn Tagen hatten schon mehr als 9000 weitere Kunden des Unternehmens von ihren Einzelfallproblemen berichtet. Jetzt musste O 2 reagieren und informierte in der Folge deutlich besser über den voranschreitenden Netzausbau und die regional noch bestehenden Probleme.
    Seit einigen Wochen demonstrieren »die 99 Prozent« – die überwältigende Mehrheit. Die Occupy-Wall-Street-Bewegung nahm ihren Anfang in New York und hat inzwischen Anhänger oder Nachahmer an allen Bankplätzen. Viele Menschen mit sehr unterschiedlichen Motiven demonstrieren vorwiegend in den USA gegen die wahrgenommene Übermacht der Banken und für ein besseres Sozialsystem – für bezahlbare Bildung, Krankenversicherung und mehr Regulierung der Auswüchse im Investment Banking. Die Demonstranten verschaffen sich gemeinsam besser Gehör, als wenn jeder Einzelne individuelle Aktionen unternähme.
    Den besonderen Charme dieser Bewegung hat die Volksbanken-Gruppe sehr schnell entdeckt. Am 25. Oktober 2011 warben die Volks- und Raiffeisenbanken ganzseitig und bunt in der FAZ, der Süddeutschen, der Welt und in der taz. Auf dem Bild halten die Demonstranten ihre Plakate mit der Aufschrift: »Wir wollen direkte Demokratie vor Ort statt Zentralismus aus Berlin oder Brüssel!« in die Kamera. Die Volksbanken fügten hinzu: »Demokratisch. Regional. Sicher – seit 1843.« Ob diese Werbung im Sinne der Bewegung ist, sei dahingestellt.
    Auch das Marketing ist dank der Möglichkeiten des Internets in vollkommen neue Dimensionen vorgestoßen. Einander fremde Menschen sprechen im Netz miteinander über Produkte, geben sich Empfehlungen oder raten vom Kauf ab. Konsumenten kritisieren oder loben den Service eines Unternehmens, seine Produkte und beeinflussen so den Erfolg einzelner Produkte oder von ganzen Unternehmen.
    Täglich bewerten Millionen Menschen die Produkte von Unternehmen im Netz. »Was haltet ihr vom neuen Mercedes SL?«, fragt ein Nutzer und bekommt prompt eine Menge Antworten. »Gefällt mir gar nicht«, schreibt dereine, »sieht irgendwie aus wie ein Opel«, lästert ein anderer. Etwa 60000 Kommentare über ihre Autos schreiben die Nutzer von Motor-Talk.de jeden Monat. Die Website hat mehr als 700000 Mitglieder und ist damit das größte deutsche Internetforum für Autofreunde. Damit nehmen sie Einfluss auf die Entwicklung der Produkte – wie Millionen anderer Nutzer auf vielen anderen Webseiten. Markenikonen wie McDonald’s, BP oder Nike wurden mit Vorwürfen wegen der Konsequenzen ihres Handelns (Förderung von Fettleibigkeit, Verschmutzung der Weltmeere, Nutzung von Kinderarbeit) konfrontiert und durch die digitale Menge zum Handeln gezwungen. Wer weiß, ob es ohne diesen Druck zur Invasion der Salate im Fast-Food-Imperium oder zu einer engeren Kontrolle der Sweat-Shops in Asien gekommen wäre? Klicks summieren sich global zu einer ganz anderen Macht, und die Menge organisiert sich digital schneller, als es selbst die bestorganisierte Gewerkschaft jemals vermocht hat.
    Oder die Vielen starten gemeinsame Aktionen. Eine

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