Die Macht der Macht
sich kennen und macht sich mit den Aufgaben und den anderen Mitgliedern des Teams vertraut. Sie probieren mögliches Verhalten aus – Kooperation oder Wettbewerb? In dieser frühen Phase werden wesentliche Weichen für die spätere Zusammenarbeit gestellt. Hinsichtlich des Verhaltens herrscht häufig Unsicherheit, die Mitglieder des Teams verhalten sich zunächst vorsichtig, manche gehen sehr formell mit den anderen Mitgliedern des Teams um, einige sind offensiv und nassforsch. Die Selbstbewussten wirken auf manche arrogant, die Unsicheren halten sich zurück und versuchen, ihre Ängste zu verbergen. Je eher und besser es Ihnen gelingt, Ihre Vorstellungen einzubringen, desto größer Ihr späterer Einfluss auf die Gruppe.
Die Entwicklungsphase
Wenn die Gruppe ein gemeinsames Verständnis von ihren Zielen und von der Vorgehensweise entwickelt, werden erste Schwierigkeiten sichtbar – unklare Absprachen oder Probleme in der Zusammenarbeit. Normen zur Regelung der Zusammenarbeit und zur Klärung von Meinungsverschiedenheiten werden entwickelt. Einfluss auf die Gestaltung der Normen in dieser Phase ist mit Einfluss in allen weiteren vergleichbaren Situationen gleichzusetzen.
Die Stabilisierungsphase
Konflikte sind weitgehend bearbeitet, die Bedeutung des Zusammenhalts für den Erfolg ist den Mitgliedern des Teams klargeworden. Ein Set von Regeln und Vorgehensweisen hat sich entwickelt. Die Identifikation mit der Gruppe und mit der Aufgabe entwickelt sich. Die Gruppe entwickelt eine Identität, diese dient als Abgrenzung zu anderen Gruppen und Einzelpersonen. Sie schafft Symbole der Zugehörigkeit, die Gruppe entwickelt Regeln und Mechanismen.
Die Leistungsphase
Die Gruppe wendet den größten Teil ihrer Energie der Bearbeitung der gemeinsamen Aufgabe zu. Die Beziehungen untereinander sind grundsätzlich geklärt, die Mitglieder der Gruppe haben klar definierte Aufgaben und Rollenund arbeiten jetzt konzentriert auf die Erreichung des gemeinsamen Ziels hin.
Ein wesentlicher Faktor zur Funktion der Gruppe ist das Phänomen der Konformität. Um als Gruppe zu funktionieren, ist sie unerlässlich, sie kann aber auch in einer zu stark geschlossenen Gruppe zu einer Überlagerung kritischer Reflexion und alternativer Handlungsmöglichkeiten führen. In einer Reihe von Experimenten, die er bereits in den fünfziger Jahren begonnen hatte, studierte der amerikanische Psychologe Solomon Asch, wie Individuen reagieren, wenn sie mit einer Gruppe konfrontiert werden, die einvernehmlich, aber offensichtlich falsch agiert. Asch beschrieb als die eigentliche Bedeutung des Problems folgenden Sachverhalt: »Wenn man den großen Einfluss von Gruppen in Betracht zieht, ist es dann möglich, Personen dadurch zu einer Änderung ihrer Meinung zu veranlassen? Ist es möglich, Personen durch den Druck der Gruppe dazu zu veranlassen, das für falsch zu erklären, was sie gestern für richtig hielten?« Die Antwort darauf findet sich in einer Reihe von Experimenten, die nach einem gleichen Design durchgeführt wurde: Eine Gruppe von sieben bis neun Teilnehmern versammelte sich in einem Raum, um vorgeblich an einem Wahrnehmungsexperiment teilzunehmen. Die Aufgabe bestand darin, die Länge von Strichen zu bestimmen. Es handelte sich um eine Musterlinie, die mit drei anderen Linien zu vergleichen war. Immer war eine Linie gleich lang wie das Muster, die zwei anderen eindeutig kürzer oder länger. Die Gruppen enthielten allerdings nur eine tatsächliche Versuchsperson. Die anderen Teilnehmer waren vom Leiter des Versuchs instruiert worden. Die instruierten Versuchspersonen antworteten vor dem tatsächlichen Teilnehmer. Das Urteil wurde offen abgegeben. Die eigentliche Versuchsperson war als letzte an der Reihe. Die instruierten Probanden gaben übereinstimmend falsche Antworten. Die Resultate zeigen, dass dieMehrheit – selbst wenn sie eindeutig falsche Antworten gibt – einen starken Druck auf die einzelne Person ausübt. In einer Kontrollgruppe kamen Fehler zur Einschätzung der Längen nicht vor. In der Versuchsgruppe machten klare 76% Fehler, indem sie sich der Gruppenmeinung anschlossen. Den meisten Versuchspersonen war ihr Fehler aufgrund der Meinungsäußerung der Gruppe bewusst. Die Konformität war geringer, wenn die Mehrheit sich nicht ganz einig war. Ein »Abweichler« reichte, um den Einfluss der Mehrheit drastisch zu verringern. Bei Einstimmigkeit dagegen spielt die Anzahl der Personen, die die Mehrheit bilden, keine Rolle.
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