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Die Macht der Sechs - das Erbe von Lorien ; Bd. 2

Die Macht der Sechs - das Erbe von Lorien ; Bd. 2

Titel: Die Macht der Sechs - das Erbe von Lorien ; Bd. 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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unsichtbar«, antwortet Sechs ruhig.
    Ich schaue an mir hinunter. Es stimmt: Ich bin komplett verschwunden. Wie eine heiße Kartoffel lasse ich den Xitharis fallen und werde sofort wieder sichtbar.
    »Der Xitharis«, erklärt Sechs, »erlaubt einem Gardisten sein Erbe auf einen anderen zu übertragen, allerdings nur für kurze Zeit. Eine Stunde vielleicht, höchstens zwei. Genau weiß ich es nicht. Man kann den Stein dadurch aufladen, dass man seine Energie auf ihn konzentriert. Leg ihn an deine Stirn und zack, schon geht’s los.«
    »Aufladen? Also wie bei einer Batterie?«, fragt Sam.
    »Genau. Und das Erbe wird erst dann aktiv, wenn der Stein wieder berührt wird.«
    »Super«, befinde ich und sehe ihn mir genauer an. »Sieht so aus, als ob bald mal jemand anderer einen Ausflug in die Stadt machen kann.«
    »Und dass mal jemand anderer feuerfest ist«, erwidert sie scherzhaft.
    »Wenn du nett zu mir bist, ist das durchaus möglich«, sage ich.
    Sam nimmt den Stein in die Hand und spannt seinen Körper in tiefer Konzentration. Nichts geschieht. »Och, komm schon«, sagt er zu dem Stein. »Ich verspreche auch, nur Gutes zu tun. Kein Mädchenumkleideraum, ich schwöre.«
    »Tut mir leid, Sam«, sagt Sechs. »Aber ich glaube, diese Dinge funktionieren nur bei uns.«
    Er legt den Xitharis beiseite. Gemeinsam durchstöbern wir den Kasten, um nachzusehen, ob sich noch irgendetwas anderes durch Berührung aktivieren lässt. Doch nachdem wir eine Stunde lang alle siebzehn Artefakte ausprobiert, warmen Atem auf sie geblasen und sie fest in der Hand gedrückt haben, passiert nichts weiter. Auffällig sind nur der in das Handtuch eingewickelte, glühende Stein, der rechteckige Kristall mit der Rauchwolke im Zentrum sowie das rotierende Sonnensystem. Immerhin kann der Heilungsstein die Schnitte und Prellungen beseitigen, mit denen Sechs meinen Körper überzogen hat.
    »Verdammt«, sage ich frustriert. »Mein ganzes Leben wollte ich unbedingt diesen Kasten öffnen und nun sieht es so aus, als wären viele Sachen darin völlig nutzlos für mich.«
    »Sie werden ihre Funktion schon rechtzeitig erkennen lassen«, versichert mir Sechs. »Über solche Dinge sollte man eine Nacht schlafen. Erst wenn sie dich nicht mehr beschäftigen, kommen für gewöhnlich die Antworten.«
    Ich nicke und sehe mir noch einmal alle Objekte aus dem Kasten an. Sechs hat recht: Wenn ich jetzt irgendetwas forciere, wird die Antwort bestimmt nicht kommen.
    »Tja, vielleicht lassen sich manche Sachen erst dann aktivieren, wenn ich ein weiteres Erbe erhalten habe«, sage ich miteinem Achselzucken. Dann lege ich alles zurück in den Kasten und habe sogar das Gefühl, dass es besser ist, den glühenden Kristall mit dem Handtuch bedeckt zu lassen. Das Sonnensystem lasse ich weiter vor sich hinschweben. Ich verschließe den Kasten und bringe ihn zurück in mein Zimmer.
    »Lass dich nicht entmutigen, John!«, ruft mir Sechs nach. »Wie Henri gesagt hat – du bist wahrscheinlich noch nicht bereit, alles zu verstehen.«

14
    Ich kann nicht schlafen. Das liegt zum Teil an dem Kasten. Denn womöglich könnte mir einer der Edelsteine die Macht verleihen, mich in eine Kreatur wie Bernie Kosar zu verwandeln. Oder ein anderer könnte vielleicht eine stählerne Schutzmauer um mich errichten, die mich vor feindlichen Angriffen bewahrt. Aber wie soll ich das ohne Henri herausfinden? Ich bin traurig und ich fühle mich besiegt.
    Doch hauptsächlich kann ich nicht schlafen, weil ich ständig an Sechs denken muss. Ich denke daran, wie ihr Gesicht so dicht über meinem schwebte, denke an den süßlichen Duft ihres Atems oder die Art, wie die untergehende Sonne ihre Augen zum Leuchten brachte. In diesem Augenblick hatte ich das unwiderstehliche Bedürfnis, ganz einfach meine Arme um sie zu schlingen und sie an mich zu drücken. Ein Anfall von sehnsüchtigem Verlangen, der sich sogar jetzt, nach einigen Stunden, noch in meinem Herzen ausbreitet und mich vom Schlafen abhält. Das ebenso wie das schreckliche Schuldgefühl, weil ich mich zu ihr hingezogen fühle. Denn die Person, nach der ich mich eigentlich sehnen müsste, ist Sarah.
    Es gibt zu viele Gedanken und Gefühle, die mich vom Schlafen abhalten: Schmerz, Verlangen, Verwirrung, Schuld. Weitere zwanzig Minuten wälze ich mich herum, bis ich die Hoffnung auf Schlaf schließlich aufgebe. Ich schlage meine Bettdecke zurück und ziehe mir eine Hose und ein graues T-Shirt an. Bernie Kosar folgt mir aus dem Zimmer in den Flur.

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